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Transnistrien: Marschiert Putin in das nächste Land ein?


Weitere Eskalation in Osteuropa?
"Zeichnet sich ab, wovor viele seit Jahren warnen"

Von t-online, cc

Aktualisiert am 29.02.2024Lesedauer: 4 Min.
Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu (2.v.l.) mit Rekruten und Offizieren im Theater in Moskau.Vergrößern des Bildes
Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu (2.v.l.) mit Rekruten und Offizieren im Theater in Moskau. (Quelle: IMAGO/Vadim Savitsky)

Mehrere deutsche Außenpolitiker warnen vor einer weiteren Eskalation durch den Kreml. Der Schauplatz ist eine kleine Region an der ukrainischen Grenze.

Wiederholt sich in Transnistrien die Geschichte? Der kleine Landstrich an der Grenze zur Ukraine und Moldau wird von 350.000 Einwohnern bewohnt und sieht sich von der moldauischen Zentralregierung in Chișinău als unabhängig. Nun will die seit 1992 abtrünnige Region offenbar einen Anschluss an Russland erwirken. Der Kreml unterstützt das separatistische De-facto-Regime seit drei Jahrzehnten, hat dort reguläre Truppen stationiert, zudem sollen sich Tausende moskautreue Paramilitärs in Transnistrien aufhalten.

Die Bundesregierung hat nun ihre Unterstützung für eine Lösung des Transnistrien-Konflikts bekräftigt. Grundlage dafür sei die moldauische Souveränität, erklärte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts am Mittwoch. "Das Ziel ist eine Lösung des Konflikts auf Basis der territorialen Integrität und Souveränität von Moldau."

Die Separatisten hatten Moskau am Mittwoch in einer Erklärung offiziell um "Schutz" vor der Regierung in Chișinău gebeten. Die Sache ist politisch heikel. Beobachter befürchten, dass in Transnistrien eine neue Front im Konflikt Russlands mit der Ukraine eröffnet werden könnte. Es droht die nächste militärische Eskalation durch Russlands Diktator Wladimir Putin.

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen verweist auf ein solches Szenario. "In der moldauischen Region Transnistrien zeichnet sich ab, wovor viele seit zwei Jahren warnen: Nämlich, dass der Krieg sich ausweitet. Auch in den Grenzgebieten der Ukraine hatten russlandtreue Separatisten Moskau zunächst um Hilfe gebeten, bevor es zur Annexion durch Russland kam", sagte Röttgen der "Rheinischen Post".

Kreml spricht von "Schutz unserer Landsleute"

Die Parallelen zum völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine sind in der Tat frappierend. So unterstützte Putin die separatistischen Bewegungen in den Regionen Donezk und Luhansk, bevor er schließlich den Angriff auf das gesamte Nachbarland befahl und die russischen Streitkräfte in die Ukraine einmarschieren ließ. Dieses Vorgehen könnte die Blaupause für Transnistrien sein.

Video | Zwei Jahre Krieg in der Ukraine: So enorm sind die Verluste
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Quelle: t-online

Der transnistrische Oppositionsführer Gennadi Tschorba hält es für "sehr wahrscheinlich", dass die Separatisten in Kürze den Beitritt zu Russland beantragen werden. Dies könnte unmittelbar vor der Rede zur Lage der Nation geschehen, die Russlands Präsident Wladimir Putin am Donnerstag vor dem russischen Parlament halten wird. Der US-Thinktank ISW warnte unter Bezug auf Geheimdiensterkenntnisse bereits vor einigen Tagen davor, dass pro-russische Separatisten ein Referendum zur Annexion Transnistriens an Russland auf den Weg bringen könnten.

Während die moldauische Regierung die Aussagen der pro-russischen Separatisten über angeblichen "Druck" aus Chișinău als "Propaganda" zurückwies, kamen aus Moskau sogleich ganz andere Töne. Demnach ließ das Regime von Machthaber Wladimir Putin wissen, dass es über die Lage in Transnistrien besorgt sei. Russische Nachrichtenagenturen zitierten am Mittwoch das Außenministerium in Moskau mit den Worten: "Der Schutz der Interessen der Bewohner Transnistriens, unserer Landsleute, ist eine der Prioritäten."

Transnistrien und seine Regierung wird nur von Russland anerkannt. Die übrigen Staaten sehen in der Region einen Teil der Republik Moldau. Etwa ein Viertel der Menschen dort sind Russen, knapp 30 Prozent sind Ukrainer und die übrigen Bewohner des knapp 20 Kilometer breiten Landstreifens überwiegend Moldauer.

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Röttgen: "Müssen dafür sorgen, dass Russland scheitert"

Moldau hat eine pro-europäische Regierung und bekam von der EU bereits den Status als Beitrittskandidat verliehen. Diese Entwicklung hält der Kreml laut ISW für ebenso "inakzeptabel", wie es das Assoziierungsabkommen der Ukraine mit der EU im Jahre 2014 als "katastrophal" brandmarkte.

CDU-Außenexperte Röttgen verknüpft das Schicksal Moldaus nun direkt mit dem der Ukraine. Er fordert die westlichen Verbündeten auf, dem Alleinherrscher in Moskau die Stirn zu bieten. "Umso schwächer der Westen in seiner Unterstützung der Ukraine auftritt, desto sicherer fühlt sich Putin in seinen imperialistischen Bestrebungen. Um diesen Prozess zu stoppen, müssen wir dafür sorgen, dass Russland in der Ukraine scheitert", sagte der CDU-Politiker.

Auch der SPD-Außenpolitiker Michael Roth hat angesichts der Lage in Transnistrien vor einer Ausweitung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gewarnt. "Die dramatischen Entwicklungen in Moldau zeigen, dass der russische Imperialismus nicht allein auf die Ukraine beschränkt ist", sagte er der "Rheinischen Post". "Während Europa abermals streitet und gespalten ist, eskaliert Russland munter weiter. Putin will mehr und nimmt nun auch Moldau ins Visier."

Ehemaliger KGB-Agent ist einer der mächtigsten Drahtzieher

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Moskau unterstützt die Wirtschaft Transnistriens, indem es kostenlos Gas liefert. Die Region gilt seit langem als Schmugglerparadies. Vom Hafen im nahen Odessa gelangen über die ukrainische Grenze Zigaretten, Alkohol und andere Waren dorthin.

Die Sheriff-Gruppe, eine riesige Holding, die von zwei ehemaligen sowjetischen Polizisten gegründet wurde, hat das Gebiet fest im Griff und besitzt dort Supermärkte, Tankstellen, eine Cognac-Destillerie und eine Kaviarfarm. Ein Drittel des transnistrischen Haushalts lande in den Kassen von Sheriff, berichtete 2015 die investigative Nachrichtengruppe RISE Moldova. Lesen Sie hier ein Porträt des mächtigen transnistrischen Oligarchen Viktor Gushan.

Zur Sheriff-Gruppe gehört auch der Männer-Profifußballklub FC Sheriff aus der De-facto-Hauptstadt Tiraspol – der im September 2021 in der Champions League einen sensationellen Sieg gegen das spanische Top-Team Real Madrid feierte.

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