FC Bayern | Frans Krätzig: der neue "Kaiser" begeistert Thomas Tuchel

Der nächste Youngster startet beim FC Bayern durch. Nach seinem Liga-Debüt feiert Frans Krätzig im Pokal seine Torpremiere. Tuchel schwärmt in den höchsten Tönen.

Die Entdeckung der Saison und der neue Shootingstar beim FC Bayern? Das ist zweifellos der 18 Jahre alte Mathys Tel, der sich mit fünf Treffern und zwei Assists in den ersten acht Pflichtspielen dieser Saison bereits einen Namen gemacht hat. Doch der Franzose ist nicht der einzige junge Spieler, der sich mit seinen Toren momentan beim Rekordmeister aus der zweiten Reihe in den Vordergrund spielt und schießt.

Eine der Entdeckungen dieser Spielzeit ist nämlich definitiv auch er: Frans Krätzig. Nachdem er Ende September beim 7:0 gegen Bochum sein Debüt für die erste Mannschaft feiern durfte, kam er anschließend beim 4:0 im Pokal in Münster nach elf Minuten für den verletzten Serge Gnabry (Unterarmbruch) ins Spiel. Der Youngster kam im Mittelfeld zum Einsatz und trat dabei genauso frech und forsch auf wie schon im gesamten Sommer. Mit seinem Treffer zum 3:0 in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit feierte der Blondschopf sogar seine Torpremiere.

Am Mittwochabend feierte er nun seine Startelf-Premiere für Bayern, bei der er allerdings das historische Pokal-Aus bei Drittligist Saarbrücken (1:2) miterleben musste. Am ersten Gegentreffer zum 1:1 war er mitbeteiligt. Krätzig verlor den Ball. Allerdings traf die Hauptschuld dafür eigentlich seinen Mitspieler Min-jae Kim, der ihm den Ball in höchster Bedrängnis und mit einem Gegenspieler im Rücken gar nicht erst hätte zuspielen dürfen.

Schon in der Saisonvorbereitung hatte sich der eigentlich für die zweite Mannschaft eingeplante Linksfuß bei Chefcoach Thomas Tuchel empfohlen, der ihn mit auf die Asienreise nahm. Und spätestens seitdem ist der 20-Jährige jedem im Umfeld des FC Bayern ein Begriff. Denn beim in Singapur ausgetragenen Testspiel gegen den von Jürgen Klopp trainierten FC Liverpool erzielte er in der Nachspielzeit mit einem fulminanten Volleyschuss in den Torwinkel aus sechzehn Metern den 4:3-Siegtreffer. Im Münchner Boulevard war – in Anlehnung an Klublegende Franz Beckenbauer – direkt vom neuen "Kaiser Frans" die Rede.

Tuchels große Prophezeiung für Krätzig

Tuchel, meinte Krätzig grinsend nach seinem nun jüngsten Pokaltreffer, müsse es ja wissen. "Ich glaube", sagte er über seinen Trainer, "er hat ein bisschen Erfahrung." Qua seiner Expertise hatte Tuchel soeben prophezeit: Ja, "das wird was" mit dem jungen Frans Krätzig und dem Spitzenfußball.

Das Talent profitiert vom personellen Engpass beim deutschen Rekordmeister und spielt sich immer mehr in den Vordergrund. "Ein guter Junge, super klar, ganz bescheiden und hellwach", schwärmte Tuchel vom gebürtigen Nürnberger. Krätzig kam 2017 mit 14 Jahren vom 1. FCN und zog als eines der ersten Talente in den neuen Campus im Münchener Norden.

Der Nachwuchsabteilung aber ist er längst entwachsen. Im Sommer zog er mit seinem besten Freund Luca Denk, der damals so wie Torhüter Johannes Schenk und Gabriel Marusic mit ihm aus Nürnberg an die Isar wechselte, in eine WG – und startete bei den Profis durch.

Krätzig überzeugt mit seiner Vielseitigkeit

Krätzig ist technisch stark, wendig und ballsicher, hat ein gutes Auge. Zudem ist er flexibel einsetzbar, kann sowohl als Linksverteidiger sowie im linken als auch zentralen Mittelfeld spielen. Das macht ihn in der auch vor dem Topspiel in Dortmund weiterhin äußerst angespannten Personallage zu einer extrem wichtigen Alternative für Tuchel. Man kann davon ausgehen, dass der Bayern-Trainer auch gegen den BVB auf Krätzig als Einwechseloption setzt.

Doch Krätzigs Karriere ging nicht immer steil bergauf. Wegen Schambein- und Leistenproblemen fehlte er in der U19 satte sieben Monate. "Da habe ich mich selber besser kennengelernt", sagte er. Außerdem wurde er wegen seiner geringen Körpergröße (1,71 m) bisweilen unterschätzt.

Richtig aufwärts ging es, als er in der Regionalliga-Mannschaft im Winter vom zentralen Mittelfeldspieler zum Linksverteidiger umgeschult wurde. Auf dieser Position spielte Krätzig auch bei seinem Jokereinsatz gegen Bochum. Er gehörte in bislang allen Pflichtspielen der Saison zu Tuchels Kader. Sein erstes Pflichtspieltor gelang ihm in der 1. Runde des DFB-Pokals beim 4:0 bei Preußen Münster ausgerechnet gegen einen Kumpel.

Krätzig trifft gegen Kumpel Schenk

"Den habe ich mit Absicht reingelassen", scherzte Torwart Johannes Schenk, von den Bayern an Münster verliehen, im launigen Doppel-Interview bei Sky. Krätzig musste schmunzeln, weil er den "Mittelstürmer-Riecher" von sich noch gar nicht kannte.

Sein Umfeld kann der bodenständige Franke kaum mehr überraschen. Leon Goretzka lobte ihn als "kluges Köpfchen" und "spielintelligent", Sportdirektor Christoph Freund schwärmte von "extremer Spielfreude". Wo ihn all das noch hinführt? Er schaue "von Tag zu Tag", sagte Krätzig abgeklärt.

Sobald Neuzugang Raphaël Guerreiro nach seinem Muskelfaserriss wieder komplett fit ist, wird sich Krätzig in der Linksverteidiger-Hierarchie vorerst wohl wieder hinter dem Portugiesen einreihen müssen – als zweiter Backup für Alphonso Davies. Aber: Nicht zuletzt mit seinem Treffer in Münster hat er sich auch fürs Mittelfeld als wertvolle Kader-Alternative erwiesen. Auch das könnte also für Krätzig etwas werden.