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Ukraine-Beitritt? "Die EU muss höllisch aufpassen"


Beitrittskandidat Ukraine
Die EU muss jetzt höllisch aufpassen

  • David Schafbuch
MeinungEin Kommentar von David Schafbuch

Aktualisiert am 17.06.2022Lesedauer: 3 Min.
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Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine: Er hofft, dass sein Land möglichst schnell Mitglied der EU werden kann.Vergrößern des Bildes
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine: Er hofft, dass sein Land möglichst schnell Mitglied der EU werden kann. (Quelle: Sarsenov Daniiar/Ukraine/imago-images-bilder)

Dass die Ukraine Beitrittskandidat für die Europäische Union werden soll, ist der richtige Weg. Doch die EU und ihre Mitgliedsstaaten dürfen jetzt keinen Fehler machen: Das Land darf nicht bevorteilt werden.

Ursula von der Leyen hätte eigentlich gar nichts sagen müssen. Der knallgelbe Blazer und ihre blaue Bluse verrieten bereits, dass sie gute Neuigkeiten für die Ukraine mitbringen würde. Dass die Kommissionschefin den EU-Kandidatenstatus für das Land empfiehlt, war ohnehin keine Überraschung mehr. Die Unterstützung durch Olaf Scholz in Kiew, gemeinsam mit den Staats- und Regierungschefs aus Frankreich, Rumänien und Italien, war bereits ein großer Wink mit dem Zaunpfahl.

Die EU-Kommission empfiehlt zu Recht, dass die Ukraine den Status als Beitrittskandidat erhält. Die Reaktionen von Wolodymyr Selenskyj oder des Botschafters Andrij Melnyk auf die Worte von Scholz und Co. zeigten schon am Vortag, wie wichtig dieses Signal für den inneren Zusammenhalt des Landes ist. Die Freiheit Europas und des Westens wird in diesen Tagen in der Ukraine verteidigt. Die Zustimmungswerte für einen EU-Beitritt sind in dem Land seit Monaten kontinuierlich gewachsen. Für diese Perspektive seien Ukrainer bereit zu sterben, hatte von der Leyen betont. Dem Staat aktuell eine europäische Zukunftsperspektive zu verweigern, wäre ein verheerendes Signal gewesen.

Warnung vor dem "geostrategischen Tunnelblick"

Doch die EU-Kommission hat gleichwohl völlig recht, wenn sie der Ukraine – anders als im Februar von Selenskyj gefordert – keine Sonderbehandlung einräumt. Der Weg in die Staatengemeinschaft darf auf keinen Fall ein Selbstläufer werden. Denn aktuell ist die Ukraine noch weit davon entfernt, an die Tür der EU zu klopfen. Die Volkswirtschaft zählte vor Kriegsbeginn zu den schwächsten Europas, der Rechtsstaat ist wacklig, Korruption weit verbreitet. In allen drei Bereichen müssen in Zukunft deutliche Verbesserungen eintreten. So schreiben es auch die offiziellen Vorgaben aus Brüssel vor.

Gleichzeitig darf die EU andere Kandidatenländer jetzt nicht vor den Kopf stoßen: Länder wie Bosnien-Herzegowina oder die Türkei stehen schon seit Jahren in der EU-Warteschlange. Die Anwärterstaaten werden nun genau hinschauen, was in Kiew und Brüssel passiert. Wird der Weg in die EU für die Ukraine verwässert, dürften auch sie auf ein schnelleres Verfahren drängen.

Der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg hat deshalb recht, wenn er im Deutschlandfunk vor einem "geostrategischen Tunnelblick" bei der Ukraine warnt. Die Skepsis anderer Länder jenseits von Deutschland, Frankreich, Italien und Rumänien muss ernst genommen werden. Denn einem Beitritt müssen am Ende alle EU-Staaten zustimmen. Dass sich die 27 Länder schon kommende Woche gemeinsam für den Kandidatenstatus aussprechen, ist alles andere als sicher.

Auch die EU hat eine Beistandsklausel

Auf die Ukraine kommt also noch eine Menge Arbeit zu – selbst wenn das Land sich aktuell nicht im Krieg befinden würde. Denn der macht es de facto unmöglich, schnell in die EU einzutreten. Auch in der Staatengemeinschaft gibt es eine Beistandsklausel, wodurch die EU-Länder Kriegspartei werden könnten. Das möchte nicht nur Bundeskanzler Scholz mit allen Mitteln verhindern.

Somit bleibt die Aussicht auf eine EU-Mitgliedschaft aktuell ein starkes Zeichen der Solidarität – nicht mehr und nicht weniger. Kurzfristig wird sich dadurch für die Ukraine nichts ändern. Damit der Staat überleben kann, muss er Russland zurückdrängen. Ohne weitere militärische Unterstützung des Westens wird das nicht funktionieren. Dazu schwieg von der Leyen auf ihrer Pressekonferenz. Und auch Olaf Scholz, Emmanuel Macron, Mario Draghi und Klaus Johannis wurden in Kiew bei dem Thema zumindest öffentlich nicht allzu konkret.

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