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Wie Theresa May vom Fall Skripal profitiert


Wie Theresa May vom Fall Skripal profitiert

dpa, Silvia Kusidlo

Aktualisiert am 28.03.2018Lesedauer: 3 Min.
Premierministerin Theresa May: Der Fall des Giftgasanschlags in Südengland verschaffte ihr politisch Rückenwind.Vergrößern des BildesPremierministerin Theresa May: Der Fall des Giftgasanschlags in Südengland verschaffte ihr politisch Rückenwind. (Quelle: Geert Vanden Wijngaert/ap-bilder)
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Über Monate schienen sich für

Die britische Premierministerin Theresa May macht in diesen Tagen eine auffällige Wandlung durch. Sah sie in den vergangenen Monaten oft wie ein Häufchen Elend aus, präsentiert sie sich jetzt bei offiziellen Terminen wieder selbstbewusst. Der mysteriöse Giftanschlag auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter Yulia in der englischen Kleinstadt Salisbury gibt ihr ordentlich Rückenwind – sowohl innen- als auch außenpolitisch.

Rückblende: In den vergangenen Monaten ging bei May so ziemlich alles schief. Aus einer von ihr einberufenen Neuwahl im vergangenen Juni wollte sie gestärkt herausgehen. Doch das Gegenteil geschah: Sie erlitt eine Wahlschlappe und regiert nur noch mit hauchdünner Mehrheit – und ist dabei auf die Unterstützung der erzkonservativen DUP angewiesen, die eine große Finanzspritze für Nordirland erhielt.

Zudem ist ihre Regierung im Brexit-Kurs zerstritten. Hardliner wie Außenminister Boris Johnson und Brexit-Minister David Davis stehen eher EU-freundlichen Politikern wie Schatzkanzler Philip Hammond gegenüber. Der Streit wurde massiv öffentlich ausgetragen – in langen Zeitungsbeiträgen schossen die Regierungsmitglieder ihre Giftpfeile aufeinander. Die Folge: Die Verhandlungen zum Austritt aus der Europäischen Union verliefen sehr zäh. Innenpolitisch fürchtete May Revolten, außenpolitisch erschien Großbritannien zunehmend isoliert.

May scharte EU-Chefs hinter sich

Der tragische Fall Skripal brachte eine Wende. London hält den russischen Präsidenten Wladimir Putin für den Drahtzieher des Attentats. Denn der Anschlag wurde nach britischer Darstellung mit dem in der früheren Sowjetunion entwickelten Kampfstoff Nowitschok verübt. Ob Deutschland, die USA oder Australien: In vielen Telefongesprächen warb May bei Verbündeten um Unterstützung und erzielte beim EU-Gipfel in der vergangenen Woche den Durchbruch.

May habe entscheidende neue Informationen zum Giftanschlag vorgelegt und damit die Haltung der übrigen Regierungschefs beeinflusst, berichtete die litauische Staatschefin Dalia Grybauskaite. "Das waren sehr gute, vertrauenswürdige Informationen." Prompt kündigten mehr als 20 Länder die Ausweisung von weit über 100 russischen Diplomaten an. Aber: Bislang öffentlich gemacht wurden die "entscheidenden neuen Informationen" zum Anschlag nicht – das beklagt auch der Kreml.

Russlands Antwort auf die Ausweisungen werde zu gegebener Zeit folgen, sagte am Mittwoch Kremlsprecher Dmitri Peskow. Er betonte, er finde nicht, dass sich Moskau in eine Sackgasse manövriere. "20 oder 30 Staaten, das ist nur ein Teil der internationalen Gemeinschaft." Es wird damit gerechnet, dass auch Moskau mit Ausweisungen reagiert.

Britische Strafmaßnahmen nur Tropfen auf dem heißen Stein?

Und wie wird dann London wiederum antworten? Es gebe Beschwerden, "dass London zwar die Unterstützung von Verbündeten sucht, selbst jedoch keinen zu hohen Preis dafür zahlen möchte, dass Moskau herausgefordert wird", berichtete die britische Zeitung "The Guardian" am Mittwoch. Kritiker meinen, dass die Ausweisung von russischen Diplomaten und die Ankündigung, dass keine britischen Regierungsvertreter und Royals zur Fußball-Weltmeisterschaft nach Russland kommen, nur ein Tropfen auf dem heißen Stein seien.

Im Parlament deutete May an, dass das Vermögen von mit Putin befreundeten Oligarchen eingefroren werden könnte. Innenministerin Amber Rudd verkündete, etwa 14 frühere mysteriöse Todesfälle in Großbritannien mit einer möglichen Verbindung nach Russland noch einmal untersuchen zu lassen. Erst Mitte März war in London der russische Kreml-Kritiker Nikolai Gluschkow ermordet worden.

Breiter Rückhalt für May im Parlament

Was immer May noch an Maßnahmen gegen Moskau verkünden wird: Sie wirkt siegessicher und verweist immer wieder auf die "Solidarität der Verbündeten". Andere Staaten und auch die Brexit-Hardliner ziehen im Fall Skripal mit ihr an einem Strang. Im Parlament warnte zwar der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, vor nicht belegten Anschuldigungen gegen den Kreml. Doch inzwischen hat der Alt-Linke andere Probleme: Jüdische Gruppen werfen ihm und Labour antisemitische Tendenzen vor. Es gab Proteste vor dem Parlament.

Die Hoffnung, dass Skripal und seine Tochter zur Aufklärung des Anschlags und damit vielleicht zum Ende der Affäre beitragen könnten, schwindet zusehends. Offiziell heißt es, die beiden seien in einem kritischen, aber stabilen Zustand. Doch eine Verwandte aus Russland berichtete am Mittwoch dem Sender BBC, dass die Prognose gar nicht gut sei. Falls sie überleben, sei mit bleibenden Schäden zu rechnen. "Ich hoffe auf ein Wunder", sagte die Nichte von Sergej Skripal.

Verwendete Quellen
  • dpa
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