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Kostenloser ÖPNV: Allein für Hamburg "eine Elphi pro Jahr"


Vorstoß der Bundesregierung
Kostenloser ÖPNV: Allein für Hamburg "eine Elphi pro Jahr"

Von dpa
Aktualisiert am 14.02.2018Lesedauer: 3 Min.
Straßenbahn in Mannheim: Kommunal- und Umweltverbände reagieren verhalten auf die Idee der Bundesregierung, den öffentlichen Nahverkehr kostenlos zu machen.Vergrößern des BildesStraßenbahn in Mannheim: Kommunal- und Umweltverbände reagieren verhalten auf die Idee der Bundesregierung, den öffentlichen Nahverkehr kostenlos zu machen. (Quelle: masterpress/imago-images-bilder)
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Die Bundesregierung erwägt kostenlosen öffentlichen Nahverkehr, um Diesel-Fahrverbote in Städten abzuwenden. Kommunen und Umweltverbände reagieren skeptisch.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund reagiert zurückhaltend auf die überraschenden Überlegungen der Bundesregierung, in von Autoabgasen belasteten Städten Bürger gratis mit Bus und Bahn fahren zu lassen. "Das kann höchstens ein langfristiges Zukunftsprojekt werden", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der "Rhein-Neckar-Zeitung". Erforderlich seien deutlich mehr Fahrzeuge und Personal. Und es stelle sich die Frage, wer die Kosten trägt. "Die Kommunen und Verkehrsbetriebe können es jedenfalls nicht bezahlen", sagte er. Die Einnahmen von rund 13 Milliarden Euro pro Jahr im öffentlichen Nahverkehr würden auch für den Betrieb benötigt, um besser zu werden und Angebote auszubauen.

Mit ihrem Vorschlag will die Bundesregierung das Problem zu hoher Schadstoffbelastung durch den Autoverkehr angehen. Sie denkt zusammen mit Ländern und Kommunen über einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr nach, um die Zahl privater Fahrzeuge auf den Straßen zu verringern. Das geht aus einem Brief von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), Verkehrsminister Christian Schmidt (CSU) und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) an EU-Umweltkommissar Karmenu Vella hervor.

Eine Frage des Geldes

Denkbar ist, dass der Bund Städte fördert, die einen kostenfreien Nahverkehr organisieren wollen. Viele Fragen sind jedoch noch offen. Hintergrund der Überlegungen ist zum einen Druck aus Brüssel. Deutschland droht eine Klage, weil seit Jahren in vielen Städten Grenzwerte für den Ausstoß von Stickoxiden nicht eingehalten werden – diese gelten als gesundheitsschädlich. Daneben drohen in Deutschland gerichtlich erzwungene Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge.

Kommunalverbände begrüßten die Überlegungen zwar grundsätzlich – forderten aber zugleich, dass die Finanzierung sichergestellt werden müsse. "Der Bund muss sagen, wie er so etwas bezahlen möchte", sagte der Präsident des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling. "Zudem stelle ich mir die Frage, wie das in der Praxis umgesetzt werden soll."

"Kostenloser Nahverkehr visionäre Vorstellung"

Bei der Vermeidung von Fahrverboten dürfe es aber keine Denkverbote geben. Daher ist jeder der Vorschläge überlegenswert, um die Luft sauberer zu machen", sagte Ebling. "Kostenloser Nahverkehr ist eine visionäre Vorstellung, die auf jeden Fall mehrere Testballons braucht. Denn so einfach ist das nicht." Mehr Menschen mit dem ÖPNV zu befördern, bedeute, auch neue Busse und Straßenbahnen zu kaufen und an die infrastrukturellen Gegebenheiten und Zeitpläne anzupassen. "Kurzfristig lässt sich so etwas nicht umsetzen."

Hamburg zum Beispiel käme ein kostenloser Nahverkehr nach Angaben der Verkehrsbehörde extrem teuer. Der Hamburger Verkehrsverbund HVV erziele durch den Fahrscheinverkauf jährlich rund 830 Millionen Euro, "das ist in etwa eine ,Elphi' pro Jahr", sagte ein Sprecher. Diese Mittel müssten beim Gratisangebot zusätzlich vom Steuerzahler aufgebracht werden. Die Hamburger Elbphilharmonie hatte knapp 800 Millionen Euro gekostet.

Umwelthilfe kritisiert "wolkige Ankündigungen"

Der HVV befördert jetzt schon jährlich rund 770 Millionen Fahrgäste. Sollten noch mehr hinzukommen, dürften sich Kapazitätsprobleme abzeichnen. Es sei nicht leistbar, umgehend mehr Busse und Bahnen in Fahrt zu bringen, sagte der Behördensprecher. Auch hierfür müsse zunächst die Finanzierung geklärt werden und darüber hinaus die Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Für den Ausbau von U- und S-Bahnen sind zudem langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren zu durchlaufen.

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Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, kritisierte, der Brief der Bundesminister an die EU-Kommission enthalte an keiner Stelle eine klare Zusage, sondern erneut "wolkige Ankündigungen". Zwar sei ein möglicher kostenloser Nahverkehr ein richtiger Schritt. "Nur muss dazu auch die über Jahre kaputtgesparte Infrastruktur passen." So betrage das Alter der Busse in Deutschland im Durchschnitt über neun Jahre. Entsprechend verheerend sei die Qualität der Abgasreinigung. Die Deutsche Umwelthilfe führt zahlreiche Prozesse, damit Städte Schadstoffgrenzwerte einhalten.

Grüne sprechen von Aktionismus

Die Grünen halten der Bundesregierung Aktionismus vor. "Jetzt, wo die EU-Kommission mit Sanktionen wegen zu hoher Stickoxidwerte droht, zaubern Altmaier, Hendricks und Schmidt den kostenlosen ÖPNV wie das Kaninchen aus dem Hut", sagte Fraktionsvize Oliver Krischer der "Rheinischen Post". Wer ernsthaft die Luft schnell sauber machen wolle, "der sorgt für die Nachrüstung von Millionen Pkw auf Kosten der Hersteller und führt die Blaue Plakette ein", sagte er. Eine solche Plakette bekämen saubere Autos, die in neuen Umweltzonen trotzdem fahren dürften.

Verwendete Quellen
  • dpa
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