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Ukraine-Krieg: Putin sitzt in der China-Falle fest


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Probleme für Russland
Putin sitzt in der China-Falle


08.04.2024Lesedauer: 6 Min.
Xi Jinping und Wladimir Putin: Der Ukraine-Krieg ist auch eine Belastungsprobe für ihr Bündnis.Vergrößern des Bildes
Xi Jinping und Wladimir Putin: Der Ukraine-Krieg ist auch eine Belastungsprobe für ihr Bündnis. (Quelle: Reuters/ t-online/imago-images-bilder)
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Nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine stürzte Wladimir Putin sein Land in die Abhängigkeit von China. Das wird nun zunehmend zum Problem für Russland. Die chinesisch-russische Freundschaft zeigt erste Brüche.

Ein Ende des Ukraine-Krieges ist noch nicht in Sicht, aber Russland zeichnet stets ein Bild der Stärke von der eigenen Situation. Russland könne militärisch gar nicht verlieren, die westlichen Sanktionen seien wirkungslos und würden die russische Wirtschaft sogar stärken. Diese Narrative werden von der russischen Propaganda weit über die Landesgrenzen hinaus gestreut und auch von kremlnahen Politikern in Deutschland aufgegriffen. Doch mit der Realität haben diese Darstellungen wenig zu tun.

Zwar wird Wladimir Putin laut Experten noch mindestens bis ins Jahr 2025 über ausreichend finanzielle Mittel verfügen, um seinen Krieg weiterzuführen. Das liegt aber vor allem daran, dass der Kreml auf genügend Rücklagen zurückgreifen kann. Russland hat viele Jahre vor Beginn der Invasion in der Ukraine eine verantwortungsvolle Fiskalpolitik betrieben. Die finanziert nun Putins Angriffskrieg.

Dennoch haben die westlichen Sanktionen und die wirtschaftliche Entkopplung von den europäischen Märkten fatale Folgen für Russland. Einerseits brechen laut Angaben des russischen Finanzministeriums die Einnahmen aus Rohstoffexporten ein. Andererseits musste Putin durch die Sanktionen alles auf eine Karte setzen, und zwar auf China.

Das wird Moskau nun zum Verhängnis, denn im Laufe dieses Konfliktes wird immer deutlicher, dass Xi Jinping vor allem eigene Interessen verfolgt. Zwar schließt das ein, dass China um jeden Preis verhindern möchte, dass Russland verliert. Aber wirtschaftlich läuft die Zusammenarbeit von chinesischer Seite aus zögerlich – zum Ärger des Kremls.

Putin fehlt es an Alternativen, er sitzt in der China-Falle. Fest steht: Die "grenzenlose Partnerschaft", die beide Präsidenten mehrfach beschworen haben, hat offenbar doch Grenzen. Zumindest für China.

Kein Bündnis auf Augenhöhe

Die chinesische Führung stärkt Putin zwar auch weiterhin den Rücken und verzichtet auf eine Verurteilung der russischen Invasion in der Ukraine. Ohne China könnte Putin seinen Krieg nicht führen. Auch dank der chinesischen Hilfe konnte die russische Wirtschaft den Kollaps bislang abwenden. Peking kauft russische Rohstoffe, ohne Chinas Zustimmung könnte Nordkorea keine Artilleriemunition an Russland verkaufen. Außerdem dient der chinesische Yuan für russische Banken als Reservewährung, seitdem Russland vom westlichen Zahlungsverkehr in US-Dollar oder Euro abgeschottet ist.

Besonders brisant aus westlicher Perspektive: China liefert laut einem Bericht des Atlantic Council zwar keine Waffen an Russland, aber eine Menge Dual-Use-Güter, die auch einen militärischen Verwendungszweck haben. Insgesamt hält China Putins Regime am Leben, aber wie lange noch?

Die Interessen von Xi Jinping erscheinen klar. China teilt sich mit Russland eine 4.000 Kilometer lange Grenze und Peking möchte es nicht riskieren, dass Putin durch eine mögliche Kriegsniederlage gestürzt und dadurch die Atommacht Russland innenpolitisch destabilisiert wird. Außerdem braucht Xi den Kreml als Partner im Ringen mit dem Westen um eine neue Weltordnung. Und billige russische Rohstoffe sind natürlich von Vorteil für die energiehungrige Wirtschaft der Volksrepublik.

Eigentlich wollte Xi den Konflikt mit dem Westen aber noch nicht forcieren, da die chinesische Wirtschaft nach der Coronakrise noch extrem angeschlagen ist. Doch für Peking hat die gegenwärtige Situation auch Vorteile. Denn die Machtverhältnisse in dem chinesisch-russischen Bündnis sind geklärt, es ist schon lange keine Partnerschaft auf Augenhöhe mehr. Russland ist von China abhängig und Xi verfolgt vor allem seine eigenen Interessen – auch wenn diese Moskau schaden.

Streit ums Gasgeschäft

Insgesamt ist die chinesische Führung längst verwundert darüber, wie sehr sich Putin in diesem Krieg verrannt hat. Das sagen westliche Diplomaten regelmäßig seit zwei Jahren nach Gesprächen mit Chinesen. Mittlerweile gibt es zudem einige Bereiche, in denen sich die Partner nicht mehr einig sind. Unstimmigkeiten gibt es zum Beispiel beim Bau der großen Erdgaspipeline "Power of Siberia-2" durch die Mongolei. Dort kommt es laut mongolischen Angaben zu großen Verzögerungen, weil die russische und die chinesische Seite in wichtigen Fragen – wie etwa bei der Preisgestaltung – Differenzen haben. Die Folge: vorübergehender Baustopp.

Wie Historiker immer wieder betonen, ist die russisch-chinesische Freundschaft nicht historisch gewachsen. Im Gegenteil: Es gab in der Vergangenheit zwischen den beiden Großmächten immer wieder Konflikte. Auch wenn sich die Beziehungen deutlich verbessert haben, ist das Misstrauen noch immer groß.

Dass Putin die chinesische Währung Yuan als Russlands wichtigste Reservewährung aufgebaut hat, war mehr eine Verzweiflungstat, weil es ihm schlichtweg an Alternativen fehlt. Aber auch in Finanzfragen lassen sich die Konflikte nicht mehr verheimlichen – und das könnte zu massiven Problemen für die russische Wirtschaft führen.

Russland gibt "gewisse Probleme" zu

Nachdem die Sanktionen gegen Russland bislang nicht die erhoffte Wirkung zeigen, fokussiert sich der Westen nun auf sogenannte Sekundärsanktionen. Es stehen also die Staaten im Fokus, die es Moskau ermöglichen, Sanktionen zu umgehen. Die Türkei, Indien oder eben China.

Dabei haben vor allem die USA eine Trumpfkarte in der Hand. Die US-Regierung droht den Ländern damit, dass ihre Banken und Unternehmen vom Zahlungsverkehr in US-Dollar ausgeschlossen werden könnten. Das wäre auch für China fatal und Peking nimmt diese Gefahr anscheinend sehr ernst.

So ziehen sich chinesische Unternehmen aus Geschäften mit Russland zurück und chinesische Banken haben in letzter Zeit immer häufiger die Annahme von Yuan-Zahlungen aus Russland eingestellt. Die US-Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete im März, dass russische Unternehmen nun mit höheren Kosten rechnen müssen, wenn sie Kredite in Yuan aufnehmen. Auch bei staatlichen Krediten in Yuan wurde laut dem russischen Finanzminister Anton Siluanow bisher keine Einigung erzielt.

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Kreml-Sprecher Dimitri Peskow versucht zu beschwichtigen: "Natürlich hält der beispiellose Druck der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union auf die Volksrepublik China an, auch im Zusammenhang mit den Beziehungen zu uns", meinte er kürzlich laut Reuters bei einer Telefonkonferenz mit Reportern. "Dies schafft natürlich gewisse Probleme, kann aber nicht zu einem Hindernis für die weitere Entwicklung unserer Handels- und Wirtschaftsbeziehungen (Anm. d. Red.: mit China) werden."

China zögert

Aber "Hindernis" ist durchaus untertrieben. Russische Ölkonzerne sind mit Zahlungsverzögerungen von mehreren Monaten oder sogar Transaktionsverweigerungen konfrontiert, da einige Banken aus der Türkei, China und sogar den Vereinigten Arabischen Emiraten Sekundärsanktionen befürchten. Auch das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters mit Verweis auf mehrere Quellen, die mit den Vorgängen vertraut sind.

Zum Ärger in Moskau trägt bei, dass sich US-Präsident Joe Biden und Xi Jinping über diese Fragen austauschen, zuletzt bei einem Telefonat Anfang April. Putin, der immer auf Augenhöhe mit den USA verhandeln wollte, ist ausgeschlossen. Während die beiden Supermächte reden, sitzt er am diplomatischen Kindertisch.

Es geht dem Kreml-Chef also ans Geld, und Rohstoffgeschäfte sind das Fundament der russischen Wirtschaft. Neben Russland steht auch Indien auf der Schwarzen Liste der USA, da indische Unternehmen mit Schattenflotten auf den Ozeanen dabei helfen sollen, Sanktionen bei russischen Öllieferungen zu umgehen. Auch das soll sich künftig ändern.

Da chinesische Banken ihre Yuan-Geschäfte mit Russland einstellen, müssen sich russische Unternehmen an heimische Banken wenden, die in China eine Zweigstelle haben. Das ist nur die VTB-Bank. Aber auch das läuft nicht, denn die Nachfrage ist so groß, dass sich ein Engpass gebildet hat. Manche Firmen warten bis zu sechs Monate auf eine Kontoeröffnung, berichtete Reuters. "Die einzige (russische) Bankfiliale in China ist nicht so groß und in letzter Zeit kam es zu erheblichen Verzögerungen bei der Bearbeitung von Dokumenten", sagte eine anonyme Quelle der Nachrichtenagentur.

China tut nichts, um Russland in dieser Hinsicht zu unterstützen. Die Strategie dahinter scheint klar zu sein: China verzögert zunächst einmal die Geschäfte mit Russland und hofft darauf, dass eventuell Donald Trump im November die US-Präsidentschaftswahl gewinnt. Trump hätte vor allem amerikanische Interessen im Blick und würde vielleicht Abstand von den Sekundärsanktionen nehmen, wenn diese den USA schaden – so zumindest die Hoffnung in Peking. Bis dahin wird der Kreml von Peking hingehalten.

Für Russland dagegen bringt die aktuelle Lage vor allem die Erkenntnis, dass ohne China der wirtschaftliche Kollaps des Landes drohen würde. So gab die russische Zentralbank in einem kürzlich veröffentlichten Bericht zu, dass es für die eigenen Reserven nur begrenzte Alternativen zum chinesischen Yuan gibt. Putin hat sich also in den vergangenen zwei Jahren vor einen Abhang gestellt und er muss hoffen, dass Xi Jinping ihn nicht hinunterschubst.

Verwendete Quellen
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