Bürger bewerten CDU-Vorschlag "Die Aktivrente schadet keinem"

Um Rentnern den Arbeitsmarkt schmackhaft zu machen, schlagen Regierungsmitglieder die Aktivrente vor. Ob das eine gute Idee ist, sehen t-online-Leser sehr unterschiedlich.
Geht es nach der CDU/CSU, soll die sogenannte Aktivrente im Januar 2026 starten: Wer mit Beginn des Rentenalters weiterarbeitet und die Rentenkassen so entlastet, soll monatlich bis 2.000 Euro steuerfrei verdienen dürfen. Vergangenen Sonntag warb CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann bei Caren Miosga erneut für die Idee, die so auch im Koalitionsvertrag steht.
Christine Holthoff hält die Aktivrente jedoch für "ein Steuergeschenk für die Falschen", von dem auch kein nennenswerter Effekt für den Arbeitsmarkt zu erwarten sei. Dem Kommentar der t-online-Finanzredakteurin, den Sie hier lesen können, folgten zahlreiche Zuschriften. Sie zeigen: Die t-online-Leserschaft ist bei dem Thema gespaltener Meinung.
"Die Aktivrente schadet keinem"
Markus Seidel schreibt: "Ich begrüße die Aktivrente sehr. Sie ist ein Baustein, Arbeitskräftepotenziale zu aktivieren – neben anderen Maßnahmen wie der Verbesserung der Kinderbetreuung, Optimierung der Ausbildungssysteme, Negativsteuern und so weiter. Man wird all das brauchen, um als Land mit unserer Demografie 'fit' zu bleiben."
"Die vorgesehene Aktivrente schadet keinem, sondern gibt denen, die gern weiterarbeiten möchten, die Gelegenheit und den Anreiz dazu, dies zu tun", meint Reimar Segebrecht. "Zudem bleiben auf diesem Wege dem Arbeitsmarkt dringend benötigte, versierte Fachkräfte jedenfalls für eine Weile erhalten."
"Ich bekomme knapp über 2.000 Euro Rente und gehöre damit zu den finanziell gut gestellten Rentnern", offenbart Frauke Paschko. "Der Anreiz der Steuerfreiheit zieht bei mir nicht. Für solche, die wenig Rente erhalten und jeden Cent umdrehen müssen, wäre ein solcher Anreiz interessant. Es sind jedoch vermutlich gerade jene, die sich ein Leben lang buchstäblich den Rücken krumm geschuftet haben." Die Vorstellung, dass diejenigen weiter arbeiten, "während die wohlhabenden Rentner auf Kreuzfahrten gehen" und keine Steuererleichterungen nötig hätten, befremdet die t-online-Leserin.
"Nicht der Weisheit letzter Schluss"
Ingomar Kolonko mailt: "Ich finde es ausgesprochen gut, mehr Anreize zu bieten. Ich bin seit Sommer 2024 Rentner und werde ab Juli wieder ins Berufsleben eintreten, wenn auch nur für drei Tage pro Woche. Mit meiner jetzigen Rente plus den Vergünstigungen durch die Aktivrente käme ich dann tatsächlich auf ganz passable Einkünfte." Nun hofft der t-online-Leser, dass sie umgesetzt wird und er tatsächlich bald von ihr profitieren kann.
"Es ist auffällig, dass die Politik vor allem in Richtung der Rentner schielt, um den Arbeitskräftemangel zu bekämpfen – sei es mit der Aktivrente oder dem Gedanken, die Rente mit 63 abzuschaffen", kritisiert Patricia Bertuzzi. "Fitten Rentnern Anreize zu bieten, länger zu arbeiten, halte ich für nicht verkehrt, aber auch nicht der Weisheit letzter Schluss, um unseren Arbeitskräftemangel in den Griff zu bekommen."
Die t-online-Leserin berichtet von ihrem Vater, der Fliesenleger war: "Menschen in diesem schönen, aber anstrengenden Beruf bis ins höhere Alter arbeiten lassen zu wollen, ist utopisch. Die Aktivrente nutzt diesen Leuten nicht sonderlich."
"Sehr viele wollen weiterarbeiten"
Angelika Köhler sagt: "Auf die Frage, wer mit Ende 60 weiterarbeiten könne und wolle, lautet die Antwort in meiner Generation: viele, sehr viele und ich. Mein Klempner feierte vor Kurzem seinen 75. Geburtstag. Er ging vor zehn Jahren kurz in Rente, kam nach ein paar Monaten aber zu seinem ehemaligen Arbeitgeber mit den Worten zurück: 'So alt, diese Untätigkeit des Rentnerdaseins auszuhalten, bin ich noch lange nicht.'"
Zudem erzählt sie von einer befreundeten Krankenschwester, die mit ihren 68 Jahren halbtags in der Altenpflege weiterarbeite, weil ihr zu Hause die Decke auf den Kopf falle. Zwei Erzieherinnen, beide über 70, teilten sich eine Stelle, um aktiv zu bleiben. Und in ihrer Verwandtschaft befinde sich ein 83-jähriger Maurer, der noch Keller trockenlege und es genieße, Anerkennung dafür zu erhalten. "Wer gern arbeitet, sollte es auch dürfen. Die Aktivrente ist deshalb eine sehr gute Idee", fasst die t-online-Leserin zusammen.
Daniel Göhrs berichtet: "Bei uns im Unternehmen sind bereits über 50 Senior Experts allein an unserem Standort mit 3.000 Mitarbeitern im Einsatz; der älteste feierte kürzlich seinen 70. Geburtstag. Von Schweißern bis Ingenieuren sind alle Berufsgruppen unserer Branche dabei. Natürlich kann man das in manchen Berufen nur mit Einschränkungen leisten, aber als Berater, Ausbilder, Anleiter und Co. sind diese Erfahrungsträger gerade in Zeiten von Fachkräftemangel eine unverzichtbare Unterstützung."
"Nicht mehr als ein Schlagwort ohne Schlagkraft"
Aus Daniela Treschers Sicht gebe es eine immer wieder übersehene Wahrheit: "Nach wie vor legen die Unternehmen wenig Wert darauf, ältere Mitarbeiter zu beschäftigen. Die Idee der Aktivrente vermittelt den falschen Eindruck, als sei der Wunsch, sie in den Unternehmen zu halten, stark ausgeprägt. Soweit ich das in meiner Umgebung beobachten kann, ist das schlicht und ergreifend nicht zutreffend. Was nutzt ein Steuergeschenk auf Jobs, die es gar nicht gibt? Die Aktivrente ist nicht mehr als ein Schlagwort ohne Schlagkraft."
Frank Wurster gibt aus eigener Erfahrung und der seines Umfelds Ähnliches preis: "Ich habe sehr viele Freunde zwischen Ende 50 und Mitte 60, die im Moment Arbeit suchend sind – darunter sowohl niedrig als auch hoch qualifizierte. Die bewarben sich schon dutzende Male, ihnen wurde aber nur abgesagt. Ich selbst merkte es, als ich kurz vor der Rente arbeitslos wurde, 180 Bewerbungen schrieb und nur Absagen erhielt. Was die Politik uns hier vormacht, ist Augenwischerei."
- Zuschriften von t-online-Lesern