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BVB | Effenberg zu Haaland: Dieser Satz verrät alles über seinen Titelhunger


Dortmunds Topstürmer
Dieser Satz verrät alles über Haaland

MeinungEine Kolumne von Stefan Effenberg

Aktualisiert am 28.09.2021Lesedauer: 7 Min.
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Die Champions League ist sein Wettbewerb: In 17 Spielen gelangen Erling Haaland 21 Tore.Vergrößern des Bildes
Die Champions League ist sein Wettbewerb: In 17 Spielen gelangen Erling Haaland 21 Tore. (Quelle: imago-images-bilder)

Der Norweger steht in meinem Ranking der zehn besten Stürmer Europas auf Platz zwei – und nun vor der wichtigsten Entscheidung seiner Karriere.

Borussia Dortmund zitterte vor dem zweiten Spiel in der Champions League gegen Sporting Lissabon heute Abend (ab 21 Uhr im Liveticker bei t-online) um Kapitän Marco Reus und Topstürmer Erling Haaland. Nun herrscht wohl Gewisshweit: Reus kann spielen, Erling Haaland dagegen nicht (Mehr dazu lesen Sie hier). Ein herber Schlag für den BVB.

Kein Wunder, das vergangene Wochenende und die 0:1-Niederlage gegen Borussia Mönchengladbach haben gezeigt: Ohne die beiden ist der BVB weniger wert. Insbesondere die Abhängigkeit von Haaland ist mal wieder großes Thema unter Fans und Experten. Dass der BVB ohne ihn wirklich schlechter ist, lesen Sie hier.

Das ist eben der Unterschied zum FC Bayern, der einen Ausfall von Robert Lewandowski besser verkraften kann. Im Team, aber auch auf der Position mit Eric-Maxim Choupo-Moting. Dem BVB fehlt ein Backup. Ein Typ wie Choupo-Moting.

Trotzdem ist klar: Haaland und Lewandowski sind Ausnahmespieler. Natürlich ist man ohne sie schwächer als mit ihnen. Für mich gehören beide zu den besten fünf Bundesliga-Stürmern aller Zeiten neben Gerd Müller, Giovane Elber und Jupp Heynckes. Und sie sind so gut in Form, dass sie auf den ersten beiden Plätzen in meinem Ranking der Top-10-Angreifer in Europa liegen, das ich für t-online aufgestellt habe. Gemessen an der aktuellen Form.

1. Robert Lewandowski: Am vergangenen Wochenende hat der Weltfußballer das erste Mal seit dem 15. Februar in einem Spiel kein Tor für den FC Bayern erzielt und auch einen Rekord von Gerd Müller knapp verpasst. Es wäre sein 16. Bundesligaspiel in Folge mit einem Treffer gewesen. Müller gelang das 1969/70. Die verpasste Chance wurmt Lewandowski natürlich – dennoch wird er sich schnell wieder auf das konzentrieren, was wirklich zählt: der Mannschaftserfolg. Zumal er in dieser Saison trotzdem schon überragende elf Tore in nur acht Spielen erzielt hat.

Mich beeindruckt, welchen Hunger er nach wie vor hat. Das ist nicht selbstverständlich und macht ihn zu einem besonderen Spieler. Lewandowski ist auch in dieser Saison in jeder Hinsicht das Nonplusultra. Er ist in der Bundesliga, in der Champions League, europa- und weltweit der klar beste Stürmer. Und: Er hat gerade den goldenen Schuh als bester Torjäger Europas bekommen. Für die individuellen Auszeichnungen vom Weltfußballer bis zu Europas Fußballer des Jahres kann es für mich deshalb auch nur einen geben: Robert Lewandowski.

2. Erling Haaland: Bei Borussia Dortmund hat er eine unglaubliche Quote von 68 Toren in 67 Spielen. In der Nationalmannschaft Norwegens erzielte er in 15 Spielen 12 Tore. Eigentlich auch eine hervorragende Ausbeute, doch Haaland sagte zuletzt: "Ich erziele nicht genug Tore.“ Er hätte mehr Tore als Spiele haben müssen, findet er. Dieser Satz verrät alles über Haaland. Über seinen Ehrgeiz und Titelhunger.

Dass er den auf Dauer nicht in Dortmund stillen kann, ist für mich klar. Deshalb habe ich in der letzten Kolumne bereits erklärt, zu welchen Vereinen er passen würde. Ich habe auch nach dem "Doppelpass" am vergangenen Sonntag mit BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke keinen Zweifel daran, dass Haaland eine Ausstiegsklausel besitzt. Watzke hat mit einem Plädoyer für Ausstiegsklauseln generell unter bestimmten Voraussetzungen durchblicken lassen, dass es eine gibt.

Für Haaland wird es vielleicht die wichtigste Entscheidung seiner Karriere. Es geht um die Frage, wo er die besten Mitspieler vorfindet. Mit André Silva gibt es ein warnendes Beispiel. Der hatte die perfekten Zuspieler in Frankfurt und findet Stand heute in Leipzig keine Bindung zum Spiel. Zuletzt saß er beim 6:0 gegen Hertha zunächst auf der Bank.

Dazu kommt: Haaland hat das Lewandowski-Problem. Genau wie der Pole wird auch Haaland mit seiner Nationalmannschaft nicht in der Lage sein, Titel zu holen. Er muss sich diesbezüglich also voll auf den Verein konzentrieren. Haaland will ganz sicher der beste Stürmer der Welt werden – und ist davon gar nicht so weit weg.

3. Karim Benzema: In sieben Spielen hat der Franzose in der Primera Division acht Tore erzielt und sieben weitere vorbereitet. Er ist also pro Spiel an mehr als zwei Toren beteiligt. Schon zuvor hatte er bei der Europameisterschaft nach sechs Jahren sein Comeback in der französischen Nationalmannschaft gefeiert und sich als einer der wenigen Lichtblicke entpuppt. Obwohl Frankreich im Achtelfinale gegen die Schweiz ausgeschieden ist, gelangen Benzema vier Tore. Ganz offensichtlich ist ihm das Alter überhaupt nicht anzumerken. Im Dezember wird er 34 Jahre alt, trotzdem ist er in der Form seines Lebens und für mich der aktuell drittbeste Stürmer Europas.

4. Cristiano Ronaldo: Mit 36 Jahren ist er zurückgekehrt zu Manchester United – natürlich verbunden mit großem Druck. Die Fans erwarten nichts anderes als dass er an seine Leistungen von früher anknüpft. 2008 führte er den Klub zum Sieg in der Champions League.

Umso beeindruckender ist, dass er dem Druck bislang standzuhalten scheint. In den ersten vier Spielen gelangen ihm schon vier Tore. Ich traue Ronaldo auch zu, die zwei Jahre bis zu seinem Vertragsende noch erfolgreich zu bestreiten – 2023 wird dann zumindest auf diesem Niveau Schluss sein.

Der frühere Tottenham-Trainer Tim Sherwood geht davon aus, dass Ronaldo anschließend Trainer bei Manchester United wird. Ich könnte mir vorstellen, dass er durchaus noch in seiner Heimat weiterspielt und damit den Wunsch seiner Mutter und vielleicht auch seines Herzens erfüllt. Topstars wie Ronaldo sollten sicherlich auch über ihre aktive Karriere hinaus im Fußball gehalten werden.

Ob er gleich Trainer bei Manchester United werden muss, weiß ich nicht. Aber wenn er schon in diese Richtung gehen will, hätte ich einen besseren Vorschlag: Co-Trainer der portugiesischen Nationalmannschaft von Fernando Santos. Dann wäre das Duo, das die Mannschaft im Finale der EM 2016 zum Titel gecoacht hat, wieder vereint.

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5. Kylian Mbappé: Die EM im Sommer mit Frankreich war nicht sein Turnier, er blieb ohne Tor. In dieser Saison mit Paris St. Germain allerdings ist er in neun Saisonspielen an acht Treffern beteiligt gewesen. Er wollte den Verein offenbar verlassen, durfte nicht – und wird dann wahrscheinlich am Ende dieser Saison ablösefrei zu Real Madrid wechseln. Aus meiner Sicht ein hervorragender Schritt, der Real auch wieder zu einem Kandidaten für den Sieg in der Champions League macht. Mbappé ist Weltmeister und vierfacher französischer Meister. Der Titel, der sein Anspruch ist, ist nun der in der Champions League. Mit Benzema könnte er ein Sturmduo bilden, wie der es einst mit Ronaldo tat.

6. Romelo Lukaku: In der vergangenen Saison hat Chelsea mit Trainer Thomas Tuchel überraschend die Champions League gewonnen. Das war vielleicht sogar ein kleines Wunder. In dieser Saison gehört Chelsea nun zu den Topfavoriten, was nicht nur an dem Titel liegt – sondern insbesondere an der Verpflichtung von Lukaku. Ich mag solche Stürmer wie Lukaku oder Haaland, die mit ihrer unglaublichen Präsenz schon zwei, drei Gegenspieler binden. Er macht das Spiel einfacher und ist als Anspielstation und Vollstrecker extrem wertvoll. Auch in der Nationalmannschaft Belgiens ist das seit Langem zu beobachten. Dass Lukaku zu Chelsea passt, hat er gleich bewiesen – und sowohl in der Champions League als auch in der Premier League getroffen (drei Tore in fünf Spielen).

7. Ciro Immobile: Sechs Tore in sechs Serie-A-Spielen – der italienische Nationalstürmer ist nach dem EM-Titel im Sommer schon wieder auf Temperatur. Es ist unheimlich beeindruckend, wie er Jahr für Jahr zu den besten Torjägern in Italien gehört und meist sogar ganz vorne liegt. 2014, 2018 und 2020 wurde er Torschützenkönig, beim letzten Mal sogar mit 36 Toren. Eine Tormaschine, die nur bei Borussia Dortmund 2015/16 nicht funktioniert hat. Aber auch so eine Phase gehört mal dazu.

8. Mohamed Salah: Sein Tor am Wochenende gegen Brentford war sein hundertstes. In der Premier League. Dafür hat er nur 151 Spiele benötigt – so wenige wie kein Spieler vor ihm. Salah ist ein Stürmer, den es so nicht noch mal gibt. Er vereint Elemente eines Lionel Messi mit einer größeren Wucht und hat einen riesigen Anteil an den Erfolgen von Liverpool in den vergangenen Jahren. Trainer Jürgen Klopp hat ihm großes Vertrauen geschenkt, das er Jahr für Jahr zurückzahlt.

9. Sébastien Haller: Als erster Spieler der Geschichte traf der frühere Frankfurter in seinem ersten Champions-League-Einsatz viermal. Es war das 5:1 von Ajax Amsterdam gegen Sporting Lissabon am ersten Spieltag der Dortmund-Gruppe. "Es war das beste Spiel meiner Karriere“, sagte er anschließend. Obwohl er auch in der Liga treffsicher ist. In sechs Spielen traf er fünfmal. Seine Champions-League-Gala war also keine Ausnahme.

10. Patrik Schick: Bei der EM ist der Tscheche überraschend mit fünf Toren Torschützenkönig geworden. Bei Bayer Leverkusen hat er anschließend da weitergemacht, wo er aufgrund des Ausscheidens im Viertelfinale des Turniers aufhören musste: Vier Tore in sechs Bundesliga-Spielen gelangen ihm. Schick fühlt sich offenbar sehr wohl, hat richtig geile Anlagen und ist mit 25 Jahren noch jung. Er ist sicherlich in den nächsten Jahren auf dem Transfermarkt gefragt und wird in ein, zwei Jahren den nächsten Schritt machen. Diverse Topklubs suchen genau solche Typen wie ihn – auch wenn er bei Leipzig in der Bundesliga nicht den endgültigen Durchbruch geschafft hatte.

Die zehn besten Stürmer: Drei spielen in der Bundesliga, einer spielte mal dort. Sie sind aktuell besser drauf als Superstars wie Lionel Messi oder Neymar, die bei Paris einen holprigen Saisonstart hatten und in meinem Ranking fehlen. Insbesondere bei Messi häuften sich bereits die Schlagzeilen. Er fühle sich nicht wohl in Frankreich – und sei nun angefressen aufgrund einer Auswechslung.

Ich muss dazu sagen: Ich kann ihn verstehen – zumindest, wenn Trainer Mauricio Pochettino ihm den Wechsel nicht erklärt hat. Ich habe es gehasst, ausgewechselt zu werden. Und kann mich an ein Pokalfinale 1999/2000 gegen Werder Bremen erinnern, bei dem Ottmar Hitzfeld mich in der 81. Minute beim Stand von 1:0 rausgenommen hat. Ich war damals perplex – bis mir der Trainer begründet hat, dass er mich für das Duell mit Real Madrid wenige Tage später schonen möchte und gegen Bremen keine Gefahr mehr sieht. Tatsächlich haben wir 3:0 gewonnen.

Im Optimalfall wird so eine Auswechslung vor dem Spiel abgesprochen – oder eben im Nachhinein erklärt. Dann versteht das auch Lionel Messi.

Man darf auch nicht vergessen: Er war 20 Jahre lang in Barcelona und muss sich jetzt an die neue Situation sowie den neuen Klub gewöhnen. Dann ist er vielleicht auch bald wieder unter den zehn besten Stürmern in Europa.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
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