FRANKFURT (dpa-AFX) - Die kräftigen Kursturbulenzen am Aktienmarkt wegen des Zoll-Chaos in den USA haben ein Jubiläum an der Börse jüngst in den Hintergrund gedrängt: Vor gut 25 Jahren begann hierzulande eine kleine Revolution der Geldanlage. Am 11. April 2000 startete an der Deutschen Börse in Frankfurt der Handel mit sogenannten Exchange Traded Funds (ETFs), also Investmentfonds, die Indizes abbilden. Anleger könnten damit vergleichsweise kostengünstig in den breiten Markt investieren.
Damit hatte es rund zehn Jahre gedauert, bis das 1990 erstmals an der Börse von Toronto angewandte Konzept der börsengehandelten Fonds auf Deutschland überschwappte. Es war der Beginn einer Erfolgsgeschichte: Bis heute wuchs das für Anleger hierzulande verwaltete ETF-Vermögen nach Zahlen des Branchenverbandes BVI auf 300 Milliarden Euro an - das sind demnach fast 20 Prozent des Vermögens, das deutschlandweit in offenen Publikumsfonds steckt.
ETFs bauen Indizes wie den deutschen Dax oder den internationalen Index MSCI World nach. Auf diesem Wege aber auch einzelne Branchen, Anlageklassen oder die unterschiedlichsten Themen abgebildet allgemein werden. Damit folgen ETFs einer Grundregel der Geldanlage: Nicht alles auf eine Karte setzen! Die Streuung soll Risiken begrenzen.
Spürbar für Anleger ist auch der Preisvorteil, den ETFs gegenüber aktiv gemanagten Fonds haben. Letztere versuchen, durch die aktive Auswahl geeigneter Vermögenswerte eine bessere Rendite als der Markt zu erzielen - Erfolgsaussichten aber ungewiss.
Markus Lautenschlager, Leiter des Portfoliomanagements beim Kemptener Vermögensverwalter BV & P, betont: "Während klassische aktive Aktienfonds oft mit Gesamtkosten von über 1,5 Prozent zuzüglich Ausgabeaufschlag zu Buche schlagen, bewegen sich die laufenden Kosten von ETFs meist unter 0,5 Prozent - ein Kostenniveau, das dem institutionellen Anlagestandard nahekommt." Auch für seine Branche böten ETFs entscheidende Vorteile. Neben Transparenz und Flexibilität ermöglichten sie eine effiziente und präzise Portfoliosteuerung.
Gleichwohl ist kurioserweise der Vorteil, dass ETFs nur den Markt abbilden, auch gleichzeitig ein Nachteil dieser Anlageklasse - und das in zweierlei Hinsicht. Denn wer als ETF-Anleger nur in einen Markt investiert, verpasst eventuell die Überrendite, die aktive Manager im Einzelfall erwirtschaften können, wenn sie gerade - zufällig oder nicht - aktuelle Überflieger im Depot haben. Das kann zu Enttäuschungen führen. Anderseits geraten auch ETFs in die Bredouille, wenn der Gesamtmarkt stark unter Druck gerät. Aktiv gemanagte Fonds können hier eventuell punkten, wenn sie spezielle Absicherungsstrategien verwenden, um Verluste zu reduzieren.
Insofern mahnt Investmentexperte Sven Langenhan vom Vermögensverwalter HRK Lunis auch zur Vorsicht: "Es gilt zu berücksichtigen, dass es passives Investieren, wie es bei ETFs gerne suggeriert wird, nicht gibt und geben kann." Ob, wie viel und worein genau man investiere, sei beispielsweise jeweils eine aktive Entscheidung. Es gehe auch darum, zu wissen, ob man sich mit seiner Anlageentscheidung wohlfühlt und welche Risiken in dem ausgewählten ETF stecken.
Denn die Auswahl an ETFs ist aktuell riesig. Laut der Ratingagentur Scope sind aktuell gut 850 börsengehandelte Fonds zum Handel in Deutschland zugelassen. Gemessen am insgesamt verwalteten Vermögen stecken darin rund 1,6 Billionen Euro an Anlagegeldern.
Saidi Sulilatu vom Geld-Ratgeber "Finanztip" rät Anlegern zur Konzentration aufs wesentliche: "Wir empfehlen ETFs, die weltweit und breit gestreut investieren. Der Anlagehorizont sollte mindestens 15 Jahre lang sein." Denn in diesem Zeitraum habe sich der Markt historisch immer wieder von zwischenzeitlichen Verlusten erholt. Der Kurssturz Anfang April als Reaktion auf das gewaltige Zollpaket der US-Regierung war sogar schon nach gut einem Monat verdaut.
Andere ETF-Spielwiesen wie die aktuell stark gefragten, sogenannten aktiven ETFs weichen laut dem Finanztip-Experten von dem Grundsatz ab, dass man als Privatanleger am besten keine Marktmeinung haben sollte. Aktive ETFs orientieren sich oft nur grob an einem Index und setzen auf die Expertise von Fondsmanagern, um die Einfachheit eines börsennotierten Fonds mit der Chance auf überdurchschnittliche Renditen zu verbinden. Dabei müsse man als Anleger darauf vertrauen, dass das Fondsmanagement zum Beispiel die jeweiligen Aktien richtig auswählt oder gewichtet, sagt Sulilatu. Diese Produkte böten damit "alten Wein in günstigeren Schläuchen" an./la/ag/mis
--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---
Die Ströer Digital Publishing GmbH übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit, Genauigkeit und Vollständigkeit der Angaben. Verzögerung der Kursdaten: Deutsche Börse 15 Min., Nasdaq und NYSE 20 Min.