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CSU kürt Seehofer und Söder: Machtwechsel im Paradies


Entscheidungen auf dem CSU-Parteitag
Machtwechsel im Paradies

Aus Nürnberg berichtet Jonas Schaible

16.12.2017Lesedauer: 4 Min.
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Seehofer und Söder: Die Ära des einen endet. Was kommt jetzt?Vergrößern des Bildes
Seehofer und Söder: Die Ära des einen endet. Was kommt jetzt? (Quelle: Nicolas Armer/dpa)

Die CSU kürt ihre neue Doppelspitze. Kritik gibt es nur als übergroßes Selbstlob. Der neue starke Mann klingt nur bei einem Thema wirklich anders als sein Vorgänger.

Man stelle sich vor: Man lebt im Paradies. Im wirklichen, biblischen Paradies. Himmlische Freuden immerzu. Und dann bricht eine neue Ära an.

Klingt das nach einer Verheißung? Oder nach einer Drohung?

Nimmt man Horst Seehofer beim Wort, steht Bayern nach dem nun offiziell bestätigten Machtwechsel an der Landesregierung jetzt eine post-paradiesische Zeit bevor.

In seiner Rede auf dem CSU-Parteitag sagte Seehofer: "Bayern ist das Paradies. Das können wir uneingeschränkt sagen."

Vor einigen Jahren hatte er Bayern noch zur "Vorstufe zum Paradies" erklärt. Dann führte er das Land einige Jahre als Regierungschef. Ein Land, in dem es keinen Ausländerhass und keinen Antisemitismus gebe. Mit einem Parteichef, der schwor, er hätte in Jamaika-Sondierungen alle Wahlversprechen durchgebracht. "Ich sage: alle."

Heißt übersetzt: Ich habe einen göttlichen Job gemacht. Besser geht es nicht. Es war, wenn man es so lesen will, die einzige Spitze gegen seinen Nachfolger als Ministerpräsident, gegen Markus Söder. Ansonsten bemühten sich beide auch am zweiten Tag um größtmögliche Konfliktfreiheit.

Dabei sagte Seehofer offen, er gehe mit Wehmut. Gern wäre er geblieben. Aber zu lange, zu methodisch, zu geschickt hatte sich Markus Söder seit Jahren in Stellung gebracht und Unterstützer auf seine Seite gezogen.

Die Bundestagswahl änderte alles

Dann kam das schlechte Ergebnis bei der Bundestagswahl: 38,8 Prozent. Die Angst, auch bei der Landtagswahl im kommenden Jahr unter 40 Prozent zu rutschen wurde zu groß und damit das Rumoren, man brauche ein neues Gesicht an der Spitze. Schuld sei Berlin gewesen, sagte Seehofer jetzt, aber er übernehme trotzdem politische Verantwortung.

Lange hatte er noch versucht, Joachim Herrmann dazu zu bringen, gegen Söder zu kandidieren. Vergeblich. Zumal, und das wurde auf dem Parteitag deutlich, alle überzeugt sind, dass es bei der Landtagswahl nur schadet, wenn die Brüche deutlich werden.

Deshalb betonten alle die Einigkeit. Söder stieg für Seehofer in die Bütt und bat um "große Unterstützung". Seehofer bekam knapp 83 Prozent. Sein bisher schlechtestes Ergebnis, nach zuletzt etwa 87 Prozent, aber über den 80 Prozent, die im Vorfeld als Untergrenze für ein akzeptables Ergebnis gestreut wurden.

Söder fast einstimmig gewählt

Söder dagegen wurde fast einstimmig gewählt. Mehr als zehn Delegierte dürften es nicht gewesen sein, die ihre Karten hochhielten, als nach Gegenstimmen gefragt wurde. Auch Enthaltungen gab es nicht. Söder am Ziel.

Noch im Jubel rief er Seehofer nickend und mit Finger gestikulierend auf die Bühne, zog dessen Arm zum gemeinsamen Jubel nach oben.

"Eine neue Ära" beginne jetzt, hatte Seehofer zuvor schon gesagt. Es klang nach dem Loblied auf sich selbst seltsam raunend. Eine neue Ära, ja. Aber eine bessere?

Auf jeden Fall eine mit der alten Führungsriege. Seehofer bleibt als Parteichef. Herrmann soll wohl Innenminister in Bayern bleiben. Barbara Stamm trat zwar nicht mehr als Parteivize an, und auch Christian Schmidt zog nach dem Glyphosat-Trubel zurück. Die drei Kandidatinnen und die zwei Kandidaten, die antraten, wurden aber klar bestätigt.

Das schlechteste Ergebnis bekam Dorothee Bär mit 79,2 Prozent. Die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml, die zweite neue Stellvertreterin, ersetzt die Landtagsabgeordnete Barbara Stamm. Die Bundestagsabgeordnete Bär ist dagegen diejenige, die in der Wahrnehmung mancher Christian Schmidt herausforderte.

Gemeinwohl als höchstes Gesetz auf Erden

Was ändert sich jetzt mit der neuen alten Spitze? Man darf vermuten: nicht sehr viel. "Die CSU hat an keiner Stelle einen inhaltlichen Richtungsstreit", sagte Seehofer. Er verwendete in seiner Rede viel Zeit darauf, über soziale Fragen zu sinnieren: Über Renten, die oft nicht zum Leben reichten, über hohe Mieten, über "das Megathema" Pflege.

Die Partei atme mit zwei Lungenflügeln, sagte Seehofer, das seien die christliche Soziallehre und die soziale Marktwirtschaft. Es ist wohl kein Zufall, dass in diesem vermeintlichen Gegensatz zweimal "sozial" vorkommt.

"Für uns liebe Freunde, bleibt im irdischen Dasein das höchste Gesetz das Gemeinwohl", sagte Seehofer.

Die SPD wird es erfreut vernommen haben.

Kontinuität statt Wandel

Söder wiederum betonte vor allem, was er genauso sehe wie Seehofer: Mieten, Pflege, Digitalisierung, Schule, weiter Stärkung der Polizei. Alles wichtig.

Er wolle zeigen, sagte er zudem, dass dieser Wechsel „nicht etwa nur ein Kurswechsel ist, sondern ein Fortschreiben". Als wäre nicht die große Frage: Ist es überhaupt ein Kurswechsel? Und wenn nicht: Wozu dann der Wechsel?

Nur in einem Punkt wurde deutlich, dass er sich und die Partei neu positionieren will: wenn es um Zuwanderungspolitik geht, um Heimat, um deutsche Identitätspolitik.

Angebote an die "demokratische Rechte"

Heimat, diesen Begriff habe Bayern neu besetzt, sagte Söder auf einem Parteitag, auf dem es zwar immer wieder im Zuwanderung ging, aber keine grellen, keine zornigen, kaum antimuslimische Töne zu vernehmen waren – Österreich, wo zuletzt beide Präsidentschaftskandidaten mit dem Begriff für sich warben, habe es Bayern nachgemacht.

Und die Heimat sei nun einmal vorwiegend christlich, sagten beide Kandidaten. "Der Islam hat die letzten 200 Jahre keinen überragenden Beitrag für Bayern erbracht", spitzte Söder die Botschaft zu.

Wer für die Scharia sei oder die Burka, der dürfe diese Meinung haben, sagte er außerdem. Man erwartete jetzt einen Satz wie: Aber ich darf diese Meinung falsch finden. Stattdessen: "Er muss sie nicht in Bayern und Deutschland haben."

Und warum das Ganze? "Die demokratische Rechte gehört genauso dazu", diejenigen also, die rechts der CSU stehen, die müsse die Partei einbinden, "sonst ist unser Land demokratisch herausgefordert“.

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