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Sieben Jahre Bürgerkrieg in Syrien: Besiegt ist nur der IS


Krieg in Syrien
Besiegt ist nur der IS

ap, Michaela Hütig

23.12.2017Lesedauer: 4 Min.
Aleppo: Viele syrische Städte sind fast komplett zerstört.Vergrößern des BildesAleppo: Viele syrische Städte sind fast komplett zerstört. (Quelle: Simon Kremer/dpa)
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Der Bürgerkrieg in Syrien lässt nach. Doch der Aufstand wird weitergehen, denn mit dem Status Quo ist niemand zufrieden. Auch Präsident Assad nicht.

Eine Collage aus verwüsteten Enklaven, in denen die unterschiedlichsten Mächte das Sagen haben, manche aus dem Land, manche ausländisch: So sieht die Landkarte von Syrien heute aus. Der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura präsentierte die bunt gescheckte Landkarte vergangene Woche auf einer Pressekonferenz in Genf, in der er das Ende einer weiteren erfolglosen Runde von Friedensgesprächen für das Bürgerkriegsland bekanntgab. Seine Frustration war nicht zu übersehen. Dabei verändert sich etwas in Syrien.

Nach fast sieben Jahren scheint der Krieg weniger heftig geführt zu werden. Der Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat ist fast vorbei. Etwa ein Drittel des Landes hatte sie zeitweise unter ihrer Gewalt. Davon ist nichts geblieben. Sowohl Russland als auch die USA erklärten ihre Mission, den IS zu besiegen, für abgeschlossen.

Die von Russland unterstützten syrischen Regierungstruppen haben in weiten Teilen die Kontrolle gewonnen. Vor Ort wurden Waffenruhen geschlossen. Präsident Baschar al-Assad scheint den Konflikt alles in allem überstanden zu haben. Heute ist seine Herrschaft so stabil wie nie seit Beginn des Aufstands im März 2011.

Assad wird nicht zurücktreten

Aber trotz dieser Veränderungen steckt das Land weiter im Chaos. Der gewaltsame Konflikt wird auf absehbare Zeit andauern. Schon 2012 trafen sich die Konfliktparteien in der Schweiz zur ersten Runde der Friedensgespräche. Seitdem sind sie einem Abkommen kaum näher gekommen. Trotz großer diplomatischer Bemühungen.

Klar scheint: Assad wird freiwillig nicht zurücktreten. Wahrscheinlich will er mindestens bis zum Ende seiner derzeitigen Amtszeit an der Macht bleiben. Die geht bis 2021.

Assad wird nicht stürzen

Infolge der militärische Intervention Russlands konnten die syrischen Regierungstruppen große Gebiete von den Aufständischen und dem IS zurückerobern, darunter wichtige Städte wie Homs, Aleppo und zuletzt Dair as-Saur. In diesem Monat rückten die Soldaten erstmals seit Jahren in die von den Rebellen gehaltene Provinz Idlib in Nordsyrien ein.

Ein militärischer Sturz Assads, der noch vor weniger als zwei Jahren möglich erschien, wird momentan offenbar ausgeschlossen. Selbst seine vehementesten Gegner sind von ihrem Ziel abgerückt, den Präsidenten zu entmachten.

Doch die geschwächte Opposition hat noch nicht aufgegeben. In einigen Gebieten dauern die erbitterten Kämpfe an. Denn die Möglichkeiten der syrischen Streitkräfte sind begrenzt. Trotz der Unterstützung seiner Verbündeten Iran und Russland dürfte es Assad kaum gelingen, dauerhaft die Kontrolle über das gesamte Land zurückzugewinnen.

Wird die Regierung gegen die Kurden vorgehen?

Etwa auf die Hälfte des gesamten Territoriums hat Assad heute keinen Zugriff. Da sind Gebiete wie Ost-Ghuta nahe Damaskus, das sich in Rebellenhand befindet, oder Idlib, wo mit dem Terrornetzwerk Al Kaida in Verbindung stehende Extremisten dominieren. Gebiete, die nur mit großem Blutvergießen zu erobern wären.

Auch die syrischen Kurden im Norden haben sich eine halbautonome Enklave gesichert, deren Größe auf fast ein Viertel des Landes geschätzt wird. Die kurdisch dominierte Allianz Demokratische Kräfte Syriens, die von den USA militärisch unterstützt wird, vertrieb den IS aus weiten Teilen Nordsyriens, darunter aus Al-Rakka, längere Zeit die De-Facto-Hauptstadt der Extremisten. Assad haben sie damit nicht gewonnen. Erst vor wenigen Tagen beschimpfte er die Kurden als Verräter. Gut möglich, dass er irgendwann versuchen wird, auch den kurdischen Norden wieder unter seine Gewalt zu bringen.

Assad steht unter Putins Kontrolle

Sofern ihn Waldimir Putin lässt. Der ist nämlich der wahre Sieger des Krieges und derjenige, der in Syrien den Ton angibt. Nach einem kurzen Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf einem russischen Luftwaffenstützpunkt in Syrien tauchte im Internet ein Video auf. Darin war zu sehen, wie ein russischer General Assad am Arm zurückhält, um Putin den Vortritt zu lassen.Viele syrische Beobachter sahen in der Szene einen Beweis dafür, wie sehr Assad in Putins Schuld steht und wie viel Eigenständigkeit der syrische Präsident aufgeben musste, um an der Macht zu bleiben.

Auch den politischen Prozess hat der russische Präsident an sich gerissen. Erfolgreich lenkte er den Fokus weg von den UN-geführten Friedensgesprächen in Genf hin zu den Verhandlungen unter russischer Führung in der kasachischen Hauptstadt Astana und dem Troika-Gipfel zwischen Russland, der Türkei und dem Iran im russischen Sotschi.

Assad fehlen die Mittel, um das Land aufzubauen

Assad mag zwar an der Macht bleiben, aber ihm fehlen die Ressourcen, um das Land wieder aufzubauen. Und das heißt auch: um in den zurückeroberten Gebieten die staatliche Autorität wiederherzustellen.

Die medizinische Infrastruktur des Landes liegt ebenso in Trümmern wie die Wirtschaft, besonders in Städten wie Homs, Aleppo und Al-Rakka. Doch solange Assad im Amt bleibt, wird der Westen sich kaum am syrischen Wiederaufbau beteiligen. Millionen syrischer Flüchtlinge sind über den gesamten Erdball verteilt, mehr als eine halbe Million Menschen wurden getötet.

Die Kommunikationsprofessorin Rula Jebreal von der University of Miami rechnet damit, dass der Aufstand so lange weitergehen wird, bis den Syrern Freiheit, politische Teilhabe und soziale Gerechtigkeit gewährt werden. "Assad hat den strategischen Krieg gewonnen", erklärte sie kürzlich in einer Analyse. "Dies könnte sich aber als Pyrrhussieg erwiesen, da nichts an der aktuellen Situation Stabilität oder Frieden sichert."

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