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"Anne Will" TV-Kritik – Das ist der Aufreger des Abends


"Anne Will" zum Fachkräftemangel
"Brauchen dringend ein gesteuertes Zuwanderungsgesetz"

t-online, Eine TV-Kritik von David Heisig

Aktualisiert am 27.08.2018Lesedauer: 3 Min.
Anne Will diskutierte mit ihrer Runde, ob ein progressives Einwanderungsgesetz eine Lösung zum Fachkräftemangel in Deutschland sein kann.Vergrößern des BildesAnne Will diskutierte mit ihrer Runde, ob ein progressives Einwanderungsgesetz eine Lösung zum Fachkräftemangel in Deutschland sein kann. (Quelle: screenshot/ARD)
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Unternehmen schlagen Alarm – in Deutschland fehlen Fachkräfte. Teile von Politik und Wirtschaft fordern daher ein progressives Einwanderungsgesetz, um den Bedarf an Arbeitskraft durch Zuwanderung zu decken. Anne Will diskutierte mit ihrer Runde, ob das eine Lösung sein kann.

Die Gäste

  • Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern
  • Jutta Brändle, Friseurmeisterin
  • Volker Bouffier (CDU), Ministerpräsident von Hessen
  • Johannes Vogel (FDP), Sprecher für Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik der Bundestagsfraktion
  • Arndt Günter Kirchhoff, Vizepräsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)

Die Positionen

Am Anfang standen Zahlen: 1,6 Millionen unbesetzte Arbeitsstellen. 30.000 freie Ausbildungsplätze. Geschätzter Bedarf an Zuwanderern jährlich, um die Lücke zu schließen? 400.000. Wills Runde stritt sich gar nicht über die Frage, ob es den Fachkräftemangel gibt oder Zuwanderung eine Lösung sein kann. Der Teufel steckte im Talk-Detail: bei der Abgrenzung zwischen Fachkräfte-Einwanderung und Asyl. Eine Forderung einiger Unternehmer und Politiker ist der "Spurwechsel". Eine Chance für abgelehnte, aber berufstätige und integrierte Asylbewerber, über die Fachkräfteschiene einwandern zu dürfen.

Brändle ist Teil dieser Initiative. Daher unterstützt sie ihren nigerianischen Mitarbeiter Anthony Olushola Oyewinle im Asylprozess. Allerdings droht dem die Abschiebung. Kopfschütteln allenthalben in der Runde. Eine wirkliche Lösung hatte die Politik Brändle nicht zu bieten. Ansätze vielleicht.

Einer kam von Schwesig, die betonte, Zuwanderung – gesteuert über ein Einwanderungsgesetz – könne nur ein Baustein im Kampf gegen den Fachkräftemangel sein. "Wir brauchen dringend ein gesteuertes Zuwanderungsgesetz", forderte auch Kirchhoff, sichtlich echauffiert, weil die Sozialdemokratin Begriffe wie faire Löhne oder Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Teil der Lösung ins Spiel brachte. Was Aufgabe der Wirtschaft sei. Der liberale Vogel dagegen ließ kein gutes Haar am Eckpunktepapier der Regierung zum geplanten Einwanderungsgesetz. "Kleine Reparaturen im System" seien das. "Wir brauchen mehr", so sein Credo.

Der Aufreger des Abends

Hier schieden sich die Geister. Denn gerade die grundsätzliche Diskussion über Einwanderung generell wollte Bouffier nicht. "Wir rufen Arbeitskräfte und stellen fest: dann kommen Menschen", so der Unionsmann. Es ginge allein um das deutsche Interesse, fähige Fachkräfte aus dem Ausland einwandern zu lassen. Daneben müssten in Deutschland Forschung und Ausbildung intensiviert und Berufe attraktiv gemacht werden. Zudem dürfe man Deutsche im "Super-Arbeitsmarkt" nicht vergessen. Asyl sei nicht das aktuelle Thema. Die Armutswanderung könne nicht über ein Einwanderungsgesetz gelöst werden, so Bouffier. "Ich will keine Vermischung von humanitärer Hilfe und Fachkräfteeinwanderung", so der Hesse.

Das brachte Vogel auf die Palme. Ein entsprechendes Gesetz müsse alle Formen der Migration übersichtlich regeln: Asylschutz ebenso wie die spezielle Erwerbseinwanderung. Bouffier konterte, er finde den Begriff "Spurwechsel höchst unglücklich". Solche Initiativen und Einzelfälle, wie der von Brändles Mitarbeiter, dürften nicht dazu führen, der großen Masse derjenigen, die im Asylverfahren negativ beschieden würden, über die Fachkräfteeinwanderung Hoffnung auf ein Hintertürchen zu geben. Berufsintegration führe sonst zur nächsten ungesteuerten Flüchtlingswelle. Zudem seien diese besonderen Fälle über die 3+2-Regel abgedeckt. Wer in einer Ausbildung ist, darf über die Ausbildung hinaus für zwei weitere Jahre nicht abgeschoben werden.

Schwesig zeigte sich über Bouffiers Haltung entsetzt: "Sagen sie bitte so etwas nicht". Bouffier spiele Menschen und ihre Hoffnungen gegeneinander aus und liefere den Rechtspopulisten Futter für Stimmungsmache. Sie forderte die Einführung eines Stichtags. Menschen, die bis zu diesem Tag im Asylverfahren seien, sollten auch von der Fachkräfteeinwanderung profitieren. Bouffier kam ihr überraschend entgegen: Man könne über Übergangsregelungen reden.

Das Zitat des Abends

Das kam von Vogel: Die Union mache mit dem Eckpunktepapier "Popanz, weil sie mit ihrer Lebenslüge nicht klar kommt". Gemeint war damit das jahrelange Zögern von CDU/CSU, ein umfassendes Einwanderungsgesetz zu erarbeiten. "Weil die Union nicht einsehen will, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist", so Vogel weiter.

Der Faktencheck

Was ist denn dieses Eckpunktepapier überhaupt? Der offizielle Titel trägt nicht zum Klarheitsgewinn bei: Eckpunkte zum kohärenten Ansatz Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten. Es stammt aus dem Haus von Bundesinnenminister Horst Seehofer. Es soll Grundlage zur Schaffung eines Einwanderungsgesetzes sein. Gemeint ist damit aber die Einwanderung von Fachkräften in den deutschen Arbeitsmarkt, eben aus Ländern außerhalb der Europäischen Union (EU).

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat errechnet, dass jährlich 400.000 Menschen nach Deutschland einwandern müssten, um dem Fachkräftemangel entgegenzutreten. Erstes Ziel soll nach dem Eckpunktepapier sein, "inländisches Potenzial zu heben". Dann erst folgt der heute schon wichtige Bestandteil der Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland. Zudem können Unternehmen auf die Vorrangprüfung verzichten. Sie müssen nicht mehr nachweisen, dass sie für eine Stelle keinen deutschen Mitarbeiter gefunden haben.

Einwanderung in den Facharbeitsmarkt dürfe letztlich nicht Zuwanderung in die Sozialsysteme bedeuten. Für Experten ist das Papier ein erster Schritt. Zudem sollten lange Anerkennungsverfahren für Berufsabschlüsse und die Erfordernis des Nachweises von Sprachkenntnissen vereinfacht werden.

Verwendete Quellen
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