Russland-Krise Kreml: Putin will Separatistengebiete in der Ostukraine anerkennen

Russlands Präsident Wladimir Putin will die Unabhängigkeit der pro-russischen Separatistengebiete in der Ostukraine anerkennen. Dies teilte der Kreml am Montagabend in Moskau mit. Kanzler Scholz warnte ihn vor diesem Schritt.
Der russische Präsident Wladimir Putin habe Kanzler Olaf Scholz und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in einem Telefonat angekündigt, er werde in Kürze ein Dekret zu den östlichen Regionen in der Ukraine unterzeichnen. Das berichtet die russische Nachrichtenagentur Ria am Montagabend unter Berufung auf die russische Regierung.
Die EU hat dem russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Sanktionen gedroht, sollte er die Separatistengebiete in der Ostukraine als eigenständige Volksrepubliken anerkennen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte am Montag in Brüssel, in diesem Fall werde er Strafmaßnahmen gegen Russland "auf den Tisch legen". Darüber müssten dann die EU-Außenminister entscheiden.
Eskalation droht
Eine Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken könnte den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine gefährlich anheizen. Der Kreml dämpfte zudem Hoffnungen auf ein baldiges Treffen Putins mit seinem US-Kollegen Joe Biden. "Es gibt soweit keine konkreten Pläne dazu", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge.
Laut Weißem Haus in Washington hat Biden einem Treffen "im Prinzip" zugestimmt. Die Außenminister beider Länder wollen sich am Donnerstag in Genf treffen.
Scholz warnte Putin
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin vor einer Anerkennung der selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk gewarnt. Ein solcher Schritt stünde "im krassen Widerspruch" zu den Minsker Abkommen zur friedlichen Beilegung des Konflikts in der Ostukraine und wäre ein "einseitiger Bruch" dieser Vereinbarungen seitens Russlands, sagte Scholz nach Angaben seines Sprechers Steffen Hebestreit am Montag in einem Telefonat mit Putin.
Nach Angaben Hebestreits forderte er den russischen Präsidenten zur sofortigen Deeskalation und zum Rückzug der an der ukrainischen Grenze zusammengezogenen Truppen auf. Der Kanzler habe unterstrichen, dass es nun insbesondere im Osten der Ukraine gelte, den Waffenstillstand einzuhalten und Zeichen der Entspannung zu setzen. Russland stehe hier in einer besonderen Verantwortung.
Scholz berate sich derzeit "mit den engsten Partnern", darunter Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.
Westen zögert mit Sanktionen
Andere Länder machten hingegen deutlich, dass sie die Zeit für neue Strafmaßnahmen noch nicht gekommen sehen. "Das ist noch nicht die militärische Aggression von Russland, von der wir sprechen", sagte etwa der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg. Auch der irische Außenminister Simon Coveney sprach sich dafür aus, das Hauptaugenmerk auf diplomatische Initiativen wie die für einen USA-Russland-Gipfel zu legen.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) äußerte sich in Brüssel zunächst nicht öffentlich zur Sanktionsdebatte. Regierungssprecher Steffen Hebestreit deutete in Berlin an, dass es aus deutscher Sicht bereits unter der Schwelle einer Invasion neue EU-Sanktionen geben könnte. Als Beispiel nannte er Cyberangriffe oder Einsätze russischer Truppen "unter falscher Flagge".
Baerbock beschrieb die Lage im Osten der Ukraine mit düsteren Worten: "Was wir in den letzten 72 Stunden erlebt haben an Anschlägen, an gewaltsamen Auseinandersetzungen vor Ort, ist wirklich besorgniserregend." Um die Ukraine zu unterstützen, bewilligten Baerbock und ihre Kollegen finanzielle Nothilfen der EU in Höhe von 1,2 Milliarden Euro sowie Pläne für einen Ausbildungseinsatz für Offiziere. Letzterer soll es ermöglichen, dass in der Ukraine künftig verstärkte westliche Militärtaktik gelehrt wird.
- Nachrichtenagentur AFP