Krankschreibung wegen psychischer Krankheit: ja oder nein?

Depression gilt als Volkskrankheit β dennoch wird die StΓΆrung noch immer tabuisiert und von den Betroffenen oft verschwiegen. Gerade im Berufsleben herrscht der Druck, immer leistungsfΓ€hig sein zu mΓΌssen. Immer mehr Menschen werden aufgrund von Stress krankgeschrieben. Doch ist die Akzeptanz psychischer Krankheiten schon in der Gesellschaft angekommen?
Die Wahrnehmung von kΓΆrperlichen gegenΓΌber seelischen Krankheiten
Dass jemand wegen einer Grippe oder einem Bandscheibenvorfall zu Hause bleiben darf, steht auΓer Frage. Anders sieht es jedoch noch immer mit dem VerstΓ€ndnis aus, sich aufgrund von psychischen Erkrankungen krank zu melden. Gerade in unserer Leistungsgesellschaft scheint noch immer der Irrglaube verbreitet, ein seelisches Tief sei ein Zeichen fΓΌr Γberempfindlichkeit, SchwΓ€che oder mangelnder Selbstdisziplin des Betroffenen und die Genesung allein durch Willenskraft beeinflussbar. Das ist jedoch grundfalsch.
So viele Arbeitnehmer nehmen Antidepressiva
Laut einer Studie der Techniker Krankenkasse (TK) fΓΌhlen sich 43 Prozent der BeschΓ€ftigten in Deutschland gestresst. Jedem BeschΓ€ftigten β umgelegt auf die Gesamtzahl aller BeschΓ€ftigten β wurden 2017 fΓΌr durchschnittlich zwei Wochen Antidepressiva verschrieben. Die verordnete Menge habe sich damit seit 2007 mehr als verdoppelt. Dem DAK-Psychoreport zufolge lagen seelische Erkrankungen im Jahr 2014 erstmals auf dem zweiten Platz der Krankheitsarten, nur RΓΌckenleiden waren ein noch hΓ€ufigerer Grund fΓΌr Krankschreibungen. Oft sind kΓΆrperliche und seelische Beschwerden ohnehin nicht voneinander zu trennen, sondern bedingen sich gegenseitig. Die Ursache von chronischen Kopf- und RΓΌckenschmerzen beispielsweise kΓΆnnen unentdeckte Depressionen sein.
"Gut gemeint" ist nicht automatisch "gut"
Gerade bei Depressiven erhΓΆhen gut gemeinte RatschlΓ€ge von Kollegen, Freunden und Verwandten wie etwa "Lass dich nicht so hΓ€ngen, das wird schon wieder!" oder "Sieh es doch mal positiv!" den Druck, so schnell wie mΓΆglich wieder funktionieren zu mΓΌssen, weil diese Appelle implizieren, man mΓΌsse nur positiv denken und sich genug bemΓΌhen, um wieder gesund zu werden. Dies kann kontraproduktiv wirken und die Symptome wie etwa Selbstzweifel noch verschlimmern. Denn bei einer Depression ist der Antrieb der Betroffenen blockiert.
Akzeptanz von seelischen Erkrankungen?
Seelische Erkrankungen sind im Vergleich zu kΓΆrperlichen gesellschaftlich noch immer nicht so akzeptiert, vielleicht, weil man den Betroffenen die Krankheit Γ€uΓerlich nicht ansieht β ein gebrochenes Bein etwa ist eben augenfΓ€lliger als innere Leere. Der Umgang ist beispielsweise in den USA viel alltΓ€glicher: Wer sich dort aus psychischen GrΓΌnden krank meldet, nimmt einen "Mental Health Day", sorgt also langfristig fΓΌr seine Gesundheit vor.
Volkskrankheit: Depressive Verstimmung
Liebeskummer und Probleme in der Partnerschaft oder Familie kΓΆnnen auch bei gesunden Menschen eine vorΓΌbergehende depressive Verstimmung auslΓΆsen, also eine abgeschwΓ€chte Form der Depression. Auch die kann in manchen FΓ€llen arbeitsunfΓ€hig machen. Solch eine Phase machen die meisten gesunden Menschen im Laufe ihres Lebens durch, die jedoch im Gegensatz zur Depression meist unbehandelt abklingt. Halten die Symptome ΓΌber mehrere Wochen an, ist eine Therapie ratsam.
Unterschiedliche Schweregrade der Erkrankung
Es kann zwischen einer leichten, mittelschweren und schweren Depression unterschieden werden, die sich in Dauer, Haupt- und Zusatzsymptome unterscheiden lassen, die jedoch nicht immer trennscharf sind. Bei einer Depression handelt es sich um eine schwerwiegende Krankheit, die einer professionellen Behandlung bedarf. Sie Γ€uΓert sich hΓ€ufig in Leere, Hoffnungs- und Antriebslosigkeit, KonzentrationsstΓΆrungen und AngstzustΓ€nden. Zentrale Lebensfunktionen sind beeintrΓ€chtigt, Betroffene berichten von SchlafstΓΆrungen, Appetitlosigkeit und Libidoverlust. Oft sind die psychischen Symptome begleitet von kΓΆrperlichen Symptomen wie Kopf- und Magenschmerzen oder Verspannungen. Im schlimmsten Fall haben Erkrankte Selbstmordgedanken. Mehr Akzeptanz dieser Krankheit, gerade auch im Berufsleben, wΓΌrde Betroffene entlasten.