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Tagesanbruch: Weltpolitik im Luxushotel, die deutsche Nationalmannschaft hebt ab


Tagesanbruch
Was heute Morgen wichtig ist

MeinungVon Florian Harms

12.06.2018Lesedauer: 7 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Kim Jong Un und Donald Trump zeigen sich auf dem Balkon des Luxushotels Capella in Singapur.Vergrößern des Bildes
Kim Jong Un und Donald Trump zeigen sich auf dem Balkon des Luxushotels Capella in Singapur. (Quelle: Evan Vucci/ap-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

Tage wie heute sind sogar in unseren turbulenten Zeiten außergewöhnlich. Gerade erst haben wir den stürmischen G7-Gipfel verdaut, schon geht es weiter mit der Weltpolitik. Hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

So sieht es aus, wenn zwei Menschen sich begegnen, von denen man noch vor wenigen Wochen gedacht hätte, dass sie sich niemals die Hand geben. Geschweige denn miteinander reden. Bis vor Kurzem beschimpften sich US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, ihre Länder sind sich immer noch spinnefeind. Aber heute führen sie ein Vieraugengespräch, tafeln gemeinsam, lassen ihre Delegationen miteinander verhandeln. Weltpolitik im Luxushotel.

Warum macht Trump das? Weil er den Nordkoreaner überreden will, sein Atomprogramm aufzugeben und Frieden mit Südkorea zu schließen – sagen die einen. Weil er unbedingt beweisen will, dass er ein großer Staatsmann von historischem Format ist und noch unbedingter den Friedensnobelpreis bekommen will – sagen die anderen.

Warum macht Kim das? Weil der Wert eines Handschlag-Fotos mit Trump für seinen Propagandaapparat von unschätzbarem Wert ist und weil er erreichen will, dass die Sanktionen gegen sein Land aufgehoben werden – sagen die einen. Weil er gar nicht anders kann, da er andernfalls einen Angriff der Amerikaner riskiert, vor dem ihn nicht mal sein Verbündeter China bewahren könnte – sagen die anderen.

Vermutlich trifft alles ein bisschen zu. Wer sich mit Fachleuten unterhält, die Nordkorea und sein Regime aus eigener Anschauung kennen, hört jedenfalls überwiegend nüchterne Einschätzungen. Unter den rund 23 Millionen Nordkoreanern gibt es rund zwei Millionen Profiteure des Regimes und unter denen wiederum eine Elite aus circa 200.000 Personen. Um die geht es. Deren Hauptinteresse ist dasselbe, das auch Kim und seine Sippe haben: dass sich nämlich nichts ändert. Dass die Diktatur weiterherrschen kann wie bisher. Wiedervereinigung mit dem Süden? Ein Luftschloss. Den Süden erobern? Viel zu gefährlich. Alles soll bleiben, wie es ist. Also muss man dem gefährlichen Trump ein bisschen guten Willen zeigen – und nach dem Gipfel einen möglichst komplizierten politischen Prozess aufsetzen, der sich irgendwann im Nirwana der Diplomatie verliert. Und wenn Trump in drei oder sieben Jahren abtritt, ist die Gefahr gebannt.

So könnte es kommen. Oder ist das zu pessimistisch? Vielleicht werden wir Unkenrufer ja überrascht, und dieser unberechenbare amerikanische Präsident stößt tatsächlich einen historischen Friedensprozess an. Einen Impuls wie die Camp-David-Verhandlungen im Nahostkonflikt.

Wir werden sehen. In jedem Fall wird es heute ein spannender Tag. Unsere Korrespondenten Finn Mayer-Kuckuk, Fabian Reinbold und Anna-Lena Janzen beobachten das Geschehen in Singapur, Washington und von Melbourne aus. Und unser Politikteam hält sie mit unserem Newsblog auf Stand.

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Die Autokonzerne und ihre Bosse kommen ungeschoren davon, die Verbraucher werden von der Politik alleingelassen und müssen das Debakel ausbaden: Auf diesen Nenner konnte man die Folgen des Abgasskandals bis vor Kurzem bringen. Aber jetzt tut sich was. Die große Koalition hat gemerkt, dass dieser Kurs immer mehr Bürger mächtig ärgert, zumal nun in immer mehr Städten Fahrverbote drohen. Verkehrsminister Scheuer zieht deshalb andere Saiten auf und ordnet den Rückruf von fast 240.000 Mercedes-Dieselautos an. Für Daimler, dessen Chef Dieter Zetsche bisher beteuerte, nicht getrickst zu haben, ist das ein schwerer Schlag: Nach Volkswagen wird ihm als zweitem Konzern amtlich Abgasmanipulation bescheinigt. Ebenfalls gestern wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft München gegen Audi-Chef Stadler ermittelt. Noch steht das Ergebnis der Untersuchungen aus. Aber dass die Autokonzerne und ihre Bosse ungeschoren davonkommen, kann nun keiner mehr sagen. Gut so.

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Schon oft habe ich mich hier im Tagesanbruch der SPD gewidmet, und meist fiel das Urteil kritisch aus. Heute möchte ich die SPD loben. Sie hat ihre desaströsen Ergebnisse bei den letzten Landtagswahlen und der Bundestagswahl, ihre verkorksten Strukturen in der Parteizentrale, ihre chaotischen Entscheidungsprozesse, ihre erfolglose Kommunikation und deren Folgen aufgearbeitet. Systematisch. In einem 108-seitigen Bericht, der auf Gesprächen mit Genossen aller Parteiebenen und Wahlforschern basiert. Eine schonungslose Analyse, die Sie hier nachlesen können. Falls Sie nur wenig Zeit haben: Hier ist die Zusammenfassung unseres Parlamentsreporters Jonas Schaible. Die Einsicht ist also da, aber die viel schwerere Aufgabe wartet noch: Nun muss die Partei aus der Analyse Konsequenzen ziehen. Und klare politische Positionen entwickeln.

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WAS STEHT AN?

Eigentlich wollte der Bundesinnenminister heute Nachmittag seine Vorschläge für eine Reform der Asylpolitik vorstellen. Doch der Termin ist geplatzt, weil Horst Seehofer und Angela Merkel sich in einem wesentlichen Punkt uneinig sind. Seehofers Plan sieht dem Vernehmen nach vor, dass Flüchtlinge ohne Papiere sowie bereits abgeschobene Asylbewerber, die nach Deutschland zurückkehren wollen, an der Grenze abgewiesen werden sollen. Merkel findet dagegen, dass es in der Asylpolitik keinen deutschen Alleingang, sondern eine europäische Lösung braucht.

Beide Positionen haben etwas für sich: Der Minister will schnell handeln, erst recht nach der Debatte um den mutmaßlichen Mörder der Susanna F. Außerdem braucht er im bayerischen Landtagswahlkampf dringend Erfolge für seine CSU, deren Umfragewerte wanken. Die Kanzlerin hat dagegen das große Ganze im Blick und achtet darauf, dass Deutschland "nicht einseitig national" agiert, wie sie es nennt. Schon jetzt ist die Skepsis gegenüber dem mächtigsten EU-Staat in vielen unserer Partnerländer groß. Da käme es nicht gut an, wollte ausgerechnet jenes Land, das 2015 in einer humanitären Notsituation seine Grenzen geöffnet und Hunderttausende Flüchtlinge einreisen ließ, jetzt seine Schotten schließen und die Nachbarn mit dem Problem allein lassen.

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Als Kanzlerin hat Merkel die Richtlinienkompetenz; es ist ihr gutes Recht, den Kurs der Regierung vorzugeben. Heute kommt erst Österreichs Kanzler Sebastian Kurz nach Berlin, anschließend stellt die EU-Kommission ihre Vorschläge zur Asyl- und Migrationspolitik sowie ihre langfristige Finanzplanung vor. Daran kann sich eine europäische Debatte anschließen.

Als Kanzlerin hat Merkel allerdings auch die Aufgabe, den Bürgern die Politik ihrer Regierung transparent zu erklären. Und dafür zu sorgen, dass Probleme, die vielen Menschen unter den Nägeln brennen, schnell angepackt werden. Mein Eindruck ist: Bei den Themen Migration und Asylpraxis vermissen das viele Leute bisher. Das führt auf Dauer nicht nur zu Misstrauen und Zorn in Teilen der Bevölkerung. Sondern schadet am Ende auch Merkels Partei. Siehe SPD oben.

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Heute gegen 13 Uhr geht es los: Die Lufthansa-Chartermaschine LH2018 hebt in Frankfurt ab. Ziel: Moskau. An Bord: Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft mit 12 Tonnen Gepäck und 63 Personen, darunter zwei Teamköche, vier Physiotherapeuten, vier Ärzte, Spielanalysten und Fitnesstrainer. Im Gepäck: Unter anderem 160 Paar Schuhe, 60 Bälle und 26 Trikotsätze. So sieht sie aus, die Mission Titelverteidigung bei der Weltmeisterschaft (zumindest ihr Beginn). Ebenfalls im Flieger sitzt unser Reporter Luis Reiß, der in den kommenden Wochen die Mannschaft keine Minute aus den Augen lassen und für Sie berichten wird. Um 17.10 Uhr Ortszeit kommt der Tross in Moskau an.

Nur eine halbe Stunde später landet unser zweiter Reporter Benjamin Zurmühl in Moskau. Er wird sich in den kommenden Wochen mit den anderen Topteams befassen und für Sie herausfinden: Wie stark sind die Gegner des DFB-Teams? Wer hat das Zeug zum Weltmeister und kann Deutschland gefährlich werden? In unserem Newsblog können Sie ab heute ständig verfolgen, was die beiden auf ihrer Reise erleben.

Und dann haben wir noch etwas ganz Besonderes für Sie: Mit etwas Glück können Sie das zweite deutsche Gruppenspiel gemeinsam mit unserem Kolumnisten Stefan Effenberg und unserem Sportchef Florian Wichert in unserem WM-Studio im Berliner Newsroom angucken – Fachsimpeln, Bierchen und Analysen vom Profi inklusive. Anreise und Hotel bezahlen wir. Also schnell bewerben!

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Nun ist es endlich so weit: Unsere neue Community auf t-online.de ist da. Meine Kollegen in der Berliner Redaktion sowie in unserem Frankfurter IT- und Produktmanagement haben den gesamten Forenbereich umgebaut, um die Diskussionen für Sie interessanter zu gestalten. Auch wir Redakteure beteiligen uns nun regelmäßig an den Debatten und beantworten Ihre Fragen. Schauen Sie gern hinein! Sie sind herzlich eingeladen.

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WAS LESEN?

Wer in den vergangenen vier Tagen Nachrichten gelesen hat, kam am G7-Gipfel in Kanada nicht vorbei. Bei all dem Wirbel um Herrn Trump und den Zwist der Staatenlenker scheinen mir zwei Aspekte etwas zu kurz gekommen zu sein: Erstens ist es nicht so, dass der Gipfel gar keine Ergebnisse hervorgebracht hat. Zweitens sollte uns aber klar sein, warum gerade Deutschland so ein großes Interesse an der bisherigen Handelsordnung hat – und am meisten verliert, wenn Trump sie nun aus den Angeln hebt. Zu diesen Aspekten können Sie hier und hier mehr lesen.

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Beginnen wir mit den Zahlen. Seine Entwicklung kostet etwa 800.000 Euro. Seine Nutzer zahlen Lizenzgebühren an den Urheber, wie für ein Musikstück, das im Radio dudelt. Von anfänglich 10.000 Varianten sind nach vier Jahren bestenfalls noch 30 übrig, nach drei weiteren Jahren intensiver Tests vielleicht eine – oder keine. Wovon reden wir hier? Einem neuen Impfstoff? Einem innovativen Mikrochip-Design? Von Obst? Genau. Von Obst. Eine neue Apfelsorte zu erschaffen sei wie ein Lotteriegewinn, sagt Johan Nicolaï, einer der wenigen, die sich an das riskante Geschäft wagen. Es gibt unzählige Spielarten des Apfels, doch die meisten schmecken entweder scheußlich (zu weich, zu bitter, nach gar nichts) oder sie sind zu empfindlich, nicht lagerfähig und für den großflächigen Anbau ungeeignet. Denn darum geht es in der Apfelzucht: Geschmack und Widerstandsfähigkeit. Sie sind Schild und Rüstung für die Schlacht, die am Ende geschlagen werden muss – um den einen freien Platz im Sortiment der Supermärkte, der neben den fünf, sechs Standardsorten im Regal vielleicht noch zu ergattern ist. Ein Besuch bei einer seltsamen Mini-Industrie.

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WAS AMÜSIERT MICH?

…wenn Bilder mehr als Worte sagen:

Ich wünsche Ihnen einen spannenden Tag.

Ihr Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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