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Bildung in Zeiten von Corona: Damit schießt sich Deutschland ein Eigentor


Bildung in Zeiten von Corona
Damit schießt sich Deutschland ein Eigentor


Aktualisiert am 21.06.2021Lesedauer: 3 Min.
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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: Auch im Herbst soll es in Deutschland weiter Wechselunterricht geben.Vergrößern des Bildes
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: Auch im Herbst soll es in Deutschland weiter Wechselunterricht geben. (Quelle: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld)

Im Distanzunterricht lernen Kinder so wenig wie in den Ferien – so das Ergebnis einer Studie. Trotzdem will Gesundheitsminister Jens Spahn an dem Modell festhalten. Selten war Politik so ideen- und konzeptlos.

Der Satz ist etwas kompliziert, aber er sitzt: "Die durchschnittliche Kompetenzentwicklung während der Schulschließungen im Frühjahr 2020 ist als Stagnation mit Tendenz zu Kompetenzeinbußen zu bezeichnen und liegt damit im Bereich der Effekte von Sommerferien."

Prof. Andreas Frey, der an der Goethe-Universität Pädagogische Psychologie lehrt, hat eine Studie zum Thema publiziert. Übersetzt lautet das Ergebnis: Ob die Kinder vor dem PC Aufgaben erledigten oder draußen rumtobten, machte für die Entwicklung ihrer Fähigkeiten in Mathematik, Deutsch oder Englisch keinen Unterschied.

Besonders stark seien Kompetenzeinbußen bei Kindern und Jugendlichen aus sozial schwachen Elternhäusern gewesen. "Hiermit sind die bisherigen Vermutungen durch empirische Evidenz belegt: Die Schere zwischen Arm und Reich hat sich während der ersten coronabedingten Schulschließungen noch weiter geöffnet", so Frey.

Eine Generation bleibt auf der Strecke

Es scheint, als bliebe hier eine Generation auf der Strecke. Doch es kommt noch schlimmer: Offenbar sieht die Regierung keinen erhöhten Handlungsbedarf.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte am Wochenende, dass Corona-Maßnahmen in den Schulen noch längere Zeit aufrechterhalten werden müssten. Im Herbst und Winter würden trotz derzeit sehr niedriger Inzidenzen voraussichtlich nach wie vor Maßnahmen wie Maskenpflicht oder auch Wechselunterricht notwendig sein.

Allerorten werden Lockerungen der Anti-Corona-Maßnahmen ins Spiel gebracht, die Abschaffung der Maskenpflicht wird diskutiert. Außen vor bleiben die Schulen. Und das zu einem Zeitpunkt, da sich durch die neue ansteckendere Delta-Variante des Coronavirus die Gefahr einer vierten Welle am Horizont abzeichnet.

40 Prozent der Schulen nicht ausreichend digitalisiert

Woran krankt es? Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes Heinz-Peter Meidinger erklärte im Deutschlandfunk Kultur: "Wir haben immer noch etwa 40 Prozent der deutschen Schulen ohne schnelles Internet." Und ohne schnelles Internet könne man das Streamen von Unterricht vergessen. Fast jede zweite Schule ist also immer noch nicht ausreichend digitalisiert ‒ in der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt. Hinzu kommen komplizierte Datenschutzregeln, die die Nutzung bestimmter digitaler Tools behindern oder sogar unmöglich machen.

Nächstes Problem: Raumluftfilteranlagen. Seit dem 11. Juni 2021 (!) können Schulen und Kitas beim Bund finanzielle Förderung für den Einbau beantragen ‒ 15 Monate nach dem Beginn der Pandemie in Deutschland. Nun drängt die Zeit. Meidinger betont, es müsse jetzt gehandelt werden, um die Technik noch in den Sommerferien in den Klassenzimmern einzubauen.

Impfungen nicht in Sicht

Weiterer Knackpunkt: Impfungen. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach stellt auf Twitter klar: "Wenn Kindern Impfstoff angeboten würde, wäre ein erneutes Schuljahr mit Wechselunterricht und Maske vermeidbar. Auf jeden Fall ist die Infektion mit der Delta-Variante für Kinder gefährlicher als die Impfung mit Biontech."

Die Ständige Impfkommission aber spricht keine generelle Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren aus. Sie empfiehlt Impfungen nur für 12- bis 17-Jährige mit bestimmten Vorerkrankungen. Ihr Vorsitzender, der Virologe Professor Thomas Mertens, beklagt, dass die Debatte zu einem politischen Thema gemacht wurde. Aber ist sie das nicht sowieso?

Es scheint, als hätten wir die Kinder aus dem Blick verloren in unserer Euphorie angesichts ergatterter Impftermine und angeschobener Urlaubsplanungen. Offenbar ist es in Deutschland wichtiger, Spitzenverdiener auf dem Fußballplatz das ganze Jahr über arbeiten zu lassen, statt in die Zukunft des Landes zu investieren. Damit schießen wir uns allerdings ein Eigentor.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Deutschlandfunk Kultur
  • Eigene Recherche
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