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EU-Bericht wirft Frontex Wegsehen bei Menschenrechtsverletzungen vor


Flüchtende abgedrängt
EU-Bericht wirft Frontex Wegsehen bei Menschenrechtsverletzungen vor

Von afp
Aktualisiert am 28.07.2022Lesedauer: 3 Min.
Flüchtlinge bei der Überfahrt nach Griechenland.Vergrößern des BildesFlüchtende bei der Überfahrt nach Griechenland: Die EU-Grenzschutzagentur Frontex soll bewusst weggeschaut haben, als die griechische Küstenwache flüchtende Menschen zurück aufs Meer gedrängt hat. (Quelle: dpa-bilder)
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Die EU-Grenzschutzagentur Frontex soll bewusst weggeschaut haben, als Griechenland Flüchtende zurück aufs Meer drängte. Baerbock fordert Aufklärung.

Ein geheimer EU-Bericht wirft nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Spiegel" der EU-Grenzschutzagentur Frontex das bewusste Wegsehen beim Zurückdrängen von Flüchtenden auf dem Meer durch die griechische Küstenwache vor. In einem Fall sei ein Frontex-Flugzeug eigens aus der Ägäis abgezogen worden, "um nicht Zeuge zu werden", so beschreibt es der Bericht der Anti-Betrugsbehörde Olaf, aus dem der "Spiegel" und die Zeitung "Le Monde" am Donnerstag zitieren.

Auf 129 Seiten dokumentiere der Bericht, "wie die EU-Grenzschutzagentur Frontex in die illegalen Machenschaften der griechischen Küstenwache verwickelt war", schreibt der "Spiegel". Die Grenzschützer setzen demnach in der "Ägäis Asylsuchende systematisch antriebslos auf dem Meer aus – entweder in wackeligen Booten oder auf aufblasbaren Rettungsinseln", resümiert der "Spiegel" weiter.

Unter Berufung auf den Olaf-Bericht heißt es weiter, Frontex habe früh von griechischen Menschenrechtsverletzungen gewusst und diese vertuscht. Frontex habe auch verschleiert, dass in mindestens sechs Fällen Geld europäischer Steuerzahler im Spiel war, da die EU die beteiligten Küstenwachschiffe mitfinanziert hatte.

31 Menschenrechtsbeobachter sollen Vorfälle verhindern

Die EU-Kommission betonte, dass sie 31 Menschenrechtsbeobachter eingesetzt habe, um solche Vorfälle künftig zu verhindern. "Wir arbeiten auch eng mit den griechischen Behörden zusammen", sagte Kommissionssprecherin Anitta Hipper am Donnerstag. Der Schutz der EU-Außengrenze müsse unter Respektierung der Menschenrechte geschehen, betonte Hipper.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock wollte bei ihrem Besuch am Donnerstag in Griechenland auch ein Flüchtlingslager in der Nähe von Athen besuchen und mit Frontex-Vertretern zusammentreffen.

Geheimer Bericht als Rücktrittsgrund

Der nicht zur Veröffentlichung bestimmte Olaf-Bericht gilt laut "Spiegel" als einer der Gründe für den Rücktritt des früheren Frontex-Chefs Fabrice Leggeri im April. Die Untersuchung bestätige zahlreiche Medienberichte über sogenannte Pushbacks an den EU-Außengrenzen.

Gemeint sind das gezielte Abdrängen von Migranten und Flüchtenden auf See oder heimliche Abschiebungen. Diese Praktiken sind illegal, weil so verhindert wird, dass diese Menschen einen Asylantrag stellen können. Frontex war 2004 mit der EU-Osterweiterung gegründet worden. Seit 2015 wurden die Mittel der Agentur bedeutend aufgestockt. Bis 2027 soll das Personal weiter auf 10.000 Grenzschützer steigen.

Baerbock fordert systematische Klärung

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat eine konsequente Klärung der Vorwürfe gegen die EU-Grenzschutzagentur gefordert. Die EU müsse "noch stärker sicherstellen können, dass natürlich auch an der europäischen Außengrenze die Menschenrechte rund um die Uhr eingehalten werden", sagte Baerbock am Donnerstag nach einem Besuch im Frontex-Verbindungsbüro in der griechischen Hauptstadt Athen. Das Zurückdrängen von Flüchtlingen über die EU-Außengrenzen sei "mit europäischem Recht nicht vereinbar", stellte sie klar.

"Es ist mir wichtig, dass wir diese Fälle systematisch aufklären", sagte Baerbock dazu in Athen. Zwar müsse die EU gemeinsam ihre Außengrenze schützen, sagte die Ministerin. Doch sei ihr dabei wichtig, "dass jede Grenze eben auch eine Tür haben muss und dass an den Außengrenzen unsere europäischen Werte gelten", sagte Baerbock.

Zuvor hatte die Außenministerin gemeinsam mit dem griechischen Migrationsminister Panagiotis Mitarachi mit Geflohenen im Flüchtlingslager Schisto bei Athen gesprochen. Mitarachi wies dabei den Vorwurf zurück, dass griechische Sicherheitskräfte ankommende Flüchtlinge in illegalen Pushbacks von ihrem Staatsgebiet zurückdrängen und ihnen so die Möglichkeit nehmen, auf EU-Gebiet einen Asylantrag zu stellen. "Ich kann nicht ausschließen, dass es individuelles Fehlverhalten gibt, aber ganz prinzipiell halten wir uns an die Regeln", sagte Mitarachi. Er betonte: "Wir haben das Recht, unsere Grenzen zu schützen."

Regelmäßige Verstöße Griechenlands

Griechenland muss laut europäischem Recht Schutzsuchenden, die griechisches Territorium erreichen, ein Asylverfahren ermöglichen. Das Land missachtet diese Vorgabe allerdings regelmäßig. Die EU-Kommission hatte Griechenland erst in diesem Monat erneut aufgefordert, "gewaltsame und illegale" Zurückweisungen von Asylsuchenden an den Grenzen zu beenden.

Die Zahl der Flüchtlinge, die vor allem aus der Türkei in Griechenland eintreffen, hat nach griechischen Angaben in diesem Jahr zugenommen – alleine in den ersten vier Monaten des Jahres um 30 Prozent, wie die Regierung in Athen mitteilte. Die Flüchtlinge stammen oft aus Bürgerkriegsländern wie Syrien oder aus Afghanistan oder dem Irak.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur AFP
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