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UN-Klimagipfel COP26: "Nur der Anfang" - Was vom Klimapakt in Glasgow bleiben wird


"Nur der Anfang" - Was vom Klimapakt in Glasgow bleiben wird

Von dpa
Aktualisiert am 14.11.2021Lesedauer: 4 Min.
Der Umweltminister von Indien (l) im GesprÀch mit dem Chef-Verhandler von China.Vergrâßern des BildesDer Umweltminister von Indien (l) im GesprÀch mit dem Chef-Verhandler von China. (Quelle: Christoph Soeder/dpa./dpa)
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Glasgow (dpa) - Bevor er den Hammer fallen lΓ€sst, um den Klimapakt von Glasgow zu besiegeln, kΓ€mpft Alok Sharma mit den TrΓ€nen. "Ich bitte um Verzeihung fΓΌr die Art, wie das gelaufen ist", sagt der britische PrΓ€sident der Weltklimakonferenz am Samstagabend.

Kurz zuvor hatten China und Indien einem vorab schon als "historisch" gefeierten Satz zum Ende der Kohle in letzter Minute einiges von der Wirkung genommen. In der AbschlusserklΓ€rung der rund 200 Staaten ist nun nicht mehr vom Ausstieg (phase-out) die Rede, sondern nur noch vom Abbau (phase-down).

"Bittere Pillen"

Mehrere LΓ€nder empΓΆren sich ΓΌber diese "bittere Pille". Sie werfen Sharma vor, sie hinters Licht gefΓΌhrt zu haben. Auf diese Weise werde ihr der Beschluss genommen, den sie stolz nach Hause getragen hΓ€tte, sagt die Vertreterin der pazifischen Marshall-Inseln, Tina Stege. Sie stimme nur zu, weil andere Elemente des Textes eine "Rettungsleine" fΓΌr die Menschen in ihrer Heimat seien. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) lobt den Satz mit der Kohle wenige Minuten spΓ€ter dagegen als "weltbewegend".

Dazu muss man wissen: Es ist das erste Mal in der Geschichte der Klimakonferenz, dass Kohle - eine der grâßten Verursacher des Klimawandels - überhaupt in einem Vertragstext erwÀhnt wird. Was wenig konkret klingt, ist trotz allem ein diplomatisches Meisterstück.

Wie viel Schweiß und Überzeugungsgeschick es kostet, den grâßten gemeinsamen Nenner unter fast 200 LÀndern zu finden, wird in den letzten Stunden des Gipfels sichtbar, als die Verhandelnden im Plenum stundenlang durcheinander schwirren, gestikulieren und in Pulks über die großen Knackpunkte diskutieren. Der US-Sondergesandte fürs Klima, John Kerry, zieht hin und her, ein Wort zum chinesischen Verhandler hier, ein Schulterklopfen mit PrÀsident Sharma dort. Bis am Ende ein Text steht, den viele als "nicht perfekt" beschreiben - aber von dem nicht weniger als die Zukunft des Planeten abhÀngen soll.

Neubauer: "Betrug an allen jungen Menschen"

FΓΌr Klimaaktivistin Luisa Neubauer ist der Text "Betrug an allen jungen Menschen auf dieser Welt, die darauf setzen, dass sich Regierungen um ihre Zukunft kΓΌmmern". Er betrΓΌge auch alle Menschen, die schon heute unter "unertrΓ€glichen Klimafolgen" litten, so das GrΓΌnen-Mitglied in einer ersten Reaktion zur Deutschen Presse-Agentur.

"Wenn wir heute nicht handeln, werden in der Zukunft sehr gruselige Dinge passieren", warnt die Verhandlerin des Inselstaats Palau, vom steigenden Meeresspiegel bedroht, in der letzten Sitzung vor Abstimmung die Delegierten. Ihre Kollegin von den Marshall-Inseln erinnert an die letzte, fast ergebnislose Klimakonferenz in Madrid. "KΓΆnnen wir zurΓΌck auf unsere Inseln gehen mit nichts in der Hand? Aus meinem Land ist die Antwort: Nein."

Die Schere zwischen Arm und Reich, und was sie im Kampf gegen die Klimakrise bedeutet, ist eine der hÀsslichen Seiten des Mammuttreffens mit 40.000 Delegierten, das schließlich fast 30 Stunden in die VerlÀngerung ging. "Es ist ganz schân bitter, dass auch bei dieser Klimakonferenz die vulnerablen LÀnder von der EU und den USA an den Rand gedrÀngt wurden und nicht zugesagt bekommen haben, dass es wirklich vorangeht mit der Unterstützung bei der BewÀltigung der KlimafolgeschÀden", sagt Klima-Experte Jan Kowalzig von Oxfam.

Mehr Geld fΓΌr Klimaschutz und Anpassung soll es zwar geben, aber ihre Zusagen haben die reichen LΓ€nder bislang nicht gehalten. FΓΌr SchΓ€den gibt es nun zwar einen neuen Topf - aus dem soll aber nur technische UnterstΓΌtzung gezahlt werden, nicht fΓΌr die SchΓ€den selbst. Kowalzig meint: "Das ist, als wenn der Brandstifter dem EigentΓΌmer des zerstΓΆrten Hauses sagt: Ich zahle aber nur den Architekten fΓΌr den Neubau." Ohne Geld aus den reichen Industrienationen, die fΓΌr rund 80 Prozent aller Emissionen verantwortlich sind, geht aber nicht nur kein Wiederaufbau, sondern auch kein effizienter Klimaschutz.

Die "Bombe entschΓ€rft" - wie Gastgeber Boris Johnson es zu Beginn als Ziel ausgab - hat Glasgow also nicht. Das liegt schon allein daran, dass viele Staaten vor dem Gipfel ihre Hausaufgaben nicht gemacht und keine ehrgeizigen KlimaschutzplΓ€ne bei den UN eingereicht hatten - eine Hypothek fΓΌr den Gipfel schon zum Start.

Sogar Johnson selbst gibt zu, dass noch sehr, sehr viel zu tun sei. "Wir dΓΌrfen uns nichts vormachen: Wir haben den Klimawandel nicht geschlagen", sagt der Premierminister in der Nacht in einem Videoclip aus der Downing Street. Bescheidenheit kommt dem Briten trotzdem nicht in den Sinn. "Ich hoffe, dass wir auf die COP26 in Glasgow als Anfang vom Ende des Klimawandels zurΓΌckblicken werden."

Von all den Zahlen, mit denen die Verhandler in Schottland jonglierten, steht eine im Zentrum: 1,5 Grad. In der Wissenschaft gilt mittlerweile als Konsens, dass katastrophale Klimafolgen nur abgewendet werden kΓΆnnen, wenn sich die Erde nicht stΓ€rker erhitzt. Die Umweltministerin der Malediven, Aminath Shauna, sagt: "Der Unterschied zwischen 1,5 und zwei Grad ist fΓΌr uns ein Todesurteil."

Was bleibt nun also von dem Treffen, das das das 1,5-Grad-Ziel am Leben erhalten sollte? FΓΌr Greta Thunberg ist die Sache klar: "Blah, blah, blah". Ein Urteil, das die Klimaaktivistin schon gefΓ€llt hatte, lange bevor in Glasgow der Hammer fiel - weil das, was die Staaten bislang tun oder zusagen, eben bei weitem nicht ausreicht. Bis Ende nΓ€chsten Jahres soll deshalb nachgebessert werden. In Scharm el-Sheich in Γ„gypten steht im November 2022 der nΓ€chste Gipfel an.

Ein wenig Hoffnung fΓΌr die Zukunft seines Enkelsohns, den er vortags auf seinem Handy noch den Kameras der Welt gezeigt hatte, nimmt EU-Klimakommissar Frans Timmermans aus Glasgow aber mit. Zwar ist er enttΓ€uscht von der Kohle-Formulierung, aber auch beeindruckt, dass sich die Staaten am Ende doch erneut einig geworden sind. "Es hΓΆrt hier nicht auf", sagt der NiederlΓ€nder nach dem entscheidenden Hammerschlag. "Das hier ist nur der Anfang."

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