Zollstreit mit den USA Trump lockt mit Deal – deutsche Firmen winken ab

Kurz vor Ablauf von Trumps Ultimatum kommt Bewegung in den Zollstreit der EU mit den USA. Doch viele deutsche Firmen haben den US-Markt schon abgeschrieben.
Der Zollstreit zwischen der EU und den USA geht in die heiße Phase: Am 1. August läuft die Frist ab, die US-Präsident Donald Trump für die Verhandlungen mit Brüssel gesetzt hat. Eine weitere Verlängerung soll es dieses Mal nicht geben. Doch nun zeichnet sich ein möglicher Kompromiss ab.
- Trump droht mit Zöllen: Experte sieht Bluff der USA
- Weltpolitik im Supermarkt: So wirken sich Trumps Zölle auf Ihren Einkauf aus
- Zoll-Schock für die Weltwirtschaft: "Das wird zur Verarmung des Volkes führen"
So äußerten sich EU-Diplomaten am Mittwoch zuversichtlich, dass man sich mit Washington auf einen 15-prozentigen Zollsatz auf EU-Waren einigen könnte. Auf diesen Satz haben sich die USA gerade mit Japan geeinigt – bisher waren auf japanische Waren 25 Prozent Aufschlag fällig. Auf Waren aus der EU erheben die USA seit Anfang April "Basiszölle" in Höhe von zehn Prozent. Kommt es nicht zu einer Einigung, steigt dieser Satz am 1. August auf 30 Prozent.
Auch Donald Trump selbst hat inzwischen eine Einigung mit der EU in Aussicht gestellt. "Wenn sie zustimmen, die Union für amerikanische Unternehmen zu öffnen, dann werden wir einen niedrigeren Zoll erheben", sagte Trump am Mittwoch (Ortszeit) vor Journalisten. Man sei in ernsthaften Verhandlungen mit Brüssel. Auch Kanzler Friedrich Merz (CDU) äußerte sich am Mittwochabend zuversichtlich über die Verhandlungen, "zu der wir in diesen Minuten hören, dass es möglicherweise Entscheidungen geben könnte".
Zollstreit: EU bereitet Gegenmaßnahmen vor
Die Europäische Union hingegen zeigte sich am Donnerstag angriffslustig. Die Mitgliedsländer hätten sich auf eine milliardenschwere Liste mit möglichen Gegenzöllen auf US-Waren von bis zu 30 Prozent verständigt, hieß es aus EU-Kreisen. Wenn die Verhandlungen scheitern, könnten damit zügig Gegenmaßnahmen auf US-Exporte in die EU im Wert von mehr als 90 Milliarden Euro verhängt werden. Die Gegenzölle könnten am 7. August in Kraft treten, sollte es bis dahin keine Verhandlungslösung geben.
Doch selbst wenn es zu einer Einigung kommt: Ein dauerhafter Zollsatz von 15 Prozent auf sämtliche US-Importe aus der EU würde die europäische Wirtschaft hart treffen. Die USA sind der größte Exportmarkt für europäische Firmen. Nach Angaben von Eurostat führte die EU voriges Jahr Waren und Dienstleistungen im Wert von mehr als 866 Milliarden Euro in die USA aus. Umgekehrt verdienten US-Firmen 2024 in der EU knapp 816 Milliarden Euro. Der Handelsbilanzüberschuss der EU liegt also bei etwas mehr als 50 Milliarden Euro.
So teuer wäre ein 15-Prozent-Satz für Europa
Sollte es auf einen Zollsatz von 15 Prozent hinauslaufen, würden sich die potenziellen wirtschaftlichen Schäden für europäische Exporteure auf fast 130 Milliarden Euro jährlich summieren. Wirklich absehen lassen sich die finanziellen Auswirkungen aber nicht, da es letztlich an den Verbrauchern und den Importeuren in den USA hängt, ob sie höhere Preise für Produkte aus der EU zahlen wollen – oder eben nicht.
Zudem erheben die USA Sonderzölle auf Stahl und Aluminium in Höhe von 50 Prozent und auf Autos und Autoteile in Höhe von 25 Prozent. Unklar ist, ob auch diese Abgaben Gegenstand der Verhandlungen sind.
Wie stark die US-Zollpolitik die deutsche Wirtschaft schon jetzt belastet, zeigt eine neue Umfrage des Münchner Ifo-Instituts unter 1.500 Betrieben. Demnach rechnet jedes dritte deutsche Industrieunternehmen wegen Trumps Zollpolitik mit einem Bedeutungsverlust des US-Marktes. Sie erwarten eine Verschiebung globaler Handelsbeziehungen weg von der weltgrößten Volkswirtschaft. Nur 17 Prozent der Befragten gehen von einer Zunahme aus.
Deutsche Firmen leiden unter US-Zöllen
Mehr als 60 Prozent der Betriebe beklagen die Auswirkungen der US-Zölle. Besonders betroffen sehen sich exportstarke Branchen wie der Maschinenbau (87 Prozent) und die Metallerzeugung (68 Prozent). Selbst Firmen mit US-Standorten leiden den Angaben nach unter den Zöllen: Mehr als 80 Prozent berichten über spürbare Nachteile. "Trumps Zölle sind ein tiefgreifender handelspolitischer Schock – sie zwingen Unternehmen, globale Märkte neu zu bewerten und Investitionen neu auszurichten", so Ifo-Handelsexperte Andreas Baur.
Viele Betriebe reagieren bereits konkret auf die Herausforderungen. Fast 30 Prozent der Firmen mit Investitionsplänen in den USA haben Projekte verschoben, 15 Prozent haben sie ganz gestrichen. Aber auch Investitionen in Deutschland geraten wegen der Zollpolitik ins Stocken: 21 Prozent verschieben Projekte, acht Prozent berichten von der Streichung von Investitionen. "Besonders Firmen, die negativ von den Trump-Zöllen betroffen sind, entscheiden sich dazu, Investitionen in Deutschland zu verschieben oder zu streichen", berichtet das ifo-Institut.
Mehr Konkurrenzdruck aus China
Mit dem erwarteten Bedeutungsverlust des US-Marktes sehen zugleich jeweils rund 40 Prozent wachsende Absatzchancen im EU-Binnenmarkt und auf dem indischen Markt. Mit einem schrumpfenden Handel rechnet hier kaum ein Unternehmen. Über den chinesischen Markt gehen die Meinungen dagegen auseinander.
17 Prozent der Betriebe erwarten laut ifo-Institut eine abnehmende, 25 Prozent eine zunehmende Bedeutung des chinesischen Markts für ihr Unternehmen. Zudem gehen 59 Prozent davon aus, dass chinesische Anbieter infolge der US-Zölle verstärkt auf europäische Märkte drängen. Das dürfte den Wettbewerbsdruck auch auf die deutsche Industrie erhöhen.
"Damit deutsche Unternehmen auch künftig im internationalen Wettbewerb bestehen können, muss die Politik für verlässliche Rahmenbedingungen sorgen und den Zugang zu neuen Märkten erleichtern", sagte die Leiterin des ifo-Zentrums für Außenwirtschaft, Lisandra Flach. Die EU sollte etwa das Mercosur-Abkommen mit lateinamerikanischen Staaten zügig ratifizieren, weitere Handelsabkommen vorantreiben und gleichzeitig Barrieren im Binnenmarkt abbauen.
- consilium.europa.eu: "EU-US trade: facts and figures"
- ihk.de: "Einfuhr in die USA – Zölle auf europäische Waren? (Update)"
- vbw-bayern.de: "Aktuelle Informationen über die US-Zollpolitik für bayerische Unternehmen"
- hts.usitc.gov: "Harmonized Tariff Schedule"
- Material der Nachrichtenagenturen Reuters und AFP
- Eigene Recherche