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Griechenland: Flüchtlinge auf See ausgesetzt – Video zeigt illegale Praxis


Vor laufender Kamera
Küstenwache setzt Mütter und Kinder auf See aus

Von t-online, mk

19.05.2023Lesedauer: 3 Min.
imago images 0199856561Vergrößern des BildesEin Boot der griechischen Küstenwache (Archivbild): "Wir haben nicht gedacht, dass wir den Tag überleben würden". (Quelle: IMAGO/Nicolas Economou)
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Schon länger steht Griechenland im Verdacht, Geflüchtete ohne Asylverfahren auf See auszusetzen. Jetzt dokumentiert erstmals ein Video die illegale Praxis.

Es sind Bilder, die nicht nur den griechischen Grenzschutz in Erklärungsnot bringen, sondern die gesamte Europäische Union. Auf dem Video ist zu sehen, wie Beamte in Uniform auf einem Boot des griechischen Grenzschutzes eine Gruppe von zwölf Menschen auf einem Schlauchboot aussetzen – und dann einfach wegfahren.

Es ist das erste Mal, dass die Praxis der sogenannten Pushbacks im östlichen Mittelmeer in einem Video dokumentiert wird. Aufgenommen hat es ein österreichischer Aktivist, der das Video der "New York Times" weiterleitete. Die Zeitung hat die Echtheit der Bilder geprüft und die Geschichte dahinter nun veröffentlicht.

EU finanzierte Boot der Küstenwache

Das am 11. April entstandene Video zeigt zunächst, wie die zwölf Menschen von maskierten Männern aus einem weißen, unmarkierten Transporter heraus auf ein Schnellboot vor der Küste der griechischen Insel Lesbos gebracht werden. Das Schnellboot fährt die Menschen dann zu einem Boot der griechischen Küstenwache, das sich in türkischen Gewässern befindet. Finanziert wurde das Boot nach Recherchen der "New York Times" mit EU-Mitteln.

Auf dem Video ist zu sehen, wie die zwölf Menschen von dem Schnellboot aus das Boot der griechischen Küstenwache besteigen. Von dort setzen die Grenzbeamten sie in ein Rettungsboot und lassen sie zu Wasser. Zunächst fährt das Schnellboot davon, dann dreht auch das Boot der Küstenwache ab und fährt weg. Zurück bleibt das schwarze Rettungsboot mit den zwölf Geflüchteten, die nun ohne Antrieb in der Nachmittagssonne im ägäischen Meer treiben.

Ihre Habe wurde den Menschen abgenommen

"Wir haben nicht gedacht, dass wir den Tag überleben würden", berichtet die 27-jährige Somalierin Naima Hassan Aden, die zusammen mit ihrem sechs Monate alten Sohn Awale in dem Schlauchboot ausgesetzt wurde. Die Reporter der "New York Times" haben elf der zwölf Personen in dem Video in einem Flüchtlingslager im türkischen Izmir ausfindig gemacht und nach ihrer Geschichte befragt, bevor sie ihnen das Video des österreichischen Aktivisten zeigten.

Die Menschen aus Somalia, Eritrea und Äthiopien hätten größtenteils noch dieselbe Kleidung wie in dem Video getragen. Bevor sie von den maskierten Männern in das Schnellboot gesetzt wurden, habe man ihnen sämtliche Habe abgenommen, berichten die Geflüchteten. Die Insel Lesbos hätten sie erst kurz zuvor auf einem Schlauchboot von Schleppern erreicht. Zu der Gruppe gehörten auch die 40 Jahre alte Sulekha Abdullahi mit ihren sechs Kindern zwischen zwei und 17 Jahren sowie der 25-jährige Mahdi und die 33-jährige Miliyen.

Griechenland reagiert nicht auf Anfragen

Überlebt hat die Gruppe wohl nur, weil sie nach mehreren Stunden von zwei Booten der türkischen Küstenwache gerettet wurde. Auch das ist auf dem Video zu sehen. Die griechischen Behörden informierten die türkische Küstenwache nach solchen "Pushbacks" häufig per Fax, dass sich in deren Gewässern schiffbrüchige Geflüchtete befänden, so die "New York Times" – sehr zum Ärger der türkischen Behörden. Diese hätten der Zeitung auch deshalb Zugang zu dem Flüchtlingslager in Izmir gewährt.

Die griechische Regierung hat auf die Anfragen der Zeitung zu dem Video bislang nicht reagiert. Die konservative Regierung von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis bezeichnet die eigene Flüchtlingspolitik als "hart, aber fair" und preist sich für einen Rückgang der "illegalen Migration" um 90 Prozent. Menschenrechtler werfen der Regierung in Athen dagegen schon lange vor, die Rechte von Schutzsuchenden nicht ausreichend zu beachten.

Hohe Beamte der EU-Kommission hätten sich angesichts der Aufnahmen besorgt gezeigt und wollten die Angelegenheit mit den griechischen Behörden besprechen, schreibt die Zeitung. "Griechenland muss seine Verpflichtungen nach internationalem und EU-Recht ernst nehmen", sagte der Zeitung Anitta Hipper, die Sprecherin der Kommission zu Fragen der Migration. "Dazu gehört, den Zugang Schutzsuchender zum Asylverfahren sicherzustellen."

Verwendete Quellen
  • nytimes.com: "Greece Says It Doesn’t Ditch Migrants at Sea. It Was Caught in the Act." (englisch; Stand: 19. Mai 2023)
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