Krise beim FC Bayern | Hasan Salihamidzic' Trumpf namens Uli Honeß

Beim FC Bayern ist Oliver Kahn aufgrund der sportlichen Krise angezählt. Der Name von Hasan Salihamidzic fällt dabei seltener. Warum?

Die Niederlage in Mainz war der nächste Tiefschlag für den FC Bayern. Vier Pflichtspiele in Serie gab es nun keinen Sieg für den deutschen Rekordmeister. Im DFB-Pokal und der Champions League spielen die Münchner nicht mehr mit. Die Tabellenführung in der Bundesliga hat Borussia Dortmund übernommen. Es droht eine Saison ohne Trophäen zu werden.

Da ist es wenig überraschend, dass die Führungsriege der Bayern in der Kritik steht. Beim Champions-League-Rückspiel gegen Manchester City am Mittwoch kritisierten die Ultras die Chefetage des Vereins. "Ziele dürfen verfehlt werden – Werte des Vereins nicht! Führungspolitik hinterfragen!", stand auf einem Plakat in der Südkurve.

Der Druck auf die beiden Hauptverantwortlichen der sportlichen Lage, Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic, steigt. Vorstandschef Kahn steht dabei im Fokus der Kritik. Mehrere Medien berichten, dass der 53-Jährige angezählt sei. Zuerst hatte der norwegische Ex-Profi Jan Aage Fjörtoft vermeldet, dass Kahns Job in Gefahr sei. In den folgenden Stunden und Tagen bestätigten andere Medien die Informationen Fjörtofts. Präsident Herbert Hainer dementierte die Meldungen jedoch kurze Zeit später. Der Deutschen Presse-Agentur sagte er: "Nein, diese Gerüchte stimmen nicht."

Nach dem 1:3 in Mainz am Samstag nahm die Debatte neue Fahrt auf. Die "Bild"-Zeitung sprach am Sonntag zuerst von Gerüchten, dass Kahns Aus schon zeitnah kommen könnte. Kurze Zeit später hieß es vom gleichen Medium, dass eine Entscheidung erst am 22. Mai fallen soll, wenn der Aufsichtsrat tagt.

Neuer Vertrag dank Transfer-Sommer

Was bei all den Diskussionen rund um Kahn auffällt: Der Name von Hasan Salihamidzic wird kaum genannt, auch wenn der "Kicker" am Montag darüber berichtete, dass es intern Zweifel darüber gebe, ob Salihamidzic dem Posten als Sportvorstand gewachsen ist. Salihamidzic scheint im Vergleich zu Kahn insgesamt aber weniger zur Debatte zu stehen. Das muss nichts heißen, denn die Quelle für die Gerüchte um Kahn ist der Öffentlichkeit nicht bekannt. Intern könnte die Lage anders aussehen.

Zudem war Salihamidzic bereits im vergangenen Sommer angezählt. Erst mit den signalstarken Transfers von Sadio Mané (FC Liverpool) und Matthijs de Ligt (Juventus Turin) sowie teuren Spielerverkäufen wie Robert Lewandowski (FC Barcelona) oder Tanguy Nianzou (FC Sevilla) erkämpfte er sich etwas Ruhe um seine Person – und einen neuen Vertrag. Ende August gab der FC Bayern bekannt, dass Salihamidzics Arbeitspapier bis 2026 verlängert wird.

Doch eben jene Transferpolitik ist es, die jetzt kritisiert wird. Ein Mittelstürmer von Weltklasseformat fehlt. Auch ein defensiver Mittelfeldspieler der Marke "Kämpfer" wird vermisst. Und die von Kahn und Salihamidzic getroffene Entscheidung der Freistellung Julian Nagelsmanns als Cheftrainer des FC Bayern wird kritisiert, da der erhoffte Effekt ausblieb und sich die Lage sogar verschlechtert hat.

Hoeneß' Lobeshymnen auf Salihamidzic

Doch Hasan Salihamidzic hat einen Trumpf namens Uli Hoeneß. Der langjährige Präsident ist großer Befürworter des Bosniers, hat ihn 2017 ins Amt berufen und ihn seitdem immer wieder lautstark verteidigt und gelobt:

• "Er hat jetzt Mut, wirklich sehr offensiv nach vorne zu gehen. Das gefällt mir natürlich besonders gut. Muss ja irgendeiner auch übernehmen." ("Bild", Dezember 2018)
• "Hasan hat einen guten Job in diesem Jahr gemacht, ich darf daran erinnern, dass die Transfers von Pavard, Hernández und nicht zuletzt Davies allein auf seinem Mist gewachsen sind." (Sport1-"Doppelpass", November 2019)
• "Als wir sechs Titel gewonnen haben, habe ich keinen gehört, der gerufen hat: 'Hasan, Hasan!' Jetzt, wo wir die Champions League nicht gewinnen, ist er allein verantwortlich. Das kann nicht sein." (Meisterfeier des FC Bayern, Mai 2022)
• "Der Sadio ist sowieso der Hammer. Als Hasan den Transfer im Aufsichtsrat erwähnt hat, habe ich gesagt: 'Wenn wir den kriegen, könnt ihr ihn ohne unsere Erlaubnis kaufen.' Dass der Hasan das geschafft hat, ist ein Meisterwerk." ("Sport Bild", August 2022)

Auch wenn Hoeneß seit einigen Jahren nur noch Mitglied des Aufsichtsrats ist, hat sein Wort im Verein noch immer Gewicht. In der aktuellen Krise ist sogar mehrfach sein Name gefallen, als es um eine kurzfristige Lösung im Falle eines Kahn-Abschieds ging. "Uli ist sicher der Erste, der helfen würde, wenn sie ihn wieder einbeziehen würden", sagte beispielsweise Ex-Profi Dietmar Hamann der "Abendzeitung". Von alledem profitiert Salihamidzic.

Lothar Matthäus: "Es muss gar keiner gehen"

Über Kahn gibt es diese Menge an Lobeshymnen von Hoeneß nicht. Das passt zu den Informationen Jan Aage Fjörtofts, nach denen nur Salihamidzic als "Hoeneß' Mann" gilt.

Frei von der Kritik ist er nicht. Doch wenn am Ende die Entscheidung lautet, dass als Reaktion auf die aktuelle Saison nur einer der beiden gehen müsse, hätte Salihamidzic wohl die besseren Karten.

Wenn es nach Lothar Matthäus geht, gibt es aber auch noch die Option, dass das Führungsduo den Sommer übersteht. Am vergangenen Donnerstag sagte er bei RTL im Rahmen des Europa-League-Spiels von Bayer Leverkusen: "Es muss gar keiner gehen, aber es müssen die Fehler, die gemacht worden sind, abgestellt werden." Wenn diese Fehler abgestellt würden, "dann ist Bayern München eine der besten Mannschaften auf der ganzen Welt."

Und dann wahrscheinlich auch wieder nach 29 Spieltagen Bundesliga-Tabellenführer.