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Krise in Niedersachsen: SPD fordert Untersuchung der Landtags-"Intrige"


Niedersachsen
Regierungschef Weil strebt Neuwahlen an

Von dpa, afp
Aktualisiert am 05.08.2017Lesedauer: 3 Min.
Ministerpräsident Stephan Weil hat keine Mehrheit mehr im niedersächsischen Landesparlament.Vergrößern des BildesMinisterpräsident Stephan Weil hat keine Mehrheit mehr im niedersächsischen Landesparlament. Die CDU fordert seinen Rücktritt, er will Neuwahlen. (Quelle: Philipp Schulze/dpa-bilder)
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Die knappe Ein-Stimmen-Mehrheit der rot-grünen Koalition im niedersächsischen Landtag ist nach dem überraschenden Wechsel einer Grünen-Abgeordneten zur CDU dahin. Neuwahlen oder ein Misstrauensvotum könnten bevorstehen. Über das weitere Vorgehen will Regierungschef Stephan Weil (SPD) am Montag mit allen Fraktionschefs reden.

Die Grünen-Abgeordnete Elke Twesten (54) hatte am Freitag ihren Wechsel zur CDU angekündigt und löste damit eine Regierungskrise aus. Weils rot-grünes Bündnis verlor seine denkbar knappe Mehrheit, mit der es seit 2013 regierte. Twesten begründete ihren Seitenwechsel damit, dass die Grünen sie nicht für die Landtagswahl 2018 in ihrem Wahlkreis in Rotenburg (Wümme) nominiert haben.

Regierungschef Weil sprach von einem "ganz ungewöhnlichen Vorgang", der viele Fragen aufwerfe. "Das mag alles legal sein, das will ich ja gar nicht bestreiten, aber politisch halte ich es für enorm wichtig, dass jetzt einfach die Menschen in Niedersachsen die Chance haben, selbst zu bestimmen, wer soll eigentlich das Sagen haben im Landtag und im Land."

Er erneuerte damit seine Forderung nach einer raschen Selbstauflösung des Parlaments, um Neuwahlen zu ermöglichen. Einen Rücktritt lehnte er ab. "Ich stelle mich jederzeit sehr gerne dem Wählerwillen, aber ich werde einer Intrige nicht weichen", sagte er bereits am Freitagnachmittag.

Thomas Oppermann, SPD-Fraktionschef im Bundestag, fordert eine Untersuchung der Vorgänge. "Bis zur Neuwahl müssen die wahren Hintergründe dieses undemokratischen Manövers von Frau Twesten aufgeklärt werden", sagte Oppermann.

CDU-Landeschef Bernd Althusmann versicherte, seine Partei habe der 54-Jährigen keine Lockangebote gemacht. Twesten hatte zuvor erklärt, es gebe auch noch andere Parlamente, bei denen man sich um ein Mandat bewerben könne – etwa den Bundestag oder das Europaparlament.

Landeswahlleiterin: Frist wäre "sehr sportlich"

Eigentlich sollte erst am 14. Januar 2018 ein neuer Landtag gewählt werden. Nun könnte eventuell parallel zur Bundestagswahl am 24. September abgestimmt werden. Landeswahlleiterin Ulrike Sachs sagte, das sei theoretisch möglich. "Das wäre sehr sportlich, weil das eine enge Frist ist. Aber wir würden natürlich damit fertig werden", sagte sie der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung".

Landtagspräsident Bernd Busemann sah Probleme, sollte der Regierungschef sagen, er wolle weitermachen. "Es liegen noch 47 Gesetzesvorhaben vor. Da wird es mit einer Minderheitsregierung in substanziellen Dingen sehr schwierig sein", sagte der CDU-Politiker.

Die CDU-Landespartei hatte signalisiert, eine Selbstauflösung des Landtags zur Vorbereitung einer Neuwahl mitzutragen. "Wenn Herr Weil zurücktreten würde, ginge es aber schneller", sagte Fraktionschef Björn Thümler. Zuvor hatte er bereits angekündigt, er werde seiner Fraktion empfehlen, die Grünen-Abgeordnete aufzunehmen.

Sollte die CDU-Fraktion die Ex-Grünen-Abgeordnete aufnehmen, dann hätten CDU und FDP zusammen 69 Sitze im Landtag, SPD und Grüne 68 Sitze. Bislang war das Verhältnis umgekehrt.

Misstrauensvotum oder Selbstauflösung des Parlaments?

Die Landesverfassung sieht auch die Möglichkeit vor, dass der Landtag dem Ministerpräsidenten das Vertrauen entzieht und einen Nachfolger wählt. Weils favorisierte Alternative wäre, dass sich das Landesparlament selbst auflöst und so den Weg frei macht für Neuwahlen. Dazu müssen aber zwei Drittel der anwesenden Mitglieder mit Ja stimmen, also auch viele von der CDU. Die Grünen in Niedersachsen forderten ihre bisherige Abgeordnete Twesten auf, ihr Mandat zurückzugeben.

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Auch CDU-Generalsekretär Peter Tauber befürwortete schnelle Neuwahlen. "Nachdem Rot-Grün so klar gescheitert ist, spricht einiges dafür, dass man sich sehr bald dem Wählervotum stellt", sagte Tauber "Focus Online". Das würden "die Freunde vor Ort in Ruhe besprechen". Für die Wähler wäre es "zweifelsohne praktisch, wenn die Landtagswahl am selben Tag stattfände wie die Bundestagswahl". Ob das rechtlich möglich sei, müsse nun "sorgfältig geklärt werden".

Der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Ralf Stegner nannte den Übertritt der Grünen-Politikerin zur CDU "politisch unanständig". Stegner sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger": "Es ist ganz offenkundig, dass da jemand aus persönlichen Karriereerwägungen und unter Mithilfe der Union den Wählerwillen verfälschen will." Kanzlerkandidat und SPD-Chef Martin Schulz schrieb auf Facebook, Twesten begehe "nicht nur Verrat an den Wählerinnen und Wählern, sondern auch Verrat an Rot-Grün".

Der frühere Grünen-Bundesumweltminister Jürgen Trittin warf Twesten vor, sie habe mit den Stimmen der Bürger für die Grünen "Schindluder getrieben". Die CDU habe "mit dem Instrument des Stimmenkaufs dieses Verhalten gefördert, gestützt und begünstigt".

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