Kramp-Karrenbauer signalisiert Entgegenkommen bei Nord Stream 2
Nord Stream 2 ist ein heiΓes Thema zwischen Deutschland und den USA. Die Verteidigungsministerien betonen dennoch ihre Verbundenheit. Derweil klagt die Deutsche Umwelthilfe gegen den Weiterbau.
Im Streit um die Gas-Pipeline Nord Stream 2 hat Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) den USA Entgegenkommen signalisiert. Nach einem Treffen mit ihrem US-Amtskollegen Lloyd Austin zeigte sich die CDU-Politikerin offen fΓΌr einen Aufschub des Baus der fast fertiggestellten Pipeline. "Diese Frage kann man sich stellen", sagte sie dazu. FΓΌr den Fall, dass die Pipeline zwischen Russland und Deutschland durch die Ostsee fertiggestellt werden sollte, sprach Kramp-Karrenbauer sich fΓΌr eine Konditionierung des Gas-Tranports aus. Man mΓΌsse ihn "auch abhΓ€ngig (...) machen von dem Verhalten Russlands".
Was hat es mit Nord Stream 2 auf sich? Die Ostseepipeline soll kΓΌnftig 55 Milliarden Kubikmeter Gas von Russland nach Deutschland pumpen. 26 Millionen Haushalte in Europa sollen damit versorgt werden. Das Mammutprojekt startete im September 2018 und kostet rund acht Milliarden Euro. FΓΌr die Fertigstellung der 1.224 Kilometer langen Pipeline fehlen noch etwa 150 Kilometer. Immer wieder wird diskutiert, ob sich Deutschland durch das Gas zu abhΓ€ngig von Russland und seinen Lieferungen macht. Politische Krisen wie der Ukraine-Konflikt oder die Vergiftung des Kremlkritikers Alexej Nawalny befeuern die Debatte um Nord Stream 2.
Der US-Verteidigungsminister betonte, der Streit werde die "enormen Beziehungen" mit Deutschland nicht beeintrΓ€chtigen. Die US-Regierung habe ihren Widerstand gegen das Pipeline-Projekt zum Ausdruck gebracht, betonte Austin. "Aber wir werden nicht zulassen, dass dieses Thema den enormen Beziehungen im Wege steht, die wir mit Deutschland fΓΌhren."
Zu starke AbhΓ€ngigkeit Europas von russischem Gas befΓΌrchtet
Nord Stream 2 zΓ€hlt seit Jahren zu den Hauptstreitpunkten in den deutsch-amerikanischen Beziehungen. Daran hat auch der Regierungswechsel in Washington Anfang des Jahres nichts geΓ€ndert. Die USA befΓΌrchten eine zu starke AbhΓ€ngigkeit Europas von russischem Gas und wollen das Projekt mit Sanktionen stoppen. BefΓΌrworter der Pipeline halten den Amerikanern entgegen, sie seien nur auf bessere Absatzchancen fΓΌr ihr FlΓΌssiggas in Europa aus.
Die Bundesregierung hat immer darauf verwiesen, dass es sich um ein wirtschaftliches Projekt handelt und ein Eingreifen angelehnt. Nun gerΓ€t sie aber immer stΓ€rker unter Druck, auch osteuropΓ€ische Staaten wie Polen und die baltischen LΓ€nder lehnen die Pipeline ab. Die AuΓenminister Heiko Maas und Antony Blinken hatten vor kurzem bei ihrem ersten Treffen in BrΓΌssel vereinbart, ΓΌber eine LΓΆsung des Konflikts im GesprΓ€ch zu bleiben.
Klage am Hamburger Verwaltungsgericht
Derweil reichte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) eine Klage gegen den Weiterbau der umstrittenen Ostsee-Gaspipeline beim Hamburger Verwaltungsgericht ein. Die Klage richtet sich gegen die Genehmigung der Bauarbeiten durch das zustΓ€ndige Bundesamt fΓΌr Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), wie die DUH am Dienstag mitteilte. Ein Sprecher des Verwaltungsgerichts bestΓ€tigte den Eingang. Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, war zunΓ€chst nicht bekannt. Nach Ansicht der DUH werden Klima- und Umweltargumente beim Bau der Pipeline ignoriert.
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Das BSH hatte zuvor WidersprΓΌche der DUH und des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) gegen eine Baugenehmigung von Mitte Januar zurΓΌckgewiesen. Die BehΓΆrde hatte Nord Stream 2 damals den sofortigen Weiterbau in deutschen GewΓ€ssern erlaubt. Durch die WidersprΓΌche war die Genehmigung zwischenzeitlich auΓer Kraft gesetzt worden. Eine Klage vor Gericht wΓΌrde die Genehmigung nun erneut auΓer Kraft setzen. Ohne diese Genehmigung kΓΆnnte Nord Stream 2 erst ab Ende Mai in deutschen GewΓ€ssern verlegen. Derzeit wird in dΓ€nischen GewΓ€ssern verlegt.
"Deutschland braucht keine Mega-Pipeline"
Die BehΓΆrde bekrΓ€ftigte am Dienstag auf Anfrage die Ablehnung der WidersprΓΌche unter anderem damit, dass der verbleibende Bauabschnitt von rund 16,5 Kilometern nur am Randbereich eines Vogelschutzgebietes verlaufe, mit geringer Bedeutung fΓΌr bestimmte Rastvogelarten. Zudem verlaufe die Pipeline teilweise durch ein Gebiet, in dem es ohnehin intensiven Schiffsverkehr gebe. FΓΌr die ΓΆkologische EinschΓ€tzung sei die geringere Geschwindigkeit der Installationsschiffe zu berΓΌcksichtigen, wodurch die BeeintrΓ€chtigungen begrenzt seien.
"Deutschland braucht keine Mega-Pipeline, die fΓΌr 100 Millionen Tonnen CO2 im Jahr steht. Die Pipeline ist das grΓΆΓte fossile Projekt in Europa β der Widerspruch zu den Klimazielen ist offensichtlich", sagte DUH-BundesgeschΓ€ftsfΓΌhrer Sascha MΓΌller-Kraenner in einer Mitteilung. Er kΓΌndigte an, mit allen rechtlichen Mitteln den Baustopp in deutschen GewΓ€ssern aufrechterhalten zu wollen.
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP