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Aschaffenburg: So lief der Protesttag


"Bürgerinitiative Franken" ruft zu Demo auf
So lief der Protesttag in Aschaffenburg


25.06.2023Lesedauer: 3 Min.
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Die Organisatoren haben die Landwirte aus der Region aufgerufen, mit Traktoren und schweren Landmaschinen zur Demonstration zu kommen.Vergrößern des Bildes
Die Organisatoren haben die Landwirte aus der Region aufgerufen, mit Traktoren und schweren Landmaschinen zur Demonstration zu kommen. (Quelle: Christoph Söller)

Über tausend Menschen demonstrieren in Aschaffenburg unter dem Motto "Grüner Wahnsinn – ohne mich". Zahlreiche Landwirte sind gekommen – doch um Landwirtschaft geht es kaum.

Nein, er ist sich sicher, der Putin konnte gar nicht anders als die Ukraine anzugreifen, der wurde in die Enge getrieben, das läge alles an der Nato. Eine Gruppe von Männern ist sich einig, Deutschland solle sich raushalten aus dem Krieg und überhaupt, die Außenministerin habe ja keine Ahnung. Dann blicken sie vor zur Bühne, gleich spricht der erste Redner.

Im Schatten des Schlosses Johannisburg, dem Wahrzeichen von Aschaffenburg, haben sich etwa 1.500 Menschen versammelt, die "Bürgerinitiative Franken" hat zu einer Kundgebung aufgerufen, Motto: "Grüner Wahnsinn – ohne mich". Die Sonne knallt unerbittlich auf den Schlossplatz, auf dem es kaum Schatten gibt. Einige Flaggen mit Friedenstauben sind zu sehen, ebenso wie rot-weiße Frankenfahnen. Auf einer kleinen Bühne sprechen Landwirte aus der Region, aber auch aus Baden und Schweinfurt sind Redner angereist.

Ihre Redebeiträge sind eine wilde Mischung, in denen es um das Handelsabkommen der EU mit Brasilien geht, um die Wolfspopulation im Spessart, um links-grüne Medien und dass Fleischkonsum zur persönlichen Freiheit eines jeden Einzelnen gehört. Ein Landwirt namens Simon, der sich als Mitglied im Bayerischen Bauernverband und in der CSU outet, kritisiert vermeintliche Verbotsorgien der Grünen, etwa, dass bald nur noch zehn Gramm Fleisch im Monat erlaubt seien. "Da ist bei mir montags nach der Mittagspause meine Monatsration schon aufgebraucht", ruft er in die Menge.

Dass ein Verbot von Fleisch in der Bundesregierung nie zur Debatte stand, spielt für den Landwirt scheinbar keine Rolle, an diesem Nachmittag geht es ohnehin wenig um Fakten, aber viel um Empfindungen und Meinungen.

Die Demonstranten sind überwiegend Männer, sie tragen Sticker mit Sprüchen, die gegen die Grünen gerichtet sind. Auf manchen Schildern geht es um den "Great Reset", die Verschwörungserzählung, eine geheime Elite wolle eine neue Weltordnung installieren. Auch blaue T-Shirts der AfD sind zu sehen. Manche Redner haben sich vorbereitet, referieren über zu viele Quoten und Vorschriften, die ihren Arbeitsalltag als Landwirte erschweren, sie sagen, die Lage sei dramatisch. Sie sind enttäuscht von Politikern wie dem Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und Wirtschaftsminister Habeck, die die Lebenswirklichkeit der Bauern, ihre Sorgen und Probleme nicht kennen würden.

Gegenveranstaltung in Aschaffenburg

Andere, die auf der Bühne das Wort ergreifen, reden ohne jeden Zusammenhang, einer fordert, alle müssten "weg, die schuldig sind, an den Verbrechen in unserem Land!" Was oder wen er meint, bleibt offen. Dann setzt sich der Protestzug in Bewegung. Die Organisatoren haben die Landwirte aus der Region aufgerufen, mit Traktoren und schweren Landmaschinen zu kommen. Also rollen jetzt tonnenschwere Gefährte durch die Stadt und sorgen für beeindruckende Bilder einer Protestaktion, die alles in allem ziemlich inhaltsleer bleibt und bei der man auf konstruktive Vorschläge vergebens hofft.

Nur ein paar hundert Meter Luftlinie entfernt findet die Gegenveranstaltung "Aschaffenburg bleibt bunt" statt, zu der die Grünen, die SPD und Kulturschaffende aufgerufen haben. Etwa 500 Menschen haben sich vor dem Theater versammelt, viele jungen Menschen sind gekommen, aber auch "Omas gegen Rechts". Hier ist man sich einig: Der Protest der "Bürgerinitiative Franken" schadet dem Ansehen der Stadt. Der CSU-Landtagsabgeordnete und Aschaffenburger CSU-Chef Winfried Bausback hat bereits im Vorfeld gesagt, es gäbe "genügend Hinweise, dass hier demokratiefeindliche Kräfte mit am Werk sind". Er und seine Partei beteiligen sich dennoch nicht an den Gegenkundgebungen, ebenso wenig wie die FDP und die Freien Wähler.

Für Mitinitiator Axel Teuscher vom Hofgarten-Kabarett eine Enttäuschung, ebenso wie die Abwesenheit des Aschaffenburger Oberbürgermeisters Jürgen Herzings (SPD). Jeder dürfe hierzulande seine Meinung haben und vertreten, sagt Teuscher, aber Populisten und Faschisten müsse man mutig entgegentreten. Zum Abschluss zitiert er ein afghanisches Sprichwort: "Die Mutter der Dummen ist immer schwanger." Dafür erntet er Lachen und Applaus.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen vor Ort
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