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Tankrabatt und 9-Euro-Ticket: Milliarden Euro sind einfach für die Katz


Tagesanbruch
Milliarden Euro für die Katz

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 14.06.2022Lesedauer: 5 Min.
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Wirtschaftsminister Robert Habeck muss den Tankrabatt-Flop einräumen.Vergrößern des Bildes
Wirtschaftsminister Robert Habeck muss den Tankrabatt-Flop einräumen. (Quelle: Britta Pedersen/dpa-bilder)

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Das Ampelbündnis bekommt erste kleine Risse. Es sind bislang nur Haarrisse, aber wer nah genug dran ist, sieht sie. Anders als frühere Bundesregierungen hatten sich SPD, Grüne und FDP geschworen, öffentlich nicht übereinander herzuziehen. Kanzler Olaf Scholz von der SPD hat seine Minister zu einem strikten Kodex verpflichtet: Hinter geschlossener Tür am Kabinettstisch kann jeder seine Kritik am anderen äußern, aber vor der Tür halten alle zusammen. Ein halbes Jahr lang hat das geklappt, doch wegen des Ukraine-Kriegs, der galoppierenden Inflation und der Energieknappheit wächst der Druck auf die Ampelkoalitionäre so stark, dass einige nicht mehr an sich halten können.

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Noch ist die Wortwahl des gegenseitigen Tadels weit entfernt von Merkels einstiger schwarz-gelber Koalition, in der man sich als "Gurkentruppe" und "Wildsäue" beschimpfte. Doch der Ton zwischen Roten, Grünen und Gelben wird rauer. FDP-Finanzminister Christian Lindner rüffelte erst SPD-Sozialminister Hubertus Heil, dessen Klimageldvorschlag er "noch nicht so richtig durchdacht" findet. Dann bemängelte er die Tierwohlplakette von Grünen-Landwirtschaftsminister Cem Özdemir ("jetzt ist nicht die Zeit für künstliche Verteuerung"). Im t-online-Interview schließt Lindner schnelle weitere Entlastungen für die Bürger aus und pocht darauf, die Schuldenbremse ab dem kommenden Jahr einzuhalten – prompt sagt SPD-Chefin Saskia Esken das Gegenteil und stellt die Schuldenbremse infrage.

Auch an anderer Stelle sind die Haarrisse in der Koalition zu erkennen. Der Kanzler verwehrt FDP-Mann Volker Wissing, der sich Bundesminister für Digitales und Verkehr nennt, die alleinige Zuständigkeit für den Digitalbereich: Dem "Handelsblatt" zufolge soll stattdessen Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt (SPD) die Digitalisierung der verstaubten deutschen Verwaltung koordinieren. Darin kann man durchaus eine Schmach für die Liberalen sehen, die sich in Wahlkämpfen gern als digitale Speerspitze gerieren.

Sogar der grüne Überflieger Robert Habeck bekommt Gegenwind. Das Medienecho auf den verpufften Tankrabatt ist miserabel: Klappt nicht, hilft nicht, bringt nichts. Eilig will der Wirtschaftsminister deshalb das Kartellrecht verschärfen. Künftig soll der Staat bei Firmen auch ohne einen Nachweis von Marktmissbrauch Gewinne abschöpfen und Konzerne zerschlagen können. Was aus Verbraucherperspektive auf den ersten Blick gerecht erscheinen mag, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Murks. Rechtsstaatliche Regeln beugen und den Staatsdirigismus ausweiten, weil ein verkorkstes Subventionsprogramm nicht funktioniert? Darauf muss man erst mal kommen.

Die Ampelkoalition muss sich an ihren eigenen Vorhaben messen lassen. Sie will Deutschland erklärtermaßen zu einem klimaneutralen Land umbauen, in dem die öffentlichen Angebote allerorten gut funktionieren. Doch anstatt alle Kraft in die nachhaltige Verbesserung des maroden Schienenverkehrs zu investieren, wirft sie für kurzfristige Aktionen wie den Tankrabatt und das 9-Euro-Ticket mehr als fünf Milliarden Euro aus dem Fenster.

Nun ärgern sich die Minister Habeck und Lindner darüber, dass geschieht, was vorher bereits prognostiziert worden ist: Nichts funktioniert so richtig. Die Züge sind überfüllt, verspätet oder fallen aus. Die Steuermilliarden für günstigeren Sprit kommen nicht bei den Autofahrern an, sondern päppeln die Mineralölkonzerne. Das bestehende Kartellrecht bietet keinen Hebel, um die Ölkonzerne zu gängeln, auch das war vorher schon klar. Dass Habeck nun Verschärfungen plant und Lindner ihm applaudiert, ist nicht mehr als hektischer Aktivismus in der Hoffnung, die Öffentlichkeit zu besänftigen. Der Grünen-Minister schiebt den Schwarzen Peter einfach weiter, statt die eigentlichen Probleme zu lösen. Mit verantwortungsbewusstem Regierungshandeln haben solche Manöver wenig zu tun. Weil das auch viele Bürger merken, nimmt der Druck auf die Regierung zu. Und unter Druck entstehen Risse.


Was steht an?

In Frankreich werden die Ergebnisse der gestrigen Parlamentswahl analysiert. Noch sind allerdings nicht alle 577 Sitze in der Nationalversammlung vergeben. Der zweite Wahlgang am kommenden Sonntag ist entscheidend. Falls es dem kürzlich wiedergewählten Präsidenten Emmanuel Macron nicht gelingt, sich wieder eine Parlamentsmehrheit zu sichern, beginnt in unserem Nachbarland eine schwierige Zeit der politischen "Cohabitation" zweier rivalisierender Lager.


Das britische Parlament diskutiert über den umstrittenen Gesetzentwurf zur Brexit-Regelung für Nordirland: Die Regierung von Premier Boris Johnson will das Nordirland-Protokoll ändern, das sie mit der Europäischen Union abgeschlossen hat. Die Regelung soll eine harte Grenze zum EU-Mitglied Irland verhindern, allerdings ist dadurch eine Zollgrenze zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs entstanden. Das empfinden die Brexit-Aktivisten als Zumutung. Sollte London das Protokoll tatsächlich einseitig aufheben, droht ein Handelskrieg mit der EU. Den brauchen wir jetzt echt nicht auch noch.


Die katholische Kirche macht nur noch Schlagzeilen mit Skandalen. Am Vormittag stellen Wissenschaftler ihre Studienergebnisse zum sexuellen Missbrauch im Bistum Münster vor. Unterdessen wird das Bistum Speyer vom Kirchenaustritt eines langjährigen Generalvikars erschüttert: Andreas Sturm galt als Reformer, hat sich aber frustriert abgewendet und ein Buch über die schleppende Aufarbeitung des Missbrauchsskandals und den Reformstau in Rom geschrieben.


Kanzler Scholz trifft sich mit den ostdeutschen Ministerpräsidenten. Es geht darum, wie die Bundesländer trotz der Energieprobleme angemessen versorgt und gefördert werden können. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reist noch weiter gen Osten: Es geht nach Singapur und Indonesien.


In Heidelberg präsentieren Astronomen den ersten "galaktischen Zensus": Acht Jahre lang haben sie mit dem Observatorium "Gaia" den Weltraum durchstöbert und präzise die Positionen aller für den Satelliten sichtbaren Himmelsobjekte aufgelistet. So soll eine möglichst genaue Karte unserer Milchstraße entstehen. Ich bin sicher: Irgendwann finden wir da draußen eine gewaltige Überraschung.


Vor dem morgigen Spiel gegen Italien steht die deutsche Fußballnationalmannschaft unter Druck: In den letzten vier Partien reichte es nur für ein Unentschieden. Neben der löchrigen Abwehr offenbart das DFB-Team eine weitere eklatante Schwäche, berichtet unser Reporter Noah Platschko.


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EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat am Wochenende überraschend erneut die Ukraine besucht. Präsident Selenskyj wünscht sich, dass sein Land im Schnellverfahren in die Europäische Union aufgenommen wird. Warum dieser Wunsch auf keinen Fall erfüllt werden sollte, erklärt unser Kolumnist Christoph Schwennicke.


Ein kleines Unternehmen aus der Eifel ist Weltmarktführer bei der Erkennung von Drohnen. Die deutsche Technologie spielt in der Ukraine eine große Rolle. Meine Kollegen Lars Wienand, Hanna Klein und Adrian Röger haben einen exklusiven Einblick hinter die Kulissen der Firma erhalten.



Ich gestehe: Ich habe eine große Schwäche. Sie heißt Kiss. Die Rockband aus New York begeistert mich seit meiner Jugend. Nun gastieren die alten Herren auf ihrer Abschiedstournee zum letzten Mal in Deutschland. Mein Kollege Sebastian Berning hat Frontmann Paul Stanley zum Interview getroffen. Und ich gestehe: Ich bin ein bisschen neidisch.


Was amüsiert mich?

Manchmal erfährt man die Wahrheit erst kurz vor knapp.

Ich wünsche Ihnen trotzdem einen schönen Tag.

Herzliche Grüße

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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