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Rückendeckung für Maaßen: Seehofer hält an Verfassungsschutzchef fest


Rückendeckung für Verfassungsschutzchef Maaßen
Seehofer sieht "keinen Anlass für personelle Konsequenzen"

Von dpa, pdi

Aktualisiert am 13.09.2018Lesedauer: 4 Min.
Horst Seehofer und Hans-Georg Maaßen bei der Sondersitzung des Innenausschusses im Deutschen Bundestag: Der Verfassungsschutzchef muss sich wegen seiner Interview-Äußerung, es habe in Chemnitz keine "Hetzjagden" gegeben, erklären.Vergrößern des BildesHorst Seehofer und Hans-Georg Maaßen bei der Sondersitzung des Innenausschusses im Deutschen Bundestag: Der Verfassungsschutzchef muss sich wegen seiner Interview-Äußerung, es habe in Chemnitz keine "Hetzjagden" gegeben, erklären. (Quelle: dpa-bilder)
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Kommt Hans-Georg Maaßen mit einem blauen Auge davon? Bei den Befragungen im Bundestag deutet sich das an. Doch wie dauerhaft die Solidarität von Innenminister Seehofer sein könnte, weiß niemand.

Am Ende des Entscheidungstages kann Hans-Georg Maaßen erstmal durchatmen. Ohne ein Wort steht der oberste deutsche Verfassungsschützer gegen 21 Uhr neben seinem Dienstherrn Horst Seehofer (CSU) vor den Kameras. Seehofer spricht, Maaßen schweigt - in den vergangenen Tagen war es eher umgekehrt - sehr zum Ärger des Bundesinnenministers und zahlreicher Innen- und Sicherheitsexperten aus der Union, die dem Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) eher wohlgesonnenen sind.

Was Seehofer dann in die Kameras sagt, ist für Maaßen eine Jobgarantie - zumindest vorerst. "Ich habe mich entschieden, dass ich für personelle Konsequenzen keinen Anlass sehe", stellt der Innenminister trocken fest. Maaßen habe "auch zum Ausdruck gebracht ein Bedauern, dass manches eben anders in der Öffentlichkeit aufgefasst wurde und diskutiert wurde als von ihm beabsichtigt. Und ich begrüße dieses Bedauern", sagte Seehofer. Maaßen habe seine Position "stark begründet", der Verfassungsschutzchef sei zudem "klar in der Abgrenzung gegen ganz Rechts" gewesen. Das sei ihm besonders wichtig gewesen, betont der Innenminister am Rande noch.

Maaßen neben Seehofer

Schon am Anfang der Sondersitzung des Innenausschusses hatte Seehofer Wert auf ein besonderes Symbol der Nähe gelegt. Vor laufenden Fernsehkameras drückte er seinem wegen eines unglücklichen Interviews ins Wanken geratenen Verfassungsschutzchef die Hand. Und dann darf Maaßen am Mittwochabend auch noch direkt an der rechten Seite seines Dienstherren Platz nehmen. Zwei andere Teilnehmer der für Maaßens berufliche Zukunft wohl entscheidenden Sitzung müssen dafür extra anders platziert werden.

Der Innenminister und CSU-Chef weiß um die Bedeutung solcher Symbole. Doch er weiß ebenso, dass die auch in der CDU als ausgesprochen unbedacht kritisierten Interview-Äußerungen des Verfassungsschutzpräsidenten zu den fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz ihn selbst ganz rasch beschädigen könnten. Deswegen hatte Seehofer vor einigen Tagen erklärt, Maaßen trage für seine Äußerungen natürlich selbst die Verantwortung.

Wenn er nun hinter verschlossenen Türen im Bundestag noch einen Schritt weiter geht und sagt, der Inhalt des umstrittenen Interviews des 55-jährigen Verfassungsschutzpräsidenten sei nicht mit ihm abgestimmt gewesen, legt er noch einmal nach. Mehr politische Brandmauer geht kaum.

"Negative Stimmung gegenüber Medien"

Maaßen steht denn auch trotz der freundlich wirkenden Gesten Seehofers zu Anfang der Sitzung etwas verloren im Fokus der Fotografen. Fast wirkt es, als ob sich der sonst so selbstbewusste Maaßen noch mehr demonstrative Nähe und Zuwendung des Ministers wünsche.

In der Sitzung selbst gibt sich Maaßen dann reumütig, glaubt man den Berichten von Teilnehmern - jedenfalls ein wenig. Er fühle sich falsch verstanden und sei vom Echo auf das "Bild"-Interview sehr überrascht gewesen, heißt es da. Inhaltlich stehe er zwar zu den Zitaten, aber "die ein oder andere Wendung würde ich heute anders formulieren" und "vielleicht auch weglassen".


Doch an seiner Medienkritik hält Maaßen fest. Es gebe eine negative Stimmung der Bürger gegenüber Medien und Journalisten. Man solle "Hetzjagden nicht herbeischreiben". Maaßen macht nach Angaben von Teilnehmern mehrfach deutlich, dass er in ähnlichen Fällen auch künftig wieder handeln würde - nur eben nicht so, wie am vergangenen Freitag.

So richtig demütig klingt Maaßen schon in seinem vier Seiten langen Bericht an Seehofer nicht, der der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt. Keine Entschuldigung beim Innenminister, den er wie sich selbst in schweres politisches Fahrwasser manövriert hatte. Stattdessen schwere Vorwürfe gegen den mutmaßlich linksextremistischen Twitter-Nutzer "Antifa Zeckenbiss", dessen Video von einer angeblichen Hetzjagd auf Ausländer Auslöser war und der Maaßen in den vergangenen Tagen maßlos aufgeregt haben muss.

Stirnrunzeln bei der Union

Und überhaupt: Nicht er habe als Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) zu belegen, dass mit dem Video "Hetzjagden" am 26. August in Chemnitz dokumentiert würden. Das müsse schon der Urheber tun. Und etwas später in dem vierseitigen Schreiben an Seehofer heißt es dann, er - Maaßen - habe "anders als von den Medien berichtet zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass das Video gefälscht, verfälscht oder manipuliert worden ist". Und in gewohnt direktem Ton setzt der BfV-Chef hinzu: Hätte er dies zum Ausdruck bringen wollen, hätte er auch die entsprechenden Worte gewählt.

Selbst bei wohlwollenden Unionspolitikern löst Maaßen mit solchen Äußerungen Stirnrunzeln aus. Maaßen mache es denjenigen teilweise besonders schwer, die sich für ihn verwenden wollten, ist zu hören. Dabei war sogar nicht ausgeschlossen worden, dass Seehofer doch noch die Reißleine ziehen und Maaßen rauswerfen könne - wenn der statt eines Schuldeingeständnisses nur ständig sage, er bereue nichts.

Schon nach der Sitzung der Geheimdienstkontrolleure sagt deren Chef Armin Schuster (CDU) in einem Zwischenfazit, ultimative Forderungen wie einen Rausschmiss oder Rücktritt Maaßens halte er "angesichts dessen, was er vorgetragen hat, für nicht verhältnismäßig". Das gelte auch vor dem Hintergrund der sehr guten Leistungen von Maaßen und seiner Behörde in den vergangenen sechs Jahren seiner Amtszeit.

Maaßen angeschlagen

Vertreter von SPD, FDP und Grünen äußern sich kritischer und pochen auf mehr Informationen. Nur der Linken-Obmann im Kontrollgremium, André Hahn, sagt klipp und klar, Maaßen könne mit seiner Erklärung nicht aus dem Schneider sein. "Ich glaube nicht, dass dieser Präsident noch sehr lang im Amt sein wird."

Doch selbst wenn Maaßen die aktuelle Krise nun erstmal mit Schrammen übersteht - in Unionskreisen gibt es einige, die seine Zukunft auf dem Präsidentensessel skeptisch sehen. Ein angeschlagener BfV-Chef, dem angesichts der zugespitzten Stimmung im Land und immer selbstbewussterer Neonazis und Rechtsextremisten immer wieder seine unglücklichen Interview-Äußerungen vorgehalten würden, könne schnell zur "lahmen Ente" werden, heißt es da. Maaßen könnte jetzt erstmal ein Verfassungsschutzpräsident auf Abruf sein.

Verwendete Quellen
  • dpa
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