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Handelskriege: Donald Trump spielt russisches Roulette mit der Weltwirtschaft


Handelskriege der USA
Trump spielt russisches Roulette mit der Weltwirtschaft

dpa, Andreas Landwehr

Aktualisiert am 13.12.2019Lesedauer: 5 Min.
US-Präsident Donald Trump droht auch Europa mit weiteren Sanktionen.Vergrößern des BildesUS-Präsident Donald Trump droht auch Europa mit weiteren Sanktionen. (Quelle: ap-bilder)
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US-Präsident Trump ist stolz auf seine Handelskriege. Bei seinen Anhängern kommt das ein Jahr vor der Wahl gut an. Die Weltwirtschaft aber leidet darunter. Trotz der jüngsten Einigung mit China droht nun weiteres Ungemach.

Jeder neue Tweet von US-Präsident Donald Trump zu den von ihm angezettelten Handelskriegen kann ein Börsenbeben auslösen. Die Konflikte bremsen das Wachstum der Weltwirtschaft, verändern Handelsströme und stören Lieferketten. Es geht um Hunderte Milliarden Euro. Bei Unternehmen und Regierungen geht daher weiter die Angst um. Die größten Volkswirtschaften – vor allem China, aber auch Europa – fürchten Trumps Unberechenbarkeit: Kommen neue Strafzölle, werden bestehende Importgebühren noch weiter erhöht oder verschont uns der US-Präsident dieses Mal?

"Handelskriege sind leicht zu gewinnen", strotzte Trump zu Beginn des Konflikts mit China vor rund eineinhalb Jahren voller Zuversicht. Doch das zähe Ringen im Jahr 2019 – inklusive wütender Tweets und einer Spirale immer höherer Zölle – dürfte ihn eines Besseren belehrt haben: Trotz der Übermacht der US-Wirtschaft beugen sich längst nicht alle Staaten seinen Forderungen. China hat sich einem von Trump gewünschten umfassenden Handelsabkommen bislang – trotz hoher wirtschaftlicher Kosten – verweigert. Entgegen monatelanger anderslautender Beteuerungen gibt sich Trump nun mit einem Teilabkommen zufrieden: einem Abkommen der "ersten Phase", das er als "phänomenalen Deal" verkauft.

Weitere Eskalationsstufe im Handelskrieg

Dieser von vielen Experten als Einknicken Trumps beschriebene Schritt lag wohl auch daran, dass die Kosten des Handelskriegs zuletzt immer deutlicher zu spüren waren. US-Verbraucher müssen inzwischen mehr für importierte Waren bezahlen, Unternehmen fahren wegen der vom Handelskonflikt ausgelösten Unsicherheit ihre Investitionen zurück, das Wirtschaftswachstum verlangsamt sich. Das ist rund ein Jahr vor der Präsidentenwahl im November 2020, bei der Trump sich um eine zweite Amtszeit bewirbt, beileibe keine gute Ausgangslage. Der Aktienmarkt schnurrt noch, angefeuert auch von den Zinssenkungen der US-Notenbank, aber es mehren sich die wirtschaftlichen Warnzeichen.

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Als Präsident kann Trump in Handelsfragen weitgehend ungestört schalten und walten, er braucht keine Zustimmung des Kongresses. Genau so liebt er es: Er kann in Sekundenschnelle über Twitter Weltpolitik machen. Bei seinen Tweets zu Handelsthemen ist es ein bisschen wie beim russischen Roulette – vorher weiß man nie, ob mit scharfer Munition geschossen wird.

Der weitere Verlauf der Handelskonflikte dürfte auch ein bestimmendes Wahlkampfthema werden. Höhere Preise für US-Verbraucher machen sich nicht so gut, aber an der republikanischen Parteibasis kommt Trumps harter Kurs an. Politisch könnte es nach Meinung vieler Experten daher für Trump gut sein, die Konflikte weiter köcheln zu lassen. Im Streit mit China fuhr Trump zuletzt einen Zickzackkurs und verbreitete mal neue Drohungen, dann wieder Optimismus. China sprach von "konstruktiven" Gesprächen. Hinter vorgehaltener Hand fielen in Peking aber häufiger Worte wie "unberechenbar" oder "schikanös".

Eine weitere Eskalationsstufe im Handelskrieg wurde in letzter Minute abgewendet: Am Sonntag (15.12.) sollten eigentlich neue Strafzölle auf Konsumgüter wie Smartphones und Laptops aus China im Wert von rund 150 Milliarden US-Dollar in Kraft treten. Aufgrund der geschlossenen Vereinbarung will die US-Regierung darauf verzichten. Wären die Zölle in Kraft getreten, wären damit erstmals auf fast alle aus China eingeführten Waren im Wert von rund 500 Milliarden Dollar zusätzliche Gebühren erhoben worden.

Spannungen zwischen Washington und Peking

Die Teil-Einigung deeskaliert den Konflikt nun – befriedet ist der Handelskrieg damit aber noch nicht. Trumps Worten zufolge gehen die Verhandlungen mit Peking nun direkt weiter für ein Abkommen der Phase zwei. Chinas Forderung, beim Abschluss eines Teilabkommens die seit 2018 neu verhängten Strafzölle wieder abzuschaffen, kamen die USA nicht nach. Trump will sie für die anstehenden Verhandlungen nutzen.

Seiner Darstellung nach hat vor allem Peking ein Interesse an einem umfassenden Abkommen. Tatsächlich bremst der Handelskrieg Chinas Wirtschaft, die so langsam wie seit drei Jahrzehnten nicht mehr wächst. Dafür werden aber auch die hohe Überschuldung und strukturelle Probleme verantwortlich gemacht. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping ruft sein Milliardenvolk daher zu einem neuen "langen Marsch" auf. "Wenn notwendig, werden wir zurückkämpfen, aber wir arbeiten aktiv daran, keinen Handelskrieg zu haben", sagte er im November.

Ein weiteres Risiko für die Verhandlungen bargen zuletzt auch Spannungen zwischen Washington und Peking abseits von Handelsfragen: Die vom US-Kongress verabschiedeten Gesetze zur Unterstützung der Demokratiebewegung in Hongkong empören Peking. Auch die scharfe Kritik der US-Regierung an der Behandlung der Uiguren in der Provinz Xinjiang sieht Chinas Führung als unerwünschte Einmischung in innere Angelegenheiten.

Handelskrieg aus Verärgerung

Im laufenden Jahr hat neben den immer neuen Strafzöllen vor allem die Androhung der US-Regierung, den chinesischen Telekomriesen Huawei mit umfassenden Sanktionen zu belegen, für Schockwellen gesorgt. Der Schritt hat chinesischen Unternehmen nach Ansicht von Experten ihre Verwundbarkeit gezeigt und dazu beigetragen, dass Firmen nun bemüht sind, sich von US-Zulieferern und Technologie abzukapseln. Gleichzeitig rührt Trump die Trommel, um US-Unternehmen dazu zu bewegen, Produktionsstätten in China zurück in die USA zu verlegen.

Trump hatte den Handelskrieg ursprünglich aus Verärgerung darüber angezettelt, dass China weit mehr in die USA exportiert als umgekehrt. Washington fordert von Peking unter anderem eine Marktöffnung, den Kampf gegen den Diebstahl von Urheberrechten und eine Verringerung staatlicher Subventionen.

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Der Streit zwischen den beiden größten Volkswirtschaften hat die Weltwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen: Der Konflikt könnte die globale Wirtschaftsleistung 2020 um bis zu 700 Milliarden US-Dollar senken, warnt etwa der Internationale Währungsfonds (IWF). Das entspräche rund 0,8 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die Summe setzt sich aus direkten und indirekten Kosten zusammen – wie etwa Vertrauensverlust, Unsicherheit, niedrigeren Investitionen und Marktreaktionen.

Die Drohungen sind nicht vom Tisch

Als wäre das noch nicht genug, kündigt sich an einer weiteren Handelsfront Ungemach an: Trump droht der Europäischen Union mit der Einführung von Sonderzöllen auf Auto-Importe. Eine Frist dazu ließ Trump im November verstreichen, doch Experten sind sich einig: Ganz vom Tisch ist die Drohung noch nicht. Falls es dazu käme, würde Brüssel auch neue Zölle verhängen. Das könnte wiederum Trump zu einem Vergeltungsschlag ermuntern - so könnte es zu einer gefährlichen Spirale kommen, ähnlich wie mit China. Hier steht sogar noch mehr auf dem Spiel: Die USA und die EU haben 2018 Waren und Dienstleistungen in Höhe von fast 1,3 Billionen US-Dollar ausgetauscht.

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Der von Brüssel erhoffte Start von Verhandlungen zur Beilegung der Streitigkeiten scheint unterdessen in weite Ferne gerückt zu sein. Die USA blockieren ein Industriegüterabkommen, weil sie wollen, dass auch über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen geredet wird. Aus EU-Sicht ist dies jedoch derzeit ausgeschlossen, weil Länder wie Frankreich Einbußen für EU-Landwirte befürchten, sollten alle Einfuhrbeschränkungen wegfallen.

Im kommenden Jahr – im laufenden US-Wahlkampf – dürfte das alles noch schwieriger werden. "Die Bedrohung ist noch nicht weg, und wir sind uns dessen bewusst", sagte jüngst Cecilia Malmström, Handelskommissarin unter Ex-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, mit Blick auf die Autozölle. Allerdings ist schwer vorstellbar, dass Trump im Wahljahr einen Konflikt vom Zaun brechen würde, der auch die US-Wirtschaft und die Börse schwer treffen würde. Doch Gewissheit gibt es keine: Trump könnte das in Jahrzehnten etablierte System des Welthandels schon mit wenigen Tweets erneut auf den Kopf stellen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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