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Proteste im Iran | Das Militär droht einzugreifen


Proteste im Iran
Das Militär droht einzugreifen

Von t-online, js

Aktualisiert am 04.01.2018Lesedauer: 3 Min.
Ein Graffito zeigt die paramilitärischen Basidsch: Sie sind unter Regierungsgegnern besonders gefürchtet.Vergrößern des BildesEin Graffito zeigt die paramilitärischen Basidsch: Sie sind unter Regierungsgegnern besonders gefürchtet. (Quelle: Ebrahim Noroozi/ap)
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Eine Woche nach Beginn schwächen sich die Demonstrationen im Iran ab. Jetzt droht auch noch das Militär einzugreifen. Die Freitagsgebete könnten aber wieder für neue Proteste sorgen.

Der iranische Armeechef General Abdulrahim Mussawi hat den regimekritischen Demonstranten mit einem Eingreifen des Militärs gedroht. "Falls es notwendig gewesen wäre, würde sich auch die Armee an dem Kampf gegen die vom Teufel Verführten beteiligen", sagte Mussawi am Donnerstag nach einem Bericht des Nachrichtenportals Asriran.

Im Iran protestieren seit gut einer Woche Gegner der politischen und religiösen Führung. Für die Proteste machte Mussawi die USA, Israel und Saudi-Arabien verantwortlich – die üblichen Sündenböcke.

Mindestens 19 Tote bisher

Die Regierung geht bereits mit Gewalt gegen die Aufstände vor. Unter den zahlreichen Festgenommenen soll auch ein EU-Bürger sein, der nach offiziellen Angaben in der Stadt Borudscherd im Westen des Landes in Haft sitzt. Der örtliche Justizchef sagte der Nachrichtenagentur Tasnim, der Mann sei von europäischen Geheimdiensten entsandt worden, um Proteste zu leiten. Er sagte nicht, aus welchem Land der Mann stammt. Insgesamt sollen schon weit über 1000 Menschen festgenommen worden sein.

Auch Todesfälle gibt es immer wieder. Laut der Nachrichtenagentur Tasnim sollen Sicherheitskräfte ein "Terrorteam ausgelöscht" haben, das mit der Fortführung der Rebellion beauftragt gewesen sei. Schon bis zum Dienstag waren mindestens 19 Menschen getötet worden, die meisten von ihnen waren Demonstranten.

Die paramilitärischen Revolutionsgarden haben sich bereits eingeschaltet und die Proteste für gescheitert erklärt. Vor allem ihre Basidsch genannte Abteilung ist unter Regierungsgegnern wegen ihrer Brutalität gefürchtet, mehr noch als das Militär. Doch ein Einsatz des Militärs könnte die Situation noch einmal verschärfen.

Friedensnobelpreisträgerin ruft zu weiteren Protesten auf

Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi, die im Exil lebt, rief dennoch zu weiteren Protesten auf. Um Druck auf die Regierung auszuüben, sollten Iraner auch Strom- und Wasserrechnungen und Steuern nicht bezahlen oder Geld von den Konten der regierungseigenen Banken abziehen. Gewalt müsse aber vermieden werden.

Das Ausmaß der Proteste bleibt eine Woche nach ihrem Beginn unklar. Innenminister Abdulurea Rahmani Fasli sagte der Nachrichtenagentur Isna am Donnerstag, bisher hätten "höchstens 42 000 Menschen" teilgenommen. Beobachter halten das für untertrieben.

Der Forscher M. Ali Kadivar, der an der Brown-Universität in den USA zu Protestbewegungen im Iran arbeitet, registrierte bis Donnerstag Proteste in 75 Städten, allerdings vor allem in armen und ländlichen Gegenden, kaum in den großen Metropolen. Die Zahl der neu hinzukommenden Städte schrumpfe außerdem. Die Mittelschicht hält sich bisher weitgehend aus dem Protesten heraus. Sie fürchtet, dass gewalttätige Proteste den vorsichtigen Reformkurs unter Präsident Hassan Ruhani beschädigen und Hardliner zurückbringen könnten.

Die Freitagsgebete könnten entscheidend sein

Gleichzeitig fielen die von der iranischen Führung organisierten Gegenproteste auch am Donnerstag wieder sehr viel größer aus als die regimekritischen Demonstrationen. Am Vortag waren Hunderttausende Menschen für die Führung marschiert.

Wie es mit den Protesten weitergeht, könnte sich am Freitag entscheiden: Es ist ein freier Tag und in der Vergangenheit haben sich aus den Freitagsgebeten jäufig neue Demonstrationswellen entwickelt.

Medienberichten zufolge soll das Freitagsgebet in der Imam Chomeini Mosalla Moschee stattfinden. Gebetsführer ist der Hardliner Ahmad Chatami. Er gilt als Erzfeind der Reformer um Präsident Hassan Ruhani.

USA wollen Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats

Außenminister Sigmar Gabriel äußerte am Donnerstag Verständnis für die Proteste. Und er kritisierte die iranische Regierung. Die Rolle Irans in der gesamten Region müsse "weit friedfertiger werden", fordert der Außenminister in der aktuellen Ausgabe des Magazins "Der Spiegel".

Unterdessen haben die USA eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats beantragt. Das US-Außenministerium stellte sich hinter die Demonstranten. "Wir verurteilen auf das Schärfste die Todesfälle und die Gewalt gegen Demonstranten", sagte eine Sprecherin. Russland lehnt jede Einmischung in die iranische Innenpolitik ab. Eine Resolution wird der Sicherheitsrat daher kaum beschließen.

Der Iran selbst schreckt vor Einmischungen allerdings nicht zurück: Die Regierung hat die britische Medienaufsichtsbehörde Ofcom einem Bericht zufolge aufgefordert, die Berichterstattung einiger persisch-sprachiger Sender in London über die Proteste im Iran zu stoppen. Diese Sender würden Menschen im Iran «zum bewaffneten Aufstand» anstiften, heißt es nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna in einem Schreiben der iranischen Botschaft vom Donnerstag. Beobachter gehen davon aus, dass die Sender "BBC Persian" und "Manoto" gemeint sind.

Quellen:
- Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, AFP, AP
- eigene Recherchen

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