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Montenegro: Russische Agenten wollten offenbar die Regierung stürzen


Putschversuch auf dem Balkan
Russische Agenten wollten offenbar die Regierung stürzen

  • Jonas Mueller-Töwe
Von Jonas Mueller-Töwe

16.07.2018Lesedauer: 3 Min.
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Die mutmaßlichen russischen Agenten vermutlich in einem Park im serbischen Belgrad: Die Bilder, die zunächst vom monetnegrinischen Sender "PinkM" und dann vom britischen "Telegraph" veröffentlicht wurden, sind Teil der Beweisführung der Anklage.Vergrößern des Bildes
Die mutmaßlichen russischen Agenten vermutlich in einem Park im serbischen Belgrad: Die Bilder, die zunächst vom monetnegrinischen Sender "PinkM" und dann vom britischen "Telegraph" veröffentlicht wurden, sind Teil der Beweisführung der Anklage. (Quelle: PinkM/Screenshot/T-Online-bilder)

Der russische Geheimdienst soll einen Putschversuch orchestriert haben, um den Nato-Beitritt von

Mehr als ein Dutzend Anklagen in Montenegro: Weil sie einen Putschversuch unternommen haben sollen, stehen im Balkanstaat 14 mutmaßliche Verschwörer vor Gericht. Besonders brisant: In Abwesenheit sind zwei mutmaßliche Agenten russischer Geheimdienste angeklagt, denen die Staatsanwaltschaft vorwirft, den vereitelten Coup geplant und angeleitet zu haben. So habe der russische Staat den Nato-Beitritt Montenegros verhindern wollen.

Sollte sich der Verdacht bestätigen, handelt es sich wohl um einen bis dato einmaligen Vorgang in Europa. Mehrere Kreml-Offizielle hatten seit Beginn der Beitrittsgespräche zu Protokoll gegeben, sie sähen russische Interessen verletzt und mit Reaktionen gedroht. Nun bestreitet Russland alle Vorwürfe. Die Beweislage hat sich allerdings – seitdem die Vorgänge 2016 erstmals bekannt wurden – erheblich verdichtet, wie aus einem Bericht des "Foreign Policy Research Institute" hervorgeht. Die Angeklagten sind geständig, die mutmaßlichen russischen Agenten namentlich bekannt, der Kontakt zwischen ihnen durch abgehörte Telefonate belegt.

Russische Offensive gegen die Nato

Der Coup reiht sich damit in eine Serie von mutmaßlichen Offensiv-Aktionen gegen das westliche Militärbündnis in den vergangenen Jahren ein – erst vor Kurzem klagten US-Sonderermittler russische Geheimdienstler für eine aus ihrer Sicht belegbare Operation zur Manipulation der US-Wahlen an. Weiter beschuldigen Großbritannien und mehrere westliche Verbündete den russischen Staat, für den Giftanschlag auf den russischen Ex-Agenten Sergei Skripal im britischen Salisbury verantwortlich zu sein.

Zentrale Rollen in dem offenbar vereitelten Putsch in Montenegro spielen laut der Staatsanwaltschaft die GRU-Agenten Eduard Shishmakov und Vladimir Popov. Nach Shishmakov wird mittlerweile per internationalem Haftbefehl gesucht – allerdings unter seinem Alias: Eduard Shirokov. Bilder von Pässen, die dem US-Sender "Sky News" vorliegen, stützen die Annahme, dass es sich um die gleiche Person handelt. Demnach ist Shishmakov bis 2014 als stellvertretender Militärattaché an der russischen Botschaft in Warschau akkreditiert gewesen – bis er aufgrund von Spionageaktiviäten in Polen des Landes verwiesen wurde.

Der geplante Putsch

Im aktuellen Fall in Montenegro wird ihm und seinem Mitstreiter Popov Folgendes zur Last gelegt: Anfang 2016 habe er begonnen, pro-russische serbische Extremisten für den Putschversuch am Wahltag im Oktober zu rekrutieren. Die Verschwörer hätten als Polizisten verkleidet das Parlament besetzen und auf Protestler schießen sollen. Das sei mit der serbisch-nationalistischen Opposition abgestimmt gewesen, die Demonstrationen organisieren sollte. Anschließend hätte Machthaber Milo Djukanovic ermordet und der Ausnahmezustand verhängt werden sollen.

In der Folge meldete vor allem die mitbeschuldigte pro-russische Opposition Zweifel an dieser Version an. Djukanovic habe den Plot inszeniert, um die Opposition zu unterdrücken. Auch Analysten waren sich uneins. Das politische System um Machthaber Djukanovic gilt als weithin korrupt, wird aber aufgrund seiner westlichen Ausrichtung von Europa favorisiert. Der Nato-Beitritt war eines der zentralen Themen im Wahlkampf 2016. Auch der offenbar vereitelte Coup verhalf Djukanovic zum Wahlsieg.

Als Beleg für die Vorgänge führt die Staatsanwaltschaft nun allerdings mehrere Geständnisse der Angeklagten an sowie mitgeschnittene Telefonate zwischen den serbischen Nationalisten und den russischen Geheimdienstlern – und mehrere festgestellte Geldflüsse. Die Fotos belegen sogar persönliche Treffen. Damit endete die mutmaßliche russische Beteiligung aber offenbar nicht.

Russische Spezialkräfte im Einsatz?

Kurz nachdem die montenegrinische Polizei die ersten Beschuldigten festnahm und Waffen sicherstellte, meldete sich der serbische Geheimdienst BIA in der Nachbarrepublik. 50 Spezialkräfte des russischen Auslandsgeheimdienstes GRU seien über Serbien nach Montenegro eingereist, um den Putschversuch zu unterstützen. Auch sie hätten mit den serbischen Nationalisten in Kontakt gestanden. Der serbische Ministerpräsident stellte sich hinter diese Informationen – auch in Serbien seien mehrere Personen einer "ausländischen Macht" festgenommen worden.

Das ist insofern ungewöhnlich, da die serbische Regierung ansonsten enge Beziehungen zu Moskau unterhält. Kurz darauf flog der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats Russlands, Nikolai Patruschew, nach Serbien – angeblich um die beiden russischen Drahtzieher des Putsches außer Landes zu bringen. Patruschew war über Jahre hinweg Leiter des russischen Geheimdienstes FSB. Der Aufenthaltsort der beiden Gesuchten ist seitdem unklar.

Verwendete Quellen
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