HAMBURG (dpa-AFX) - In die zähen Verkaufsverhandlungen um das seit Jahren brachliegende sogenannte Holsten-Areal in Hamburg-Altona kommt Bewegung. Die Adler Group als Eigentümerin habe der städtischen Wohnungsgesellschaft Saga und dem Immobilienentwickler Quantum die Exklusivrechte für den Erwerb des Areals erteilt, teilte Quantum mit. "Im nächsten Schritt werden die erforderlichen Details verhandelt", hieß es.
Ob der Verkauf gelingt, steht in den Sternen
Ob der Verkauf tatsächlich gelingt, steht jedoch in den Sternen. Denn das Holsten-Areal gilt als Paradebeispiel für Grundstücksspekulationen: Das rund 86.000 Quadratmeter große Gelände der ehemaligen Holsten-Brauerei war 2016 von Carlsberg an die Düsseldorfer Gerchgroup verkauft worden. Anschließend wurde es mehrfach weiterveräußert, ohne dass auf dem Areal gebaut wurde. Der Preis des Grundstücks vervielfachte sich .
Nach Angaben der Linken-Bürgerschaftsfraktion hätte die Stadt das Areal 2016 für rund 65 Millionen Euro kaufen können. Stattdessen stand es zwischenzeitlich mit 364 Millionen Euro in den Büchern der Adler Group - ein Preis, der als vollkommen überzogen gilt. Zuletzt war von 130 bis 180 Millionen Euro die Rede. Zum Verkauf des Grundstücks hatte Adler Ende vergangenen Jahres das international tätige Maklerunternehmen CBRE mit ins Boot geholt. Adler hat seinen rechtlichen Sitz in Luxemburg, operativ tätig ist das Unternehmen jedoch von Berlin aus.
Ursprünglich 1.200 Wohnungen geplant
Eigentlich sollten auf dem Holsten-Areal mehr als 1.200 Wohnungen entstehen, darunter rund 365 geförderte Mietwohnungen mit einer Mietpreis- und Belegungsbindung von 30 Jahren. Daneben sollte es unter anderem Kitas, Geschäfte, Büros und einen Handwerkerhof geben. Das Gelände liegt jedoch seit Jahren brach. Zum Ärger der Anwohner dominieren riesige Bauschuttberge, die die Nachbarschaft einstauben.
SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf sprach von einer guten Nachricht für Altona und ganz Hamburg. Mit der Saga sei ein städtischer Partner beteiligt, der für Verlässlichkeit stehe. "Jetzt gilt es, zügig einen belastbaren Verhandlungsabschluss zu erreichen und die nachhaltige Entwicklung des Quartiers im Sinne der Stadt sicherzustellen."
CDU: Planungen müssen neu bewertet werden
"Ganz Altona wartet sehnsüchtig darauf, dass auf dem Holsten-Areal endlich Wohnraum entsteht", erklärte die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Anke Frieling. Nach Jahren voller Stillstand und enttäuschter Erwartungen biete sich nun eine echte Chance. Doch die Euphorie dürfe nicht den Blick für die Herausforderungen verstellen: "Die bisherigen Planungen passen längst nicht mehr zu den wirtschaftlichen Realitäten." Nötig seien eine ehrliche Neubewertung, klare Prioritäten und der politische Wille, mutige Entscheidungen zu treffen. "Das ist kein gewöhnliches Bauprojekt."
In einer Petition des Denkmalvereins und der Holstenareal-Initiative "knallt am dollsten" fordern zahlreiche Unterzeichner wie die Umweltverbände BUND und Nabu sowie die Verbände Mieter helfen Mietern und Mieterverein zu Hamburg die Stadt auf, ihr Vorkaufsrecht wahrzunehmen und das Gelände zu einem unabhängig ermittelten Verkehrswert zu erhalten. Mindestens zwei Drittel der geplanten Wohnungen sollten zudem gefördert sein. Außerdem müssten unter anderem geschichtlich bedeutsame Altbauten kurzfristig gesichert und langfristig erhalten werden.
Initiative warnt vor Vorgehen wie bei den Esso-Häusern
Gleichzeitig warnten sie die Saga und Quantum vor einem Vorgehen wie beim Paloma-Viertel an der Reeperbahn. "Wie zuletzt die skandalösen Vorgänge rund um die ehemaligen Esso-Häuser (Paloma-Viertel) gezeigt haben, ist von diesem Duo nicht unbedingt Gutes zu erwarten", erklärte die Initiative. Hinweisen zufolge planten sie einen Abriss der historischen Brauereigebäude und eine weitere Verdichtung des geplanten Quartiers. "Dies wäre der nächste Mega-Skandal der Hamburger Stadtentwicklungspolitik."
Mitte November vergangenen Jahres hatten sich die Saga und Quantum mit der Bayerische Hausbau auf die Übernahme des Paloma-Viertels und die ebenfalls seit Jahren brachliegende Fläche am Spielbudenplatz in Hamburg St. Pauli verständigt. Allerdings weichen deren Pläne zur Überraschung und zum Ärger vieler Anwohner deutlich von den Ideen ab, die in einem viel beachteten Beteiligungsmodell von Interessenvertretern und der Nachbarschaft entwickelt worden waren./klm/DP/jha
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