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"Markus Lanz" zum Ukraine-Krieg: "Die Atombombe ist eine psychologische Waffe"


Lanz-Talk über Kriegsangst
"Bei Herrn Lawrow knallen in diesem Moment die Korken"

Von Daniele Gambone

Aktualisiert am 12.05.2022Lesedauer: 4 Min.
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Manfred Lütz (Archivbild): In der jüngsten Lanz-Sendung kritisierte er die Kommunikation der Bundesregierung im Ukraine-Krieg.Vergrößern des Bildes
Manfred Lütz (Archivbild): In der jüngsten Lanz-Sendung kritisierte er die Kommunikation der Bundesregierung im Ukraine-Krieg. (Quelle: imago-images-bilder)

Könnte Deutschland unwillentlich in den Krieg hineingezogen werden? Die Gefahr wollte in Markus Lanz' Talkrunde niemand von der Hand weisen. In die Kritik geriet erneut die Kommunikationsstrategie des Kanzlers.

Macht sich Deutschland mit Waffenlieferungen und der Ausbildung ukrainischer Soldaten zur Kriegspartei? Bundesjustizminister Marco Buschmann versuchte am Mittwochabend in der ZDF-Talkshow "Markus Lanz", diese Befürchtung zunächst zu zerstreuen.

Die entsprechende völkerrechtliche Lage bezeichnete der FDP-Politiker als klar. Dennoch seien Fälle vorstellbar, in denen eine Spirale in Gang gesetzt werden könne und man sich in einem Krieg wiederfinde.

"Ich glaube, Wladimir Putin macht dann einen Schlag gegen den Westen, gegen die Ukraine, wenn er das für richtig hält", gab die "FAZ"-Redakteurin Helene Bubrowski zu bedenken. Die Journalistin riet dazu, Russland nicht zu signalisieren, dass man aus Angst, es könne eine Atombombe auf Berlin fallen, die Hose voll habe.

Vom Psychotherapeuten und Bestsellerautor Manfred Lütz kam deutliche Kritik an zwei Regierungsmitgliedern.

Die Gäste

  • Marco Buschmann, Bundesjustizminister (FDP)
  • Helene Bubrowski, "FAZ"-Journalistin
  • Gwendolyn Sasse, Politologin
  • Manfred Lütz, Psychiater

War die Solidarisierung mit der Ukraine anfangs noch nahezu unbegrenzt, lässt sich in Deutschland mittlerweile eine fragwürdige Verschiebung der Debatte beobachten. Diskutiert wird nun vor allem über den Sinn und Nutzen westlicher Waffenlieferungen an die Streitkräfte des völkerrechtswidrig von Russland attackierten Landes.

Dahinter verbirgt sich oftmals eine etwas andere Frage: Was könnte für den Rest Europas und der Welt gefährlicher sein, ein Sieg oder eine Niederlage Putins in der Ukraine? Der Psychiater und Theologe Manfred Lütz äußerte bei seinem Auftritt Verständnis für die in solchen Gedanken zum Ausdruck kommenden Ängste vor einem atomaren Schlag und einer geografischen Ausweitung des Konflikts.

Psychiater konstatiert brandgefährliche Lage

Die Situation sei "brandgefährlich", und der Kremlchef, sein Außenminister Sergei Lawrow sowie die russischen Medien nutzten Atomwaffen als Druckmittel. Umso deutlicher unterstrich Lütz die Bedeutung eines geschickten Handelns und Kommunizierens. "Ich glaube, die Atombombe ist tatsächlich eine psychologische Waffe", sagte er.

"Gegen diese Gefahr hilft nur Stärke und Einigkeit", so der ehemalige Leiter des Alexianer Krankenhauses in Köln weiter. Bundeskanzler Olaf Scholz, dessen Auftreten der Wissenschaftler bemängelte, riet er, sich ein wenig mehr an amerikanischen Politikern zu orientieren. Deren selbstbewusste, aber nicht auf Eskalation zielende Reaktionen auf Putin seien "völlig professionell" und "absolut cool".

Lütz: "In dem Moment knallen bei Herrn Lawrow die Korken"

Dass hingegen in Deutschland der Bundeskanzler im Zusammenhang mit Waffenlieferungen "seine Angst vor dem Dritten Weltkrieg" betone, nannte Lütz "wirklich unverantwortlich". Der Psychiater gab zu bedenken: "In dem Moment knallen bei Herrn Lawrow die Korken."

Auch mit Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und der Gruppe um "Emma"-Herausgeberin Alice Schwarzer, die sich in einem offenen Brief an Scholz gegen Waffenlieferungen ausgesprochen hatte, ging Lütz hart ins Gericht.

Während die SPD-Politikerin auf ihn "nicht kompetent" wirke, warf er den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern des Briefes eine Täter-Opfer-Umkehr und eine gewisse Verwirrung vor. Er habe den Eindruck, "dass viele Intellektuelle in Deutschland ihre geistige Heimat verloren haben", führte Lütz aus.

Russische Debatte laut Politologin auf Sieg fokussiert

"Viele, die sich zu Wort melden, beschäftigen sich eigentlich mehr mit sich selbst und ihren vertrauten Argumentationsmustern als mit dem, was gerade vor Ort in der Ukraine passiert", stimmte Gwendolyn Sasse zu.

Die Politologin und Slawistin bemängelte, dass die Entwicklung der ukrainischen Zivilgesellschaft in der hierzulande "doch sehr stark auf Russland fokussierten Debatte" der vergangenen Jahre generell zu kurz gekommen sei.

In Russland selbst könne man wiederum ein "psychologisches Aufheizen der Stimmung" und eine Fokussierung auf den Begriff "Sieg" beobachten, erklärte die Direktorin des Zentrums für Osteuropa- und internationale Studien.

"Wir als Bundesregierung haben klar gesagt: Die Ukraine darf den Krieg nicht verlieren", hielt Justizminister Buschmann dieser russischen Position entgegen. Putin, der über Jahre ausgetestet habe, wie weit er gehen könne, komme sonst auf die Idee, seinen kriegerischen Kurs in Osteuropa fortzusetzen. Es sei allerdings kein Naturgesetz, dass nicht auch Deutschland gegen den eigenen Willen "in einen Krieg hineingezogen" werden könne, mahnte das Kabinettsmitglied gleichzeitig an.

Völkerrechtlerin rät dazu, sich von Ängsten frei zu machen

Man müsse sich von solchen Ängsten frei machen, da man sonst nicht frei denken könne, forderte die Journalistin und Völkerrechtlerin Bubrowski. Selbst wenn Deutschland sich entscheide, der Ukraine nicht nur mit Waffenlieferungen, sondern auch mit Kampfhandlungen zu helfen, rechtfertige das völkerrechtlich keinen Angriff, führte die "FAZ"-Redakteurin aus. Andererseits machte Bubrowski weder sich noch dem Publikum irgendwelche Illusionen darüber, dass der russische Präsident aus rechtlichen Gründen davor zurückschrecken würde.

Lütz war dieser Ausblick offensichtlich zu düster, weshalb er, ganz Psychotherapeut, gegen Ende der Sendung etwas Hoffnung aufschimmern ließ. Schließlich könne Putin in Russland jede beliebige militärische Situation als Erfolg deklarieren, was einen Kompromiss durchaus möglich mache. "Das Wort Sieg wird, das wäre meine Prognose, in jedem Fall in der russischen Zeitung stehen am Ende des Waffenstillstands, egal wo die Truppen stehen", mutmaßte der Wissenschaftler mit einem gewissen Optimismus.

Verwendete Quellen
  • "Markus Lanz" vom 11. Mai 2022
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