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Airport Nürnberg: Flughafenchef Michael Hupe versteht Ryanair und Lufthansa


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Flugstreichungen in Deutschland
Nürnberger Flughafenchef: "Das zahlt sich jetzt aus"

InterviewVon Daniel Salg

06.11.2024Lesedauer: 5 Min.
Michael HupeVergrößern des Bildes
Michael Hupe ist Geschäftsführer des Nürnberger Flughafens (Archivbild): Er stimmt der Kritik der Fluggesellschaften in vielen Punkten zu. (Quelle: dpa)
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Mehrere Fluggesellschaften dünnen ihren Flugplan in Deutschland radikal aus. Der Chef des Nürnberger Airports hat volles Verständnis dafür.

Seit Monaten ätzt die Billigairline Ryanair wegen angeblich zu hoher Steuern gegen die deutsche Regierung. Es folgten zahlreiche Streichungen: An einigen Flughäfen schließt die Airline ihre Standorte komplett, an anderen reduziert sie ihre Kapazität stark.

Andere Fluggesellschaften wie die Lufthansa-Gruppe oder Condor schlagen ähnliche Töne an – wenn auch weniger radikal. Auch sie haben angekündigt, ihren Flugplan ausdünnen zu wollen. Der Nürnberger Flughafen ist davon bislang kaum betroffen – dennoch spricht Flughafenchef Michael Hupe im Gespräch mit t-online von "alles andere als guten Rahmenbedingungen".

t-online: Herr Hupe, Sie haben ein Ziel in 700 Kilometern Entfernung. Wie kommen Sie hin – Autobahn, Zug oder Flieger?

Michael Hupe: Na, bei 700 Kilometern ist die Antwort ziemlich eindeutig. Da nehme ich den Flieger.

Wird das auch in 20 Jahren noch so sein?

Das werde ich vermutlich erst in ein paar Jahren beantworten können. Die Frage ist doch, wie das Angebot sein wird. Heute ist das Angebot auf der Schiene schlecht. Wenn in zehn oder zwanzig Jahren das Schienennetz in Deutschland so ertüchtigt sein wird, dass es attraktive Bahnverbindungen gibt, habe ich nichts gegen Zugfahren. Ein gutes Beispiel ist die ICE-Schnellstrecke zwischen Nürnberg und Berlin, da hat sich der Zug durchgesetzt. Ob das in 20 Jahren auch auf längeren Strecken gilt, werden wir sehen.

Dr. Michael Hupe
Dr. Michael Hupe (Quelle: Daniel Salg)

Zur Person

Dr. Michael Hupe ist seit November 2013 der Geschäftsführer des Nürnberger Flughafens. Vorher leitete er den Flughafen in Dresden. Geboren ist Hupe 1964 in Seattle in den USA.

Ryanair, die Lufthansa-Gruppe und Condor streichen in Deutschland reihenweise Flüge. In Nürnberg fallen nur vereinzelt Verbindungen weg. Ist das Zufall oder machen Sie etwas besser als andere Flughäfen?

Wir wissen noch gar nicht, ob überhaupt Ziele wegfallen. Die Airlines sind noch in den Planungsphasen, das kann sich bis Weihnachten hinziehen. Wir sind optimistisch, dass die eine oder andere Verbindung, die momentan nicht buchbar ist, in den nächsten Wochen wieder freigeschaltet wird. Ich würde die Flinte da noch nicht ins Korn werfen.

Aber warum wird in Berlin, Hamburg und Co. gestrichen – nicht aber in Nürnberg?

Wir haben die Standortkosten schon seit der Pandemie im Fokus. Da geht es zum Teil auch um die Luftsicherheitsgebühren. Die liegen bei uns pro Passagier noch unter zehn Euro. An vielen kleineren Flughäfen steigen sie 2025 auf bis zu 15 Euro. Fünf Euro mehr pro Passagier ist für eine Airline sehr, sehr viel Geld. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass Ryanair Standorte wie Dortmund, Leipzig oder Dresden streicht. Das zweite Thema ist die Luftverkehrssteuer, die uns alle trifft – standortunabhängig. Da hilft uns, dass wir die Flughafenentgelte zuletzt nur moderat erhöht haben. Wir wollen ein faires Miteinander mit den Airlines haben, das zahlt sich jetzt aus.

Der Nürnberger Flughafen von oben (Archivbild): Auf dem Vorfeld wird es während der Ferien voller als im Vorjahr.
Der Nürnberger Flughafen von oben. (Quelle: Flughafen Nürnberg / Christian Albrecht)

Ticketsteuer im Luftverkehr

Zum 1. Mai 2024 ist die Ticketsteuer im Luftverkehr Deutschland gestiegen. Die Höhe ist gestaffelt nach Entfernung. Für Flüge innerhalb der EU werden 15,53 Euro fällig. 2023 waren es noch 12,73 Euro. Für Flugreisen mit mehr als 6.000 Kilometer Entfernung sind es sogar 70,83 Euro statt wie zuvor 58,06 Euro. Die Luftverkehrssteuer wurde in Deutschland einst als Klimaschutzmaßnahme eingeführt. Zuletzt wollte die Ampelregierung mit den höheren Einnahmen jedoch auch Löcher im Haushalt stopfen.

Ryanair ist in seiner Rhetorik sehr scharf. Die Fluggesellschaft fordert die Regierung auf, die Luftverkehrssteuer sofort zu senken. Ansonsten wollen die Iren ihr Angebot sogar noch weiter reduzieren. Ist das nachvollziehbar für Sie?

Vollkommen. Das ist ja auch keine Kritik, die nur von Ryanair kommt. Der Bundesverband der Deutschen Luftfahrt (BDL), dessen Vorsitzender mit Jens Bischof der Geschäftsführer von Eurowings ist, stößt ins gleiche Horn. Sie müssen sich vorstellen, der europäische Luftraum ist ein freier Markt, aber die Wettbewerbsbedingungen sind extrem unterschiedlich. Es gibt Länder, da zahlt man gar keine Luftverkehrssteuer. Andere Länder erhöhen sie. Das hat sofort massive Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation. Besonders deutlich wird das an Flughäfen in Grenznähe – zuletzt beispielsweise in der Nähe zu den Niederlanden. Wenn die Luftverkehrssteuer dort niedriger als hierzulande ist, fliegen die Leute von Maastricht und Amsterdam. Jetzt wollen die Niederländer die Steuer erhöhen, dann werden die Passagiere auf einmal zurück nach Weeze, Düsseldorf oder Münster kommen. Sowohl die Fluggäste als auch die Airlines schauen, wo die Rahmenbedingungen am besten sind. Und in Deutschland sind sie gerade alles andere als gut.


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Die Rahmenbedingungen in Deutschland sind alles andere als gut.


Michael Hupe, Geschäftsführer Airport Nürnberg


Spüren Sie das auch in Nürnberg? Prag liegt ja nicht weit weg.

Die Bayern und Sachsen fliegen in der Tat auch gerne ab Prag. Unsere Kollegen in Dresden spüren das ganz massiv. Auch wir gehen davon aus, dass wir den einen oder anderen Passagier verlieren – vor allem, was Billigflüge angeht. In anderen Segmenten werden die Folgen für uns überschaubar sein. Was Pauschalreisen betrifft, sind wir deutlich besser aufgestellt als unsere Kollegen in Tschechien.

Drohen Ihnen Low-Cost-Airlines wie Ryanir oder Wizz Air offen damit, aus Nürnberg abzuwandern, wenn die Preise hier steigen?

Das Thema bringen die Fluggesellschaften in den Gesprächen definitiv mit auf den Tisch. Die Airlines vergleichen die Standortkosten europaweit, und wir gehen mit einem 25 Kilo schweren Rucksack auf dem Rücken gegen Polen, Schweden und Spanien ins Rennen.

Es gab lange einen Konsens darüber, dass Flüge – gerade mit Blick auf den Klimawandel – zu billig sind. Ist es dann nicht falsch, jetzt über die Steuern zu schimpfen?

Na ja, wenn die Steuer so eingesetzt würde, wie es die Bundespolitik uns mal vor zwei, drei Jahren angekündigt hat, könnten wir mit ihr leben. Damals hieß es, dass die Einnahmen genutzt werden, um die Kapazitäten zur Produktion von nachhaltigen Kraftstoffen hochzufahren. Das ist sinnvoll, doch von der Zusage ist nichts übrig geblieben. Die Airlines haben das Problem, dass Kerosin nicht einfach ersetzbar ist. Sowohl wasserstoffbasiertes als auch elektrisches Fliegen sind noch weit von der Massentauglichkeit entfernt. Damit die Luftfahrt CO2-neutral werden kann, müsste massiv in nachhaltige Kraftstoffe investiert werden.

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Macron s visit to mark the two years of the France 2030 investment plan - Toulouse dismantling of an AIRBUS A380 for tests using a new type of fuel « 100% sustainable aviation fuel on board » during a french president visit to mark the two years of the France 2030 investment plan at the Airbus site in Toulouse, south-western France, on December 11, 2023. Photo by Eliot Blondet ABACAPRESS.COM Toulouse France PUBLICATIONxNOTxINxFRAxESPxUKxUSAxBELxPOL Copyright: xBlondetxEliot ABACAx (Quelle: IMAGO/Blondet Eliot/ABACA/imago)

Nachhaltige Kraftstoffe im Luftverkehr

Unter Sustainable Aviation Fuels (SAF) versteht man Flugkraftstoffe, die ohne Verwendung von fossilen Ausgangsmaterialien wie Erdöl hergestellt werden. Die Lufthansa setzt nach eigenen Angaben beispielsweise Kraftstoff ein, der aus Speiseölresten gewonnen wird. So lasse sich der CO2-Fußabdruck gegenüber herkömmlichem Kerosin deutlich verkleinern. Allerdings seien SAF viel teurer und zudem bei Weitem nicht in ausreichender Menge vorhanden, so die Airline.

Also ist das Problem weniger die Steuererhöhung als die mangelnde Unterstützung.

Es geht um zwei Dinge. Um die Produktion von nachhaltigen Kraftstoffen hochzufahren, braucht die Luftfahrt Hilfe von der Politik. Es gibt zwar viele Forschungsvorhaben, aber keine großen Produktionsanlagen. Das andere sind die schon angesprochenen Wettbewerbungsbedingungen in Europa. Wir sollten nicht vergessen: Wenn Ryanair zehn oder zwölf Flugzeuge aus Deutschland zurückzieht, dann ist noch kein Gramm Kohlendioxid eingespart. Die Flugzeuge fliegen an anderer Stelle in Europa einfach weiter.


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Es ist noch kein Gramm Kohlendioxid eingespart.


Michael Hupe, Geschäftsführer Airport Nürnberg


Was sollte die Regierung also tun?

Fakt ist, wir haben einen maßgeblichen Wettbewerbsnachteil. Das kostet bei den Fluggesellschaften und an den Flughäfen Arbeitsplätze. Dazu kommt, dass Deutschland an Konnektivität verliert. Das schadet auch der Industrie. Die Politik sollte sich fragen, ob die Probleme in der Luftfahrt nicht auch ein Grund dafür sind, dass die Wirtschaft nicht wächst. Schweden hat die Luftverkehrssteuer wieder abgeschafft, Deutschland sollte zumindest über eine Reduktion nachdenken.

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Gibt es den Nürnberger Flughafen in 20 Jahren noch, wenn nichts geschieht?

Die Metropolregion ist für Fluggesellschaften ein attraktiver Standort. Noch sind wir in der Lage, das Angebot halbwegs stabil zu halten, auch wenn es uns immer schwerer fällt. Der Bedarf ist aber da. Die Urlaubsflüge waren diesen Sommer sensationell gut gebucht. Auch das Thema "Visiting Friends and Relatives" wird für uns immer wichtiger, insbesondere mit Flügen Richtung Osteuropa und Türkei. Dazu kommen die katalytischen Effekte für die Region. Ohne einen Flughafen würde sich hier keine Industrie ansiedeln. Auch die Messe könnte ihr Geschäft ohne den Flughafen nicht machen. Ich glaube ohne jeden Zweifel an seine Existenzberechtigung.

Herr Hupe, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Michael Hupe
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