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G7: Nur Mini-Konsens beim Gipfel – Trump gegen den Rest der westlichen Welt


Nur Mini-Konsens beim G7-Gipfel
Einer gegen den Rest der westlichen Welt

dpa, Michael Fischer

Aktualisiert am 10.06.2018Lesedauer: 4 Min.
Sinnbild für die Stimmung beim G7-Gipfel: Kanzlerin Merkel mit weiteren Staats- und Regierungschefs, rechts US-Präsident in trotziger Pose.Vergrößern des BildesSinnbild für die Stimmung beim G7-Gipfel: Kanzlerin Merkel mit weiteren Staats- und Regierungschefs, rechts US-Präsident in trotziger Pose. (Quelle: Jesco Denzel/Bundesregierung/dpa-bilder)
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Ganz so schlimm wie von vielen befürchtet kam es nicht. Dennoch offenbarte sich ein immer breiter werdender Abgrund zwischen US-Präsident Trump und dem Rest der westlichen Welt.

Die G7 hat sich auf ihrem Gipfel in Kanada in letzter Minute auf einen Minimalkonsens geeinigt und damit einen offenen Bruch abgewendet. Trotzdem war das Treffen der großen Wirtschaftsmächte von tiefgreifenden Differenzen zwischen US-Präsident Donald Trump und den anderen sechs Staats- und Regierungschefs in der Handelspolitik oder auch beim Klimaschutz dominiert. Bei beiden zentralen Themen gab es keinerlei Annäherung.

Trump düpierte die anderen Teilnehmer, indem er den Gipfel fünf Stunden vor Ende verließ und sich damit fast den ganzen zweiten Tag sparte. Begründung: Sein bevorstehendes Gipfeltreffen mit dem nordkoreanischen Präsidenten Kim Jong Un in Singapur, das aber erst am Dienstag stattfindet.

Gipfelerklärung kommt gerade noch zustande

Zu der G7 gehören die USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada, Japan und die EU als Staatengemeinschaft. Die transatlantischen Beziehungen stecken so tief in der Krise, dass es vor dem Gipfel noch nicht einmal als sicher galt, ob überhaupt eine gemeinsame Erklärung der G7 zustandekommen würde. So schlimm kam es dann aber doch nicht.

Nach einer Nachtsitzung und weiteren Verhandlungen bis kurz vor Ende des Gipfels einigten sich die Unterhändler auf ein gemeinsames Dokument, das auch einen Minimalkonsens beim Streitthema Handel enthält. "Wir unterstreichen die zentrale Bedeutung eines regelbasierten internationalen Handelssystems und kämpfen weiter gegen Protektionismus", heißt es in der Passage.

Kein Wort zu US-Strafzöllen

Der Kompromiss geht aber nicht über ähnliche Formulierungen wie vor einem Jahr beim G7-Gipfel in Taormina auf Sizilien und beim G20-Gipfel führender Wirtschaftsnationen (G20) im vergangenen Jahr hinaus. Die massiven Differenzen über Sonderzölle der USA auf Stahl- und Aluminiumimporte aus Deutschland und anderen G7-Staaten wurden nicht erwähnt. Merkel hatte vor dem Gipfel erklärt, dass sie nicht hinter bisherige Formulierungen zurückfallen wolle.

Trump verließ das Luxushotel "Manoir Richelieu" am Sankt-Lorenz-Strom mit seiner Wagenkolonne gegen 10.00 Uhr, um zu dem Gipfeltreffen mit dem nordkoreanischen Präsidenten Kim Jong Un nach Singapur zu fliegen. Das findet allerdings erst am Dienstag statt. In La Malbaie sparte sich Trump nicht nur die Arbeitssitzung zum Klimaschutz, sondern auch ein Treffen mit Staats- und Regierungschefs aus etwa zehn Entwicklungs- und Schwellenländern wie Haiti, Ruanda und Argentinien.

Trotz der tiefen Gräben im transatlantischen Verhältnis zeigte er sich vor seinem Abflug zufrieden. Der Gipfel sei "ausgesprochen erfolgreich" verlaufen. Das Verhältnis zu den anderen sechs bewertete er mit der Bestnote 10 auf einer Skala von 1 bis 10. "Das heißt aber nicht, dass ich mit allem einverstanden bin, was sie tun", fügte er vor allem mit Blick auf den Handelsstreit hinzu. "Die Europäische Union ist brutal zu den USA, und sie wissen das. Sie können es selber nicht glauben, dass sie damit davongekommen sind."

Trump widerspricht seiner bisherigen Politik komplett

Trump hatte kurz vor dem Gipfel Strafzölle auf Aluminium und Stahl aus der EU erlassen. Er warnte die G7-Partner vor Vergeltungsmaßnahmen. Das Beste wäre, sagte er, wenn es überhaupt keine Zölle mehr gäbe: "Keine Zölle und keine Hemmnisse, so sollte es sein. Und keine Subventionen. (...)." Das habe er auch so vorgeschlagen. Damit widerspricht allerdings seiner bisherigen auf Abschottung abzielenden Handelspolitik komplett. Erneut beklagte der US-Präsident ein seiner Ansicht nach zutiefst ungerechtes System des Welthandels. "Wir sind das Sparschwein, das jeder plündert, und das hört jetzt auf."

Beim Klimaschutz wurde nach Angaben Merkels wie beim letzten Gipfel der Dissens zwischen den USA und den anderen Mitgliedern festgeschrieben. Trump war aus dem Pariser UN-Klimaschutzabkommen ausgestiegen - und hatte sich damit weltweit isoliert.

Auch bei einem anderen Umweltthema klinkte Trump sich auf dem Gipfel in Kanada aus – zusammen mit Japan. Die anderen fünf verpflichteten sich darauf, bis 2030 die vollständige Verwertung von Plastikmüll zu erreichen – vor allem, um ihn aus den Ozeanen zu verbannen. In Europa fallen nach Angaben der EU-Kommission jährlich rund 26 Millionen Tonnen Plastikmüll an. Nur knapp 30 Prozent davon werden zur Wiederverwertung gesammelt, die übrigen 70 Prozent landen auf Müllkippen, in Verbrennungsanlagen oder eben in der Umwelt.

Konsens beim Kampf gegen Propagandaattacken

Eine Einigung erzielten die großen Wirtschaftsmächte nur in Einzelfragen. So wollen sie mit einem gemeinsamen Abwehrsystem gegen Destabilisierungsversuche aus Ländern wie Russland oder China vorgehen. Der sogenannte "Rapid Response Mechanism" (RRM) soll eine koordinierte und deutlich schnellere Reaktion auf Wahlmanipulationen, Propagandaattacken und andere "inakzeptable Handlungen" ermöglichen.

Einig war sich die G7 auch bei der Förderung von Frauen und Mädchen in Entwicklungsländern und Krisenregionen. Dafür sollen insgesamt 4,7 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden.

In der Nordkorea-Frage bekräftigten die USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan und Kanada erwartungsgemäß ihre gemeinsame Haltung. Nach Angaben von Diplomaten unterstützten alle die von Trump und Japans Ministerpräsident Shinzo Abe vorgestellten Bemühungen für eine unumkehrbare atomare Abrüstung der koreanischen Halbinsel.

Trump macht neue Streitthemen auf

Die Liste der Streitfragen wurde aber sogar noch länger. Trump erweiterte sie mit dem Vorstoß, Russlands Präsident Wladimir Putin wieder in die Gruppe der großen Wirtschaftsmächte aufzunehmen. Chancen auf Erfolg hat der Vorschlag nicht, weil ein solcher Beschluss nur einstimmig fallen kann. Merkel und Kanada sprachen sich offen dagegen aus, sollte es in der Ukraine keine Fortschritte geben.

Der neue italienische Premierminister Giuseppe Conte ist allerdings dafür. Damit geht an dieser Stelle der Graben auch durch die Europäische Union. Die neue populistische Regierung in Italien aus Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega verfolgt generell eine russlandfreundliche Linie und will sich auch für ein Ende der Sanktionen gegen das Land einsetzen.

Zu einem anderen großen Streitthema war beim Gipfel nicht viel zu hören. Was wird aus dem Atomabkommen mit dem Iran? Die Europäer wollen die Vereinbarung zur Verhinderung einer iranischen Atombombe unbedingt retten, die USA sind ausgestiegen und wollen Teheran mit Sanktionen unter Druck setzen. Sie wollen so auch die Einmischung des Landes in regionale Krisen unterbinden und das iranische Raketenprogramm stoppen. Und noch ein Thema fehlte in La Malbaie: Der seit sieben Jahren andauernde Krieg in Syrien mit Hunderttausenden Toten.

Verwendete Quellen
  • dpa
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