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Aschermittwoch: "Es hat sich ausgeschulzt und weggekernt"


Verbalattacken am Aschermittwoch
"Es hat sich ausgeschulzt und weggekernt"

Von dpa, reuters, afp, dru

14.02.2018Lesedauer: 3 Min.
Markus Söder und Andreas Scheuer: Die CSU begeht den Aschermittwoch mit Weißbier in der Dreiländerhalle in Passau.Vergrößern des BildesMarkus Söder und Andreas Scheuer: Die CSU begeht den Aschermittwoch mit Weißbier in der Dreiländerhalle in Passau. (Quelle: Sven Hoppe/dpa)
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Die Redeschlachten zum politischen Aschermittwoch sind seit Jahrzehnten gute Tradition. Auch diesmal sparten die Politiker nicht mit derben Seitenhieben. Besonders die SPD bekam ihr Fett weg.

In politisch turbulenten Zeiten treffen sich die Parteien am Aschermittwoch zum traditionellen Schlagabtausch. Im Mittelpunkt steht Bayern, wo mit der Redeschlacht auch ein Vorgeschmack auf den bevorstehenden Landtagswahlkampf gegeben wird. Der designierte Ministerpräsident Markus Söder spricht in Passau, in Vilshofen tritt der kommissarische SPD-Chef Olaf Scholz auf. Bayerns noch amtierender Ministerpräsident Horst Seehofer hat seinen Auftritt wegen einer Grippe abgesagt.

Dass nach den Wochen der Personalquerelen die SPD vorrangiges Ziel des Spotts werden würde, war erwartbar. In Passau gab CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer den Sozialdemokraten in Deutschland und Österreich eine kräftige Breitseite mit. "Klar ist nach nur einem Jahr: Es hat sich ausgeschulzt und weggekernt", ätzte der CSU-Politiker an die Adressen von Martin Schulz und des abgewählten österreichischen Bundeskanzlers Christian Kern.

Scheuer, der die SPD kurzerhand in "Selbstzerfleischende Partei Deutschlands" umtaufte, polterte weiter: "Der Sozi ist an sich nicht dumm. Er hat nur viel Pech beim Nachdenken." Dem kommissarischen Parteichef Scholz gab er mit auf den Weg: "Wenn er solche Parteifreunde hat, dann ist mir um seine Zukunft nicht bange."

Scholz: "Frau aus dem Norden" hat Zenit überschritten

Der angesprochene Scholz begann in Vilshofen sachlich und hob die Erfolge der SPD in den Koalitionsverhandlungen hervor. "Das ist ein Programm, dem man zustimmen kann, liebe Genossinnen und Genossen", sagte der Interims-Parteichef. Man müsse sich nur die Diskussionen in der CDU anschauen, um zu wissen, dass wir es wohl irgendwie richtig hinbekommen haben.

Dann aber gab Scholz der Union doch noch einen mit. "Nicht nur ein bayerischer Politiker hat wohl den Zenit seiner politischen Karriere überschritten, sondern wohl auch eine Frau aus dem Norden", lästerte Scholz in Anspielung auf CSU-Chef Seehofer und Kanzlerin Angela Merkel.

SPD-Vizechefin Natascha Kohnen übte auch Kritik an den eigenen Parteikollegen. "Es gab viele öffentliche Kommentare, die sollte man sich einfach mal sparen, die muss man nicht machen", sagte Kohnen in Vilshofen. Sie werde zusammen mit Scholz alles daran setzen, dass die SPD nun wieder disziplinierter arbeite.

Söder will "Lufthoheit über Stammtische" zurück

Der designierte bayerische Ministerpräsident Markus Söder appellierte in seiner Aschermittwochsrede an die Unionsparteien, ihren Standort "grundlegend zu überdenken". "Wir sind für die bürgerliche Mitte da, aber wir wollen auch die demokratische Rechte wieder bei uns vereinen", rief Söder unter dem Applaus von rund 4.000 CSU-Anhängern in Passau. "Das heißt nicht Rechtsruck, das heißt Rückkehr zu alter Glaubwürdigkeit."

Deutlich grenzte er sich von der AfD ab. Die sei "keine Ersatz-Union" und "nicht bürgerlich". Manche AfD-Funktionäre im Osten der Republik seien der rechtsextremen NPD näher als der Union. Deren Parteichef Jörg Meuthen bescheinigte den Unionsparteien wiederum, keine konservativen Positionen mehr zu vertreten: "Die wissen doch nicht einmal mehr, was Vaterlandsliebe ist." Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre CDU-Mitstreiter hätten nur noch ein Ziel: "Machterhalt um buchstäblich jeden Preis."

FDP-Chef Christian Lindner schoss sich in Dingolfing auf die Kanzlerin ein. "Sprechen wir es mal offen aus: Nach zwölf Jahren ist auch die Methode Merkel an ein Ende gekommen", sagte Lindner. Union und SPD warf er vor, weitermachen zu wollen wie bisher: "In diesen Zeiten gibt es nichts Gefährlicheres als ein 'Weiter so'." Politische Widersprüche und Unterschiede würden "mit Milliarden und Abermilliarden zugeschüttet".

Der neue Grünen-Chef Robert Habeck stimmte seine Partei auf die anstehende Landtagswahl in Bayern ein. "Die Grünen wollen den Absolutismus der CSU brechen", rief Habeck vor etwa 400 Zuhörern in Landshut. "Dieses Land gehört keiner Partei, dieses Land gehört nicht der CSU." Grünen-Spitzenkandidat Ludwig Hartmann warf der CSU vor, "das Land in ein Gewerbegebiet mit Autobahnanschluss zu verwandeln; da hilft uns ein weiß-blauer Himmel drüber auch nichts mehr". Seine Partei wolle eine Politik, die denkt, bevor der Bagger kommt.

Woher kommt der Aschermittwochsbrauch?

Der politische Aschermittwoch geht auf einen Viehmarkt im 19. Jahrhundert im niederbayerischen Vilshofen zurück, später folgten dort Kundgebungen des Bauernbundes. Nach dem Zweiten Weltkrieg war es zunächst die Bayernpartei, die sich dieser Tradition erinnerte. Doch seit Jahrzehnten wird der politische Aschermittwoch überwiegend mit der CSU in Verbindung gebracht.

CSU-Patriarch Franz Josef Strauß war zunächst viele Jahre in einem kleinen Wirtshaus aufgetreten, bevor er die Kundgebung 1975 in die Passauer Nibelungenhalle verlegen ließ. Im Laufe der Jahre kopierten sämtliche Parteien das Format.

Im Jahr 2016 fiel der politische Aschermittwoch zum ersten Mal in seiner Geschichte vollständig aus. Grund war das Zugunglück von Bad Aibling am Vortag, bei dem zwölf Menschen ums Leben kamen und rund 80 verletzt wurden.

Verwendete Quellen
  • dpa, Reuters, AFP
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