Marc-André ter Stegen Der "Messi mit Handschuhen" ist nicht mehr

Marc-André ter Stegen und der FC Barcelona: Was einst eine Liebesbeziehung war, verkommt zu einer Schlammschlacht.
Fast acht Jahre ist es her, da feierte die spanische Zeitung "Marca" Marc-André ter Stegen als "Messi mit Handschuhen". Die Kombination aus tollen Paraden und präzisen Pässen des deutschen Torwarts begeisterte Fans und Medien. Teamkollege Andrés Iniesta sah in ter Stegen eine Saison später den "Maßstab der kommenden Jahre" für das Torwartspiel. Der deutsche Nationalkeeper war ein gefeierter Held.
Im August 2025 ist ter Stegen eher ein Feindbild. Die "Marca" schreibt von einem "offenen Krieg" zwischen dem Deutschen und dem FC Barcelona. Die Statue in den Köpfen vieler Anhänger der Katalanen hat Risse bekommen.
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Der Beginn einer Krise
Alles begann am 22. September 2024. Im Ligaspiel des FC Barcelona beim FC Villarreal verletzte sich ter Stegen bei einer Flanke im rechten Knie. Eine Woche später war klar: Ter Stegen hat sich die Patellasehne gerissen, fällt monatelang aus. Barcelona reagierte, holte Anfang Oktober Wojciech Szczęsny aus der Fußballer-Rente. Der Pole unterschrieb einen Einjahresvertrag und wurde die neue Nummer eins in Barcelona.
Szczęsny überzeugte direkt, machte mit tollen Paraden auf sich aufmerksam. Im Netz spotteten erste Fans über ter Stegen, schnitten Fehler des deutschen Torwarts zu Videos zusammen. Der Tenor: Szczęsny ist unser Retter, ter Stegen war sowieso schlecht. Die vielen Erfolge und großartigen Paraden des DFB-Keepers im Trikot der Katalanen: vergessen.
Richtung Saisonende sickerte dann durch, dass Barça einen neuen Torwart verpflichten will. Während ter Stegen fest damit rechnete, zur neuen Spielzeit seinen Platz als Nummer eins wieder einzunehmen, plante sein Klub anders. Der erst 24 Jahre alte Joan García unterschrieb Mitte Juni in Barcelona, nachdem es zuvor schon wochenlang Gerüchte um den Spanier gegeben hatte. Bundestrainer Julian Nagelsmann sagte im Rahmen der Nations-League-Spiele Anfang Juni auf einer Pressekonferenz: "Ich wünsche mir aufgrund der Vergangenheit der Protagonisten, dass er (ter Stegen, Anm. d. Red.) eine Info erhält, wie es da weitergeht. Das ist der Wunsch, den ich für Marc habe."
Diese Info folgte spanischen Medienberichten zufolge einen Monat später. Barça-Trainer Hansi Flick soll dem 33-Jährigen in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt haben, dass er nur noch die Nummer drei im Barcelona-Tor sei – hinter Joan García und Wojciech Szczęsny, der seinen Vertrag noch mal verlängert hatte. Ein klares Indiz dafür, dass ter Stegen in den Plänen des Klubs keine Rolle mehr spielt. Das Problem: Sein Vertrag in Barcelona läuft noch bis 2028. Der Klub soll darüber nachgedacht haben, ter Stegen das Gehalt eines kompletten Jahres sofort zu bezahlen, wenn er dafür den Vertrag auflöst. Bis heute kam eine solche Auflösung nicht zustande.
Wohl auch, weil ter Stegen den Klub gar nicht verlassen wollte. Stattdessen plante er, sich durchzusetzen, seinen Platz zurückzuerobern. Denn auch der 33-Jährige weiß: Bundestrainer Julian Nagelsmann sieht ihn als klare Nummer eins für die WM im kommenden Jahr. Aber nur, wenn er auch Spielpraxis bekommt. Und die wollte er in Barcelona sammeln. Offerten der AS Monaco oder Galatasaray wurden daher nie wirklich konkret. Auch aus dem angeblichen Interesse von Manchester United wurde nichts.
Disziplinarverfahren als "offener Krieg"
Einen herben Dämpfer bekamen die Planungen von ter Stegen und auch Barcelonas aber vor zwei Wochen. Der Torhüter musste aufgrund anhaltender Rückenprobleme unters Messer. "Nach meiner letzten Rücken-OP bin ich nach 66 Tagen, also fast zwei Monaten, zurückgekehrt. Dieses Mal soll es rund drei Monate dauern, glauben die Ärzte", teilte ter Stegen auf Instagram und X mit.
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Dass er öffentlich über die Ausfallzeit sprach, soll Barça gar nicht gefallen haben. Laut der Zeitung "Mundo Deportivo" vermutete der Klub dahinter mehr als Transparenz den Fans gegenüber. Ter Stegen wolle den Einsatz seines Rivalen Joan Garcia boykottieren, hieß es. Denn das finanziell angeschlagene Barcelona konnte seinen Neuzugang aufgrund nicht erfüllter Auflagen bislang nicht bei der Liga registrieren. Gemäß den in Spanien geltenden finanziellen Fairplay-Regeln hätte Barcelona bei einem mindestens vier Monate andauernden Ausfall 80 Prozent des Gehalts des ausfallenden Spielers nutzen dürfen, um García registrieren zu lassen.
Am heutigen Dienstag spitzte sich die Lage dann so zu, dass die "Marca" von besagtem "offenen Krieg" sprach. Denn Barcelona leitete ein Disziplinarverfahren gegen ter Stegen ein. Hintergrund der Maßnahme ist, dass der deutsche Nationaltorwart dem Klub die Genehmigung verweigert, seinen Verletzungsbericht an die medizinische Kommission der Liga weiterzuleiten.
Nach elf gemeinsamen Jahren und mehr als 420 gemeinsamen Spielen ist aus der Liebesbeziehung ter Stegen und Barcelona eine Schlammschlacht geworden. Beide Parteien stehen unter Druck. Die eine, Marc-André ter Stegen, will zur WM und braucht dafür Spielpraxis, die es bei Barça nicht geben wird. Die andere, der FC Barcelona, hat chronische finanzielle Probleme und muss womöglich einen seiner Topverdiener noch jahrelang mittragen, ohne das Geld für ihn zu haben. Ende offen.
- Eigene Beobachtungen
- Nachrichtenagentur dpa
- sport.de: "FC Barcelona: Andrés Iniesta sieht Marc-André ter Stegen als neuen Torwart-Maßstab"
- mundodeportivo.com: "Ter Stegen firma un informe médico y el Barça le abre un expediente disciplinario" (Spanisch)
- transfermarkt.de: "Marc-André ter Stegen Leistungsdaten"
- x.com: Beitrag von @mterstegen1