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Elon Musk kauft Twitter: Das ist seine unmenschliche Vision


Musks unmenschliche Vision

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns, Washington

Aktualisiert am 30.10.2022Lesedauer: 5 Min.
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"Der Vogel ist befreit": Elon Musk verspricht freie Rede auf Twitter. (Quelle: Political-Moments/imago images)
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Mit seinem Kauf von Twitter verspricht Elon Musk mehr, als er halten kann. Doch zwischen Verdammung und Verherrlichung besteht eine Riesenchance.

Die gesellschaftliche Relevanz des Vorgangs lΓ€sst sich schlicht daran ablesen, wie viele Politiker, Journalisten, Γ–konomen und Prominente auf der Welt reagiert haben. Die Übernahme der Social-Media-Plattform Twitter durch Elon Musk fΓΌr 44 Milliarden Dollar ist zumindest in der digitalen Welt das grâßte Politikum dieses Jahres. Von GlΓΌckwΓΌnschen bis zu VerwΓΌnschungen ist alles dabei.

Zu den euphorischen Gratulanten zΓ€hlen Putins Gefolgsmann Dmitri Medwedew oder der bei Twitter gesperrte Ex-US-PrΓ€sident Donald Trump. Auch Spitzenpolitiker der AfD halten Musks Kauf fΓΌr richtig. Kritiker hingegen sehen dadurch die StabilitΓ€t der Demokratien in Gefahr. Darunter ist die demokratische Sprecherin des US-ReprΓ€sentantenhauses, Nancy Pelosi. Auch die deutsche Bundesregierung will ihre weitere PrΓ€senz auf Twitter nun von Entwicklungen unter dem neuen Twitter-Besitzer Elon Musk abhΓ€ngig machen.

Ja, dem reichsten Mann der Welt gehΓΆrt nun eines der mΓ€chtigsten Medien der Welt. Doch damit ist er nicht der einzige MilliardΓ€r, der eine mediale Plattform besitzt. Dem Amazon-GrΓΌnder Jeff Bezos gehΓΆrt etwa die einflussreiche amerikanische Zeitung "Washington Post". Mark Zuckerberg gehΓΆren Facebook, Instagram und WhatsApp.

Was an Musk und Twitter ist also das große Problem?

Twitter ist ein Mitmachmedium der Macht. Nachrichten verbreiten sich dort schneller als auf jeder anderen Plattform und noch wichtiger: Es entstehen politische Spins. In Echtzeit werden dort die Meinungen von Morgen gemacht.

Twitter ist mehr als nur ein Medium. Twitter ist ein viele Millionen Nutzer starkes Machtinstrument. Und Elon Musk hat mehr Einfluss als ein normaler Mensch. Er ist ein milliardenschwerer Machtmensch, der vorgibt, eine politische Agenda zu verfolgen. Eine Agenda, die zu einem besseren, aber auch nicht nΓ€her definierten gesellschaftlichen Zustand fΓΌhren soll.

"Ich habe Twitter gekauft, weil es für die Zukunft unserer Zivilisation wichtig ist, ein gemeinsames digitales Forum zu haben", schrieb Musk diese Woche in einem offenen Brief an die Anzeigenkunden von Twitter. Der Dienst solle ein Platz werden, auf dem "eine große Bandbreite an Meinungen auf gesunde Art diskutiert werden kann, ohne dass es in Gewalt ausartet."

Ein hehrer Vorsatz. Denn wenn das tatsΓ€chlich funktioniert, kann Twitter dabei helfen, mit der gesellschaftlichen und politische Spaltung der Gesellschaft eine der drΓ€ngendsten Fragen unserer Zeit zu lΓΆsen.

Doch Elon Musk schafft sich damit auch ein großes Problem. Bei vielen hat er eine Erwartung geweckt: Jeder soll auf Twitter alles sagen kânnen. Das klingt irgendwie gut, wie Freibier für die Demokratie.

Er wird dieses Versprechen nicht einlâsen kânnen. Denn die Vision, die der Unternehmer versucht, wahr werden zu lassen, ist gewissermaßen unmenschlich. Sie ignoriert RealitÀten, denen seine Utopie nicht standhalten kann.

  • Die Gesetzeslage

Ob die Vereinigten Staaten von Amerika, die EuropΓ€ische Union, Deutschland, Indien, Russland oder China – jedes Land der Erde macht Gesetze. Die Tage des Internets als einem "rechtsfreien Raum" – der so nie existiert hat – sind lange vorbei. Egal, ob Demokratie oder Diktatur: Regierungen etablieren Regeln. An die mΓΌssen sich Unternehmen und auch deren Besitzer halten.

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Eine freie Rede ohne die Einhaltung von Gesetzen wird also nicht eintreten. Das mag in einem Staat wie China die Zensur von politischen Inhalten sein, welche dem Regime nicht passen. Das mag in den USA oder in der EU ein ΓΆffentlicher Aufruf zum Selbstmord oder zur Gewalt sein, weil das ein Verbrechen darstellt.

"Comedy ist jetzt legal auf Twitter", verbreitete Musk kurz nach dem Kauf ΓΌber sein Twitter-Konto. Auch das klingt gut.

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Was aber, wenn ein "Go kill yourself" angeblich nur ein Spaß sein sollte, sich aber wirklich jemand das Leben nimmt? Als Musks Twitter-Kauf besiegelt war, soll die Anzahl antisemitischer Tweets rasant angestiegen sein. Alles kein Spaß. Wie soll das strafrechtlich verfolgt werden, ohne staatlichen Zugriff auf Nutzerdaten?

Egal, wem Regeln aus welchen GrΓΌnden auch immer nicht passen mΓΆgen. Auch Elon Musk wird mindestens Nutzungsbedingungen umsetzen mΓΌssen, die den aktuellen Gesetzen der jeweiligen LΓ€nder entsprechen. Am Ende entscheiden Gerichte darΓΌber, wie diese ausgelegt werden.

  • Die Nutzer

Wer keine RΓ€uber, MΓΆrder, Randalierer oder sonstige Unruhestifter in die eigene Wohnung lassen mΓΆchte, hat darauf womΓΆglich auch im digitalen Raum keine Lust. Zumindest langfristig suchen Menschen auch im Internet fΓΌr sich einen gewissen Schutz vor – ganz allgemein gesprochen – Inhalten, die ihnen unangenehm sind.

Das zum Scheitern verurteilte große Versprechen von der freien Rede für jeden ist keine Erfindung von Elon Musk. Auch die von Rechtskonservativen und Rechtsextremen geprÀgten Netzwerke wie Gettr, Truth Social, Parler oder Rumble werben damit, bei ihnen gebe es keine "Zensur" von Inhalten. Die RealitÀt sieht aber anders aus. Auch auf diesen Plattformen gelten Regeln. Wer gegen sie verstâßt, wird im Zweifel gesperrt.

Die Gründe dafür sind einfach: Wer sich nicht wohlfühlt, geht oder kommt nicht wieder. Gehen zu viele Nutzer, bedeutet das je nach GeschÀftsmodell und je nach Ziel des Unternehmens: weniger Einfluss, weniger Macht und weniger Geld. Damit sich eine ausreichend große Mehrheit also weiterhin "zu Hause" fühlt, muss eine zu unbequeme Minderheit vergrault werden. Es ist ein unauflâslicher Zwang: Keine Plattform der Welt kann "Everybody's Darling" sein. Dafür sind die Komfortzonen und Interessen von Menschen und auch von Machthabern viel zu unterschiedlich.

(Quelle: t-online / statista)
  • Der Profit

Je nach GeschΓ€ftsmodell einer Social-Media-Plattform ist es nicht nur die sogenannte User-Experience, sondern sind es auch die Erwartungen der ΓΌberlebenswichtigen Werbekunden. Wer bei Twitter Werbung schaltet, erwartet ein Umfeld, das den Ruf der eigenen wertvollen Marke nicht beschΓ€digt. Nicht nur der Staat, nicht nur die Nutzer, sondern auch die Anzeigenkunden erzeugen also einen permanenten Druck.

Dem kann sich ganz besonders der reichste Mann der Welt kaum entziehen. Elon Musk besitzt nicht nur Twitter. Der Tesla-Chef will zur Rettung der Menschheit in erster Linie seine Elektroautos verkaufen und nebenbei auch weiterhin StaatsauftrΓ€ge der amerikanischen Nasa fΓΌr seine SpaceX-Weltraumexpeditionen bekommen.

Der Wert seiner Marken ist direkt verknΓΌpft mit seinem Namen. Musk wΓΌrde seine GeschΓ€ftsmodelle gefΓ€hrden, wΓΌrde er ausgerechnet negative Schlagzeilen machen wegen schwerwiegender Probleme bei Twitter.

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Wertvolle Debatten sind Musks Verdienst

Das klingt nach einem Himmelfahrtskommando. Nicht an allem aber muss Musk zwangslΓ€ufig scheitern. Seinen Kampf gegen Bots und Fake-Accounts wie angekΓΌndigt konsequent zu fΓΌhren, kΓΆnnte ihm zum Beispiel gelingen. Er wΓΌrde damit auch fΓΌr andere Plattformen einen neuen Goldstandard setzen.

Was bleibt, ist ein Problem: Auch echte Menschen verbreiten LΓΌgen und Halbwahrheiten. Oder sie versuchen, Fakten zu unterdrΓΌcken. EndgΓΌltig zu entscheiden, was LΓΌge und Wahrheit sein kann – das kΓΆnnte auch kein Wahrheitsministerium.

Kann es dafΓΌr ΓΌberhaupt LΓΆsungen geben? Die von Musks geschΓΌrten Erwartungen zur freien Rede bringen Diskussionen in Gang, die noch lange andauern werden.

Wie wollen die Menschen im Zeitalter der Digitalisierung leben? Findet sich ein Weg, der nicht einem zensorischen, umfassenden Kontrollmodell Chinas entsprechen wird? Findet sich ein Weg, der zugleich nicht im Chaos endet, weil die demokratische Ordnung auf dem Altar einer vΓΆllig freien, also auch gewaltvollen und undemokratischen Rede geopfert wird?

Musk ist ein Meister der Disruption. Nicht alles daran ist gut. Aber der Kauf von Twitter kann auch als Aufgabe verstanden werden, sich als Gesellschaften auf einen Weg zu machen, von dem noch gar nicht klar ist, wann er zu Ende ist.

Es gehΓΆrt zu den FΓ€higkeiten des Mars-Menschen Musk, Visionen zumindest zu formulieren, mΓΆgen sie noch so naiv klingen. Sich mit ihnen zu beschΓ€ftigen und zu diskutieren, ist unbequem. Aber es verhindert, blind in eine falsche Richtung zu laufen oder stehenzubleiben.

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Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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