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Krieg in Nahost | Regimewechsel im Iran? Netanjahus große Wette


Regimewechsel im Iran
Geht Netanjahus Wette auf?

Von t-online, mk

Aktualisiert am 19.06.2025 - 20:58 UhrLesedauer: 3 Min.
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Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu: Er will das Regime im Iran zu Fall bringen. (Quelle: IMAGO/Haim Zach/Israel Gpo)
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Die israelische Regierung spekuliert auf einen Regimewechsel im Iran. Doch Experten sind skeptisch.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu lässt keinen Zweifel daran, dass die Angriffe auf den Iran nicht nur das Atomprogramm des Landes zerstören sollen – sondern nach Möglichkeit das Mullah-Regime gleich mit. Sogar die gezielte Tötung des iranischen Staatschefs Ali Chamenei hält sich Israel offen. Doch Netanjahus Wette auf einen Regimewechsel kann nur aufgehen, wenn es im Iran zu Massenprotesten gegen Chamenei und dessen Apparat kommt – und das ist mehr als ungewiss.

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Dabei ist das israelische Kalkül nicht unbegründet: In den vergangenen 20 Jahren hat es im Iran mindestens zwölf große Aufstände gegeben, besonders heftige in den Jahren 2009, 2017 und zuletzt 2022 nach dem Tod der Studentin Jina Mahsa Amini in der Folterhaft der Sittenpolizei. Jedes Mal schlug das Regime die Proteste brutal nieder, tötete Tausende Menschen. Im Zusammenhang mit den Amini-Protesten richtete das Regime allein 2023 noch mindestens 700 weitere Menschen hin – für Experten ein klares Zeichen der Schwäche des Regimes, das sich offenbar nur mit blanker Gewalt an der Macht hält.

Führungswechsel innerhalb des Regimes?

Aber reicht der Hass auf das Regime, um die Iraner erneut zum Aufstand zu bewegen? Zwar gibt es Berichte über vereinzelte Proteste und Schmährufe gegen Chamenei auf Hausdächern und Balkonen, aber eine organisierte Opposition gibt es laut Experten nach den harschen Repressionen der vergangenen Jahre kaum. Offen scheint auch, ob die israelischen Angriffe die Bedingungen für eine neue Freiheitsbewegung schaffen können – oder ob Chaos und Angst am Ende nicht dem Regime in die Karten spielen.

Der Nahostexperte Daniel Gerlach hält einen erfolgreichen Volksaufstand im Iran für unwahrscheinlich. "Es kann aber sein, dass es innerhalb des Regimes zu einem Machtwechsel kommt", sagte der studierte Historiker und Orientalist t-online. "Ein mögliches Szenario wäre, dass es aus Kreisen der Armee oder der politischen Reformer zu einem Führungswechsel kommt", so Gerlach. Dass die iranische Exilopposition die Führung des Landes übernehmen könnte, glaubt Gerlach nicht.

Daniel Gerlach, Nahost-Experte und Chefredakteur des Fachmagazins Zenith.
Daniel Gerlach, Nahostexperte und Chefredakteur des Fachmagazins "Zenith". (Quelle: zenith)

Zur Person

Daniel Gerlach ist Autor, Nahostexperte und Direktor der Denkfabrik Candid Foundation. Zudem gibt er das Fachblatt "Zenith – Zeitschrift für den Orient" heraus und ist dessen Chefredakteur. Gerlach studierte in Hamburg und Paris Orientalistik und Geschichte. Er gilt als einer der führenden Experten in Deutschland für den Nahen Osten und die muslimische Welt.

Übernimmt die Exilopposition die Macht im Iran?

So hat der im US-Exil lebende Sohn des letzten Schahs von Persien, Reza Pahlavi, in einer Ansprache an das iranische Volk zum Umsturz des Regimes aufgerufen. "In der US-Regierung kursiert diese Idee, aber das halte ich eher für Fantasie. Der Iran ist kein kleines Fürstentum, sondern ein Vielvölkerstaat mit fast 90 Millionen Einwohnern."

Die größte Gefahr sieht Gerlach in einer Ethnisierung des Konflikts, beispielsweise durch einen Aufruf zum Aufstand an die kurdische oder die schiitische Bevölkerung des Landes. "Das gab es schon während des Golfkriegs 1991, als die Amerikaner die Kurden im Irak zum Aufstand aufriefen. Dann zogen sich die Amerikaner zurück und Saddam Hussein ließ den Aufstand der Kurden blutig niederschlagen. Wer jetzt versucht, diese Karte im Iran zu spielen, zündelt an einer ganz gefährlichen Lunte", so der Experte.

"Das ist hochgefährlich"

Auch die deutsch-iranische Journalistin Gilda Sahebi glaubt nicht daran, dass die israelischen Angriffe zur Befreiung des Iran führen werden. "Zu protestieren ist für die Menschen im Iran gerade das Letzte, woran sie denken", sagte Sahebi am Donnerstag im Deutschlandfunk. "Sie versuchen gerade, sich und ihre Familien zu retten, und es wäre wahnsinnig gefährlich." Das iranische Regime gehe wie immer mit sehr viel Grausamkeit gegen die eigene Bevölkerung vor, so Sahebi: "Wenn jetzt Menschen wagen würden, auf die Straße zu gehen, wären sie sofort tot oder im Gefängnis."

Sahebi glaubt, dass die israelische Regierung erst im Zuge ihrer anfänglichen militärischen Erfolge gegen den Iran darauf gekommen ist, einen Regimewechsel anzustreben. "Im Laufe dieses Kriegs hat sich die israelische Regierung, offensichtlich in Abstimmung mit den USA, gesagt, da können wir mehr machen", so Sahebi. "Und das ist hochgefährlich. Das Regime hält das Land seit 46 Jahren in der Hand. Mit Luftschlägen lässt sich dieses Regime nicht stürzen, da müsste es Bodentruppen geben. Ein diktatorisches Regime kann nur von innen gestürzt werden, die Menschen im Iran müssen das in der Hand haben."

Verwendete Quellen
  • Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters
  • Eigene Recherche

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