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Reiner Calmund: Für einen Neymar kann ich viele Schnitzel kaufen


Calmund über Transfer-Wahnsinn
"Für einen Neymar kann ich mir viele Schnitzel kaufen"

Von t-online
09.08.2017Lesedauer: 6 Min.
Reiner Calmund schreibt über den Rekord-Transfer von Neymar zu Paris St. Germain.Vergrößern des BildesReiner Calmund schreibt über den Rekord-Transfer von Neymar zu Paris St. Germain. (Quelle: Reuters-bilder)
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Manager-Legende Reiner Calmund blickt in seinem vorerst letzten Beitrag bei t-online.de auf die kommende Bundesliga-Saison. Er fordert eine Höchstgrenze für Transfersummen und sagt: „Für die Neymar-Ablöse kann ich mir viele Schnitzel kaufen.“ Calmund wird sich künftig auf seine neue Rolle als Sky-Experte konzentrieren.

Im Interview spricht der Ex-Manager über die neue Saison, den Transfer-Wahnsinn und den Wechsel von Michael Reschke.

t-online.de: Herr Calmund, welcher Bundesligist hat sich am besten verstärkt?

Reiner Calmund (68): Das ist natürlich so nicht zu beantworten, weil jeder Klub nach seinen Bedürfnissen und finanziellen Möglichkeiten auf Einkaufstour geht. Da kann ein scheinbarer Billigheimer für den einen Klub deutlich wertvoller sein als der Millionen-Einkauf für einen Spitzenklub mit internationalen Ambitionen. Grundsätzlich hat sich der Verein am besten verstärkt, der durch die Neuzugänge auf eine höhere Ebene geschossen wird.

Auf welches neue Gesicht in der Liga freuen Sie sich am meisten?

Ich freue mich nicht auf ein einzelnes Gesicht. Ich freue mich beispielsweise auf einen großen Auftritt des schwarz-gelben Offensiv-Quartetts mit Aubameyang, Reus, Götze, Dembélé. Dazu noch Pulisic in Reserve, das wäre grandios. Ich befürchte jedoch, dass diese Vier nicht zusammen auflaufen werden, die Verletzung von Reus und ein möglicher Transfer von Dembélé könnten meinen Traum zerstören. James Rodriguez ist sicherlich auch einer, auf den man sich freuen kann. Auf ihn bin ich total gespannt.

Wer wird die Überraschung der neuen Saison?

Ich würde mir wie viele andere Fußball Fans an der Spitze etwas mehr Spannung wünschen, doch ich glaube, dass die Bayern und Borussia Dortmund die Bundesliga wieder anführen werden. Dem 1. FC Köln traue ich trotz der Mehr-Belastung durch die Europa League sehr viel zu. In diesem Verein scheint alles zu stimmen: Die Zusammenarbeit zwischen Sport und Administration, die stetige Weiterentwicklung, das Zusammenspiel zwischen Trainerteam und Mannschaft – das läuft alles wie geölt. Ich glaube, sie etablieren sich im oberen Drittel.

Auch Leipzig, Hoffenheim, Freiburg und Frankfurt haben sich mit ihren Platzierungen in der letzten Saison ein Sonderlob verdient. Es wird jedoch nicht einfach diese Leistungen zu wiederholen, weil mit Mönchengladbach, Schalke, Leverkusen und Wolfsburg vier Pleitegeier wieder massiv oben angreifen wollen. Carlo Ancelotti wird nach einem Jahr „Einarbeitungszeit“ mit den Bayern auch europäisch dominanter auftreten.

Und welcher Spieler?

Was die Spieler angeht: in der sehr nach vorne ausgerichteten Hoffenheimer Mannschaft traue ich Serge Gnabry ebenso den nächsten Schritt zu wie Timo Werner in Leipzig. Bei den Trainern sind Julian Nagelsmann, Peter Stöger, Christian Streich, Pal Dardai und Niko Kovac mit ihrer Kompetenz, Leidenschaft, Empathie und Mannschaftsführung meine Top-Five. Ich bin gespannt wie erfolgreich sich die Newcomer Heiko Herrlich (Bayer Leverkusen) Peter Bosz (Borussia Dortmund) und Sandro Schwarz (Mainz 05) auf dem Trainerstuhl präsentieren.

Wer steigt ab?

Das ist schwer zu vorauszusagen. Ich wünsche keinem den Abstieg. Aber mindestens zwei wird es eben treffen. Naturgemäß gehören die Aufsteiger zum Kreis der gefährdeten Klubs. Auch wenn weder Hannover 96 noch der VfB Stuttgart zum Kreis klassischen Neulinge gehören. Zwei Klubs aus Landeshauptstädten mit großen Stadien, funktionierender Infrastruktur und jeder Menge Potenzial bei Fans, Wirtschaft und Tradition. Aber all das schießt keine Tore.

Natürlich gehören auch Augsburg, Mainz und das schwächste Team der Rückrunde, Eintracht Frankfurt, genau wie der HSV auf meine Liste der gefährdeten Klubs. Und eines hat uns die Bundesliga gelehrt: Alle Jahre wieder steht überraschend ein Verein im Keller, der eigentlich mit der internationalen Qualifikation gerechnet hat.

Wer wird Torschützenkönig?

Ich bin sicher, dass Robert Lewandowski nach der Enttäuschung am Ende der vergangenen Saison von seinen Kollegen gefüttert werden wird. Er ist mein heißer Favorit, zumal Bayern München mit Sicherheit wieder als offensivstes Bundesligateam auftrumpfen wird. Seine Konkurrenten sind Aubameyang und Timo Werner.

Droht Bayern und Dortmund ein Stolperstart?

Beide Mannschaften haben beim Supercup-Finale über weite Strecken überzeugt. Ich drücke meinem Klub Bayer Leverkusen natürlich die Daumen, dass sie im Auftaktspiel in München was holen, doch realistisch kann man davon nicht ausgehen. Für den BVB wird das erste Auswärtsspiel in Wolfsburg kein Spaziergang, dennoch sind die Dortmunder für mich Favorit.

Was darf man von Leipzig erwarten?

Ich bin sicher, dieses junge Team wird weiter auf Erfolgskurs steuern. Aber sie werden ökonomischer spielen müssen, die Champions League kostet Kraft, das ist kein Zuckerschlecken. Wichtig war, dass kein Leistungsträger die Leipziger verlassen hat und vor allem die Topstars Forsberg und Keita trotz der Superangebote aus Mailand und Liverpool gehalten wurden.

Mit den Angreifern Augustin von PSG und Bruma von Galatasaray und Mittelfeldspieler Laimer von RB Salzburg wurde das Team punktuell gut verstärkt. Ich kenne den Österreicher nicht besonders gut, doch wenn Ralf Rangnick für ihn sieben Millionen Euro auf den Tisch blättert, wird der auch durchstarten. Ich bin auch fest davon überzeugt, das Cheftrainer Ralph Hasenhüttl mit seinen Experten aus der medizinischen Abteilung für eine gute Regeneration angesichts der zu erwartenden Belastung durch die englischen Wochen sorgen wird.

Was halten Sie vom hässlichen Freiburg-Trikot?

Ist das hässlich? Das liegt auch hier im Auge des Betrachters. Für mich ist wichtig, welche Typen in den Trikots stecken.

Wird Bayern Michael Reschke noch vermissen?

Dass er ein ausgemachter Fachmann und exzellenter Kenner des internationalen Transfermarktes ist, brauche ich nicht zu betonen. Er wird in Stuttgart einen guten Job machen. Aber die Bayern werden sicherlich bald einen vollwertigen Ersatz finden.

Was war Ihr erster Gedanke, als Sie von der Neymar-Ablöse gehört haben?

Junge, Junge, dafür kann ich viele Schnitzel kaufen. Quatsch bei Seite: Das ist eine Wahnsinns-Summe, weder sportlich noch wirtschaftlich refinanzierbar. Vielleicht sollten FIFA, UEFA und alle nationalen Fußballverbände eine Höchstgrenze für Transfersummen festlegen.

Wie bewerten Sie den 222-Mio.-Euro-Transfer von Neymar?

Neymar ist zweifellos ein Weltklasse-Fußballer, obwohl er noch nie Weltfußballer des Jahres oder auch Zweiter geworden ist. In den vier Jahren bei Barcelona hat er einmal die Champions League gewonnen, ansonsten mussten sich die Katalanen jedesmal im Viertelfinale des Königswettbewerbs verabschieden. Von dem südamerikanischen Stürmer-Trio waren seine Kollegen Messi und Suarez auch noch erfolgreicher.

Auch dies ist ein Beweis dafür, dass es im Fußball eine Reihe von Oligarchen gibt, die ohne kaufmännische Überlegung und jeglicher Refinanzierungsmöglichkeiten in dieses Spiel investieren, einfach weil es Ihnen Spaß macht, zum persönlichen Vergnügen.

Wenn man sich in der arabischen Welt umsieht, legen diese schwerreichen Oligarchen nicht nur Wert darauf den teuersten Fußballer zu haben, sondern auch das höchstes Gebäude, die teuerste Rennstrecke, das größte Hotel oder die längste Yacht. In Partnerschaft mit den Franzosen durften Sie sogar ein zweites Louvre mit großen Schätzen und Gemälden nachbauen.

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Mit dem Kauf von Neymar konnte der Kalif bei dessen Vorstellung in Paris ein riesiges, weltweites PR-Spektakel inszenieren.

Muss Bayern solche Summen bald/irgendwann auch zahlen? Oder wird Bayern das nie zahlen?

Ich bin mir sicher, dass der FC Bayern diese Preistreiberei nie mitmachen wird. Die Mannschaft ist stark genug, um ernsthaft um die europäische Krone zu spielen – wenn alle Leistungsträger fit sind. 100 Millionen hat der FCB ja auch ausgegeben. Aber für vier Nationalspieler. Das ist der Unterschied.

Was halten Sie einer Höchstgrenze für Transfersummen?

Ich bin grundsätzlich ein Vertreter der freien Marktwirtschaft, allerdings könnte ich mir bei der Explosion der Transfersummen die Einführung einer Höchstgrenze im Interesse des gesamten Fußballs gut vorstellen. Wenn Spieler, die gerade mit dem Ball einen Möbelwagen treffen, mittlerweile Millionen kosten und ein Transfer von Neymar mit 222 Mio Euro nie und nimmer refinanzierbar ist, sollte man handeln und nicht quatschen.

Jetzt schreien wieder viele, eine Höchstgrenze sei nicht möglich, ich kann auch nicht direkt eine perfekte Lösung vorschlagen, jedoch Ideen für Diskussionen anbieten. Mittlerweile veröffentlichen und deckeln die weltweit größten Wirtschafts-Konzerne die festen und variablen Vorstands-Gehälter und die EU legt fest, wie krumm die Gurke im Verkauf sein darf. Danach könnte man auch im Fußball weltweite Regelungen bei Transfers festgelegen, zumal das Financial FairPlay offenbar nicht hundertprozentig funktioniert. Voraussetzung wäre, dass FIFA, die Konföderationen wie UEFA und die nationalen Fußballverbände mit den Klubs Regelungen im Zusammenhang mit

Herr Calmund, wir sind dankbar für die hervorragende Zusammenarbeit. Dies ist Ihr vorerst letzter Einsatz als Kolumnist für t-online.de, was wir bedauern – wie kam es zu der Entscheidung?

Ich bin zum Bundesliga-Auftakt ab 19. August 2017 als Sky-Experte am Start. Im Klartext heißt das, unter anderem jeden Samstag von 13 bis 21 Uhr im Fernseh-Studio gemeinsam mit Lothar Matthäus, Christoph Metzelder, und Co. die Bundesliga kommentieren. Das kostet viel Arbeit und Zeit, weitere Tätigkeiten hätte ich nicht mehr seriös und gut umsetzen können. Für mich gilt: Wenn, dann 100 Prozent. Auch mir tut es leid.... Es hat viel Spaß und Freude gemacht. Und ich bleibe ganz sicher Stammgast bei t-online.de!

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