In Niedersachsen geboren Vom Ingenieur zum Landeschef: Das ist Olaf Lies

Nun wurde Olaf Lies auch offiziell als der Nachfolger von Stephan Weil bestätigt. Dass es zwischen den beiden so freundschaftlich zugehen würde, war dabei nicht immer klar.
Ein Mann von der Nordsee übernimmt das Regierungsruder in Niedersachsen. Nach dem Rückzug von Stephan Weil als Ministerpräsident und SPD-Landeschef steht Olaf Lies nun endgültig auf der Brücke. Am Dienstag wählte ihn der Landtag zum Nachfolger von Weil als Regierungschef. Am Samstag soll ein Landesparteitag der SPD auch die Übergabe des Landesvorsitzes regeln.
- Bei der Wahl von Lies: Dieser Ex-Kanzler ließ sich blicken
- Industriestrompreis: Hier droht die neue Regierung schon zu scheitern
Lange schon wurde der 58-jährige Friese als potenzieller Nachfolger des altgedienten Ministerpräsidenten Weil gehandelt. Seiner neuen Aufgabe begegne er "mit hohem Respekt und mit großer Demut", sagte Lies Anfang April, als Weil seinen Entschluss zum vorzeitigen Rückzug bekanntgab und seinen Wirtschaftsminister als Wunschnachfolger präsentierte.
Start als Konkurrent von Stephan Weil
Lies, am 8. Mai 1967 in Wilhelmshaven geboren, gehört seit vielen Jahren der niedersächsischen Landesregierung an. Seit November 2022 ist er Minister für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung. Zuvor war der SPD-Politiker fünf Jahre lang Umweltminister und von 2013 bis 2017 – in der ersten Amtszeit des nun zurückgetretenen Weil – Wirtschaftsminister.
Bereits von 2010 bis 2012 führte der Diplomingenieur darüber hinaus als Landeschef die niedersächsische SPD. Im Duell um die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2013 zog Lies allerdings den Kürzeren. Bei einem SPD-Mitgliederentscheid um die Spitzenkandidatur unterlag Lies im November 2011 ausgerechnet dem damaligen hannoverschen Oberbürgermeister Weil. Lies gab daraufhin sein Amt als SPD-Landesvorsitzender ab.
Statt in persönlichem Groll und lebenslanger politischer Konkurrenz aber mündete diese Episode in Teamwork. Inzwischen sei "aus dieser Zeit des Wettbewerbs eine Zeit des Vertrauens und eine Zeit der Freundschaft entstanden", sagte Lies über sein Verhältnis zu Weil. Dieser wiederum lobte Lies bei der Bekanntgabe seines Rückzugs in höchsten Tönen. Auch, wenn Weil zuletzt kraft- und inspirationslos gewirkt hatte. Seine PR-Arbeit schwächelte schon seit längerem, kam nie im Social-Media-Zeitalter an.
Nun übernimmt Lies. Der Mann von der Küste soll frischen Wind bringen. Und für die SPD Niedersachsen halten. Mit dem schwächelnden Rheinland-Pfalz von Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) eines der letzten Flächenländer, in denen die kriselnden Sozialdemokraten noch an der Macht sind.
Studium der Elektrotechnik
Lies ist bis heute tief verwurzelt in seiner Heimat Friesland. Der Vater zweier Töchter lebt mit seiner Familie in Sande nahe der Nordseestadt Wilhelmshaven. Seine Freizeit widmet er dort den Tieren der Familie, einem alten Trecker und dem Motorradfahren. Mit einem kräftigen "Moin" begrüßt er die Leser seiner Webseite.
Nach einer Lehre zum Funkelektroniker beim Marinearsenal Wilhelmshaven leistete Lies seinen Grundwehrdienst bei der Marine ab. Nach Abschluss der Fachoberschule studierte er Elektrotechnik, arbeitete zunächst als Entwicklungsingenieur und später als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent an einer Hochschule in Wilhelmshaven.
Mitarbeit am Koalitionsvertrag der Bundesregierung
Über die Gewerkschaftsarbeit fand Lies zur Kommunalpolitik. Als Mitglied des Gemeinderats Sande und des Kreistags von Friesland setzt er sich bis heute für die Belange vor Ort ein. Im Jahr 2008 zog Lies erstmals in den Landtag ein. Von 2010 bis Anfang 2013 war er SPD-Vizefraktionschef. Mit der Wahl von Weil zum Ministerpräsidenten, der seinen früheren internen Kontrahenten ins Kabinett holte, nahm Lies' Karriere kräftig Fahrt auf.
Zuletzt hatte Lies als Landeswirtschaftsminister insbesondere mit der Rettung der Meyer Werft durch Bund und Land und auch wegen des kriselnden VW-Konzerns alle Hände voll zu tun. Aber auch im Bund setzte er Akzente. Bei den jüngsten Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD in Berlin gehörte er der wichtigen Arbeitsgruppe Klima und Energie an.
- Nachrichtenagentur AFP