Wie Teilzeit fĂŒr VĂ€ter zur NormalitĂ€t werden kann
Berlin (dpa/tmn) - Schnell waren sich Kai Behrens und seine Partnerin einig: Bei ihrem ersten Kind wollen sie die 14 Monate Elternzeit gleichberechtigt aufteilen. "FĂŒr mich war der Hauptgrund, dass ich Zeit mit dem Kind verbringen möchte", sagt der 42-JĂ€hrige, der in Berlin als Controller bei einer Software-Firma arbeitet.
Nach 20 Jahren im Beruf freue er sich, eine Zeit lang ganz andere, neue Aufgaben zu ĂŒbernehmen. AuĂerdem, fĂŒgt er hinzu, werde die Auszeit nichts an seiner beruflichen Situation Ă€ndern. "Es ist nicht so, dass ich mir damit etwas verbauen wĂŒrde." Genau davor aber haben viele MĂ€nner Angst.
"Eine berechtigte Sorge", sagt Karin Schwendler. Sie ist Leiterin des Bereichs Frauen- und Gleichstellungspolitik bei der Gewerkschaft Verdi. Elternzeit und Teilzeit seien immer noch "Karrierekiller". Zwar gebe es in vielen Jobs Möglichkeiten, die Arbeitszeit zu reduzieren. Auch zeigten Umfragen, dass mehr VÀter in Teilzeit arbeiten möchten. "Trotzdem sind viele MÀnner noch zögerlich", so die Gewerkschafterin.
Finanzielle GrĂŒnde spielen eine Rolle
Zwar steigt die Zahl der MĂ€nner, die Elternzeit nehmen - trotzdem sind sie noch in der Minderheit. Laut dem Deutschen Institut fĂŒr Wirtschaftsforschung (DIW) lag der Anteil 2016 bei 37 Prozent. Von den MĂ€nnern, die 2018 Elterngeld bezogen, taten dies 72 Prozent nur in Höhe des Minimums von zwei Partnermonaten. Vor allem aus finanziellen GrĂŒnden wĂŒrden sich VĂ€ter zurĂŒckhalten, zeigt eineDIW-Studievon 2019.
Auch in seinem Freundeskreis nehmen die meisten MÀnner nur die zwei sogenannten "VÀtermonate", um die Bezugszeit zu verlÀngern, erzÀhlt Kai Behrens. Immer noch sei die Idee verbreitet, dass VÀter in den ersten Lebensmonaten des Kindes kaum etwas beitragen können. "Aber ich denke, dass Bindung auch zum Vater wichtig ist - gerade in dieser Zeit", so Behrens.
Neben Rollenvorstellungen spielten finanzielle Fragen eine Rolle. Immer noch können viele Familien eher auf das Einkommen der Frauen verzichten. "Meistens haben die VĂ€ter das höhere Einkommen", bestĂ€tigt Wido Geis-Thöne, Experte fĂŒr Familienpolitik am Institut der deutschen Wirtschaft. Dass sich VĂ€ter Sorgen um die Karriere machen, sei berechtigt, so Geis-Thöne. Aufstiegschancen wĂŒrden sich in der Regel durch die Elternzeit reduzieren.
MĂ€nner arbeiten kaum in Teilzeit
"Man muss fĂŒrchten, dass man nicht fĂŒr voll genommen wird, wenn man nicht mehr rund um die Uhr arbeiten kann", sagt Brigitte Dinkelaker. Sie leitet das Projekt "Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestalten" des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). Der Anteil der VĂ€ter, die in Teilzeit arbeiten, liege nur bei etwa sechs Prozent.
Oft seien es nicht Vorgesetzte, sondern Kolleginnen und Kollegen, die Probleme mit Teilzeitlösungen oder ElternzeitansprĂŒchen hĂ€tten, sagt Geis-Thöne. Denn hĂ€ufig mĂŒssen sie die weggefallene Arbeitsleistung auffangen. In Teams, in denen auch Frauen arbeiten, sei es in der Regel auch fĂŒr MĂ€nner leichter, erklĂ€rt er. Dort sei die Erfahrung mit Vereinbarkeitsfragen gröĂer.
Domino-Effekt nutzen
"Wenn die MĂ€nner erst mal deutlich machen, was sie wollen und Elternzeit und Elterngeld beantragen, dann entsteht schnell ein Domino-Effekt", sagt Dag Schölper. Er ist GeschĂ€ftsfĂŒhrer des Bundesforum MĂ€nner, das sich als Interessenverband fĂŒr eine gleichstellungsorientierte MĂ€nnerpolitik einsetzt. Sobald immer mehr MĂ€nner in Teilzeit arbeiten, werde das irgendwann zur neuen NormalitĂ€t. Noch aber ist es nicht so weit.
Die Idee des Vaters als ErnĂ€hrer sei noch immer gesellschaftlich stark verankert, so Schölper. "Nach wie vor ist es nicht wirklich ĂŒblich, dass man als Mann Familienverantwortung auch durch Anwesenheit, FĂŒrsorgetĂ€tigkeiten und Hausarbeit beweist", erklĂ€rt er.
Auch Brigitte Dinkelaker glaubt, dass Rollenvorstellungen eine wichtige Rolle spielen. Familienfreundliche SchichtplĂ€ne, flexible Arbeitszeiten, Aufstiegsmöglichkeiten in Teilzeit, geregelte Kinderbetreuung oder auch das Recht auf RĂŒckkehr zur Vollzeitarbeit wĂŒrden es MĂ€nnern wie Frauen einfacher machen, Beruf und Familie zu vereinbaren.