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Treffen mit Putin: Trumps Ukraine-Wende birgt Gefahren


Trump will Putin treffen
Seine Ukraine-Wende birgt gewaltige Risiken


Aktualisiert am 07.08.2025 - 11:22 UhrLesedauer: 6 Min.
US-Präsident Donald Trump will Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj treffen: Ein Gipfel ohne Kompromisse?Vergrößern des Bildes
US-Präsident Donald Trump will Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj treffen: Ein Gipfel ohne Kompromisse? (Quelle: Jonathan Ernst)
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Donald Trump will den Ukraine-Krieg im Alleingang beenden – per Dreiergipfel mit Putin und Selenskyj. Doch seine Ein-Mann-Diplomatie, kombiniert mit drastischen Sanktionen gegen Drittstaaten, birgt auch gewaltige Risiken.

Bastian Brauns berichtet aus Washington

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Donald Trump steht erneut im Zentrum einer dramatischen Wende im Ukraine-Krieg. Der US-Präsident hat angekündigt, sich jetzt persönlich in den festgefahrenen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine einzuschalten und mit den Präsidenten Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj zu einem voraussichtlich historischen Dreiergipfel zusammenzutreffen.

Gleichzeitig erhöht Trump den ökonomischen Druck auf Drittstaaten wie Indien, die weiterhin russisches Öl importieren. Die hohen Sanktionen, die der Präsident nun per Dekret verfügt hat, sind ein drastischer Schritt. Deren wirtschaftliche und geopolitische Folgen dürften erheblich sein.

Aber wie ist Trumps Strategiewechsel zu erklären? Und wie nützlich oder riskant sind seine neuesten Vorstöße? Sind sie wirklich geeignet, den Krieg zu beenden, oder drohen die Lage und ihre Folgen für den Rest der Welt nur weiter zu eskalieren?

Ein Gipfel ohne Europa: Trumps persönliche Friedensmission

Trumps Plan, ein persönliches Treffen mit Putin und Selenskyj abzuhalten, mag historisch wirken. Aber erstens ist noch unklar, ob es wirklich dazu kommen wird. Und zweitens wird er ohne europäische Beteiligung stattfinden. Dabei engagieren sich die Verbündeten in Europa mehr denn je für die Ukraine – in militärischer, finanzieller und humanitärer Hinsicht. In Europa gibt man sich trotzdem hoffnungsvoll. Man ist froh, sollte in irgendeiner Form Bewegung in die festgefahrene Situation kommen.

In Wahrheit aber ist Trumps Plan eines Dreiertreffens trotzdem ein Bruch mit der bisherigen multilateralen Diplomatie, wie sie unter US-Präsident Joe Biden noch selbstverständlich erschien. In seinem jüngsten Telefonat mit den europäischen Staats- und Regierungschefs wurde deutlich: Trump wirkt fest überzeugt, dass nur eine direkte, persönliche Begegnung zwischen den entscheidenden Männern einen Durchbruch bringen kann.

Diese Form der Ein-Mann-Diplomatie erinnert an Trumps frühere Treffen, etwa mit Kim Jong Un in seiner ersten Amtszeit. Sie mögen spektakulär inszeniert gewesen sein, waren aber letztlich wirkungslos. Und auch mit Putin hatte Trump schon in der Vergangenheit immer den direkten Draht gesucht. Aber auch nachdem Steve Witkoff, Trumps Sondergesandter und langjähriger Vertrauter, inzwischen fünfmal mit Putin zusammentraf, blieb ein echter Durchbruch stets aus.

US-Außenminister Marco Rubio sagte zwar in einem Interview mit dem Fernsehsender Fox News, Putin habe Wirkoff "konkrete Beispiele" für die Bedingungen genannt, unter denen Russland einem Frieden zustimmen würde. "Wir müssen beide Seiten einander so nahe bringen, dass Präsident Trump, der letztlich die Friedensverhandlungen anstoßen wird, sich einmischen und dies ermöglichen kann", so Rubio.

Ob sich das nun durch ein persönliches Treffen wirklich erreichen lässt, bleibt aber zumindest zweifelhaft. Denn es geht am Ende um einen konkreten Ausweg aus dem russischen Angriffskrieg. Selbst wenn Wladimir Putin Gesprächsbereitschaft signalisiert, lässt das in der Sache selbst noch keine Kompromissbereitschaft erkennen.

Drastische Sanktionen gegen Drittstaaten

Parallel zu seinem diplomatischen Vorstoß fährt Trump jetzt erstmals eine aggressive ökonomische Attacke, die am Ende Russland treffen und Putin an den Verhandlungstisch zwingen soll. Per Dekret hat der Präsident nun verfügt, dass ausgerechnet Indien mit Strafzöllen in Höhe von insgesamt 50 Prozent belegt werden soll. Als Strafe für dessen anhaltenden Import von russischem Öl. Dabei war Indiens Premierminister Narendra Modi einer von Trumps geliebtesten Staatschefs.

Weitere Länder, darunter China, Brasilien oder Ungarn, könnten folgen. Ziel ist es, Russlands Einnahmen aus dem Rohstoffexport zu kappen, die nach wie vor die Kriegsmaschinerie Putins am Laufen halten. Was auf den ersten Blick aus ukrainischer und europäischer Sicht ein begrüßenswerter und lange herbeigesehnter Schritt der US-Regierung ist, birgt außenpolitisch aber auch Risiken.

Zwar signalisiert Trump mit diesen Sekundärsanktionen Entschlossenheit. Aber die Beziehungen zu strategisch wichtigen Partnern wie Indien drohen dabei Schaden zu nehmen. Im Wettbewerb mit dem Rivalen China können sich die Amerikaner eigentlich keinen Streit mit Indien leisten. Trumps Entscheidung ist in jedem Fall heikel. Weshalb auch unklar ist, wie lang dieser Konflikt für ihn am Ende durchzuhalten ist. Davon hängt schließlich ab, wie nachhaltig der Druck auf Putin sein wird.

Die Regierung in Neu-Delhi reagiert bereits sehr verärgert. Die US-Sanktionen werden als unfair, ungerecht und unverhältnismäßig angesehen. Man behält sich Gegenmaßnahmen vor. Eine handelspolitische Eskalation ist also real, zumal Trump auch mit China mitten in einem Handelskrieg steckt. Die Gefahr: Die betroffenen Staaten könnten sich am Ende sogar noch enger an Russland oder China binden. Ein Szenario, das sich weder die Amerikaner noch die Europäer wünschen dürften. Noch am selben Tag der verkündeten US-Sanktionen kündigte die indische Regierung an, dass Premierminister Narendra Modi zum ersten Mal seit sieben Jahren China besuchen wird.

Gleichzeitig zeigt eine kürzlich veröffentlichte Analyse der Washingtoner Denkfabrik Center for Strategic and International Studies (CSIS): Die neuen Sanktionen gegen Drittstaaten allein werden nicht ausreichen, um Russlands Kriegsfähigkeit wirklich zu untergraben. Sie können es zwar wirtschaftlich schwächen, den Inflationsdruck erhöhen, Ressourcen verknappen und so den politischen Verhandlungsspielraum der Ukraine erweitern. Die Sanktionen müssten dafür aber auf die Schattenflotte und auf weitere Rohstoffe, wie Metalle, Edelsteine, Agrarprodukte und Düngemittel ausgeweitet werden, so die CSIS-Experten. Denn nur die Hälfte seiner Exporterlöse erzielte Russland demnach 2024 aus Öl.

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Dennoch steht Putin ökonomisch unter Druck: Der Ölpreis sinkt, die Einnahmen brechen ein, die Haushaltsausgaben für 2025 müssen konstant korrigiert werden. Russische Banken melden erste Zahlungsausfälle. Der Eindruck verfestigt sich, dass Russland bei konsequent angewandten, schärferen Sanktionen tatsächlich in Bedrängnis geraten könnte. Diesen Hebel versucht Trump offenkundig zu nutzen.

Putins ungebrochener Expansionsdrang

Trumps eigene Wahrnehmung Putins scheint sich inzwischen gewandelt zu haben. Während er anfangs fast ausschließlich den ukrainischen Präsidenten Selenskyj für das Fortdauern des Kriegs verantwortlich machte, hat er Putin zuletzt wiederholt scharf kritisiert. Gerade nach den massiven Bombardierungen auf Kiew, bei denen viele Zivilisten starben. Der Präsident sprach etwa von einem "widerwärtigen" Verhalten Russlands.

Doch Trumps veränderte Sichtweise auf Putin ist nur sein schrittweises Ankommen in der bitteren Realität. Darüber kann man erleichtert sein. Tatsächlich ging aber viel wertvolle Zeit verloren. Und Putins Sichtweise hat sich deswegen noch lange nicht geändert. Das strategische Ziel des russischen Machthabers bleibt klar: Die Wiederherstellung einer imperialen russischen Sphäre.

Die Annexionen in Georgien, die Destabilisierung Moldaus, sein Aufmarsch an der Nato-Ostflanke und die Bombardierungen ukrainischer Städte belegen, dass Putin nicht ernsthaft zu Frieden bereit ist. Auch ein von Trump anberaumtes Treffen könnte er wie einen diplomatischen Sieg inszenieren, ohne von seinen wahren Vorhaben abzurücken. Putin könnte sich als globaler Akteur rehabilitieren lassen, während Europa schauen muss, wo es bleibt.

Was bleibt von Trumps Nukleardrohung?

In einer beispiellosen Eskalation hatte Trump vor einigen Tagen angekündigt, zwei nuklear bewaffnete U-Boote in "geeignete Regionen" zu verlegen. Es war eine plakative Reaktion auf öffentliche Drohungen des früheren russischen Präsidenten und Putin-Unterstützers Dmitri Medwedew, der den USA mit einem Krieg und mit dem Einsatz von Nuklearwaffen gedroht hatte. Ob es sich bei diesem Schritt von Trump um bloße Symbolpolitik handelt, bleibt bislang unklar.

Experten, wie die Autoren eines aktuellen Berichts des McCain-Instituts, sehen derweil auch hier einen bedeutenden Umschwung bei Trump. Putins nuklearen Drohungen dürfe nicht nachgegeben werden. Sie plädieren für ein entschlossenes Vorgehen nach dem Prinzip, das stets Trumps außenpolitisches Mantra war: "peace through strength", also "Frieden durch Stärke". Und genau das lasse sich bei Trump erkennen. Er nähert sich offenbar einer Position an, wozu gezielte Waffenlieferungen an die Ukraine gehören: Luftabwehrsysteme und weitreichende Raketen, und zwar mit der Erlaubnis, diese auch auf russisches Territorium zu richten.

Wie nachhaltig ist Trumps Ukraine-Wende?

Letztlich bleibt Trumps Ukraine-Strategie eine riskante Doppelstrategie. Sie kombiniert persönlichen Verhandlungswillen mit wirtschaftlichem und militärischem Druck. Das Momentum für eine politische Lösung wäre zwar zweifellos vorhanden. Denn auf allen Seiten ist die Kriegsmüdigkeit spürbar.

Doch es bleibt offen, ob Trumps geplanter Gipfel mit Putin und Selenskyj, sowie die Sekundärsanktionen gegen Länder wie Indien wirklich der geeignete Weg ist. Oder ob nicht wieder wertvolle Zeit verstreicht, in der Russland weiter Fakten schafft und unschuldige Menschen in der Ukraine tötet.

Für einen echten Friedensprozess braucht es mehr als gute Bilder mit mächtigen Männern. Er muss institutionell eingebunden sein, transparente Vereinbarungen und glaubwürdige Sicherheitsgarantien enthalten. Und das nicht nur für die Ukraine, sondern für ganz Europa und die Nato.

Verwendete Quellen
  • mccaininstitute.org: "Post-War Pathway: Principles for U.S.-Russia Relations After Ukraine" (Englisch)
  • nytimes.com: "With Sanctions Looming, Trump’s Envoy to Russia Meets With Putin" (Englisch, kostenpflichtig)
  • nytimes.com: "Trump Tells European Leaders He Intends to Meet With Putin and Zelensky" (Englisch, kostenpflichtig)
  • washingtontimes.com: "Trump must make Putin recalculate the costs, benefits of war" (Englisch)
  • wsj.com: "Trump Floats Meeting With Putin to Discuss Ending Ukraine War" (Englisch, kostenpflichtig)
  • reuters.com: "India's Modi to visit China for first time in 7 years as tensions with US rise" (Englisch)
  • Truth Social Profil von Donald Trump
  • Mitteilungen des Weißen Hauses
  • Pressekonferenz im Weißen Haus

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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