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Donald Trump: Die Republikaner wollen einen anderen – schallende Ohrfeige


Ex-Präsident
Eine schallende Ohrfeige für Trump

Von Christoph Cöln

Aktualisiert am 27.12.2022Lesedauer: 6 Min.
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Bild von Donald Trump während seiner Zeit als Präsident. Ein Untersuchungsausschuss soll die Rolle des 77-Jährigen beim Kapitolsturm klären.Vergrößern des Bildes
Bild von Donald Trump während seiner Zeit als Präsident. Ein Untersuchungsausschuss soll seine Rolle beim Kapitolsturm klären. (Quelle: Rod Lamkey/CNP/startraksphoto.co/Cover Images )

Er zündet den Weihnachtsbaum an und hält sich selbst für einen Hellseher. Donald Trump macht, was er am besten kann: Chaos stiften. Doch seine Strategie scheint nicht mehr aufzugehen.

Pünktlich zu Weihnachten verteilte Donald Trump Tiefschläge. Das Temperament des ehemaligen US-Präsidenten ist berüchtigt, aber die Heftigkeit, mit der der 76-Jährige ausgerechnet an den Feiertagen herumätzte, war doch bemerkenswert. Trump wünschte allen frohe Weihnachten, einschließlich "der radikal linken Marxisten, die versuchen, unser Land zu zerstören", und dem FBI, das die Medien "zwingt und bezahlt, einen geistig behinderten Demokraten zu fördern, statt eines brillanten, hellseherischen und die USA liebenden Donald Trump".

Dass Trump mit dem "geistig behinderten Demokraten" niemand anderen als seinen von ihm verachteten Nachfolger Joe Biden gemeint haben dürfte, versteht sich. Es war die Botschaft eines politischen Brandstifters, nicht die eines Staatsmannes im Ruhestand. Als wäre der Weihnachtsmann im Grinch-Kostüm ins Weiße Haus gekommen, um den Gabentisch abzufackeln.

Wenig später wütete Trump erneut. "Die USA sterben von innen!", schrieb er. Das konnte man als Kommentar zu den Ermittlungen der US-Justizbehörde gegen ihn verstehen. Seit Jahren rückt die Justiz Trump nun schon auf den Pelz, aber bislang überstand er sämtliche Prozesse und Untersuchungen relativ unbeschadet. Das könnte sich ändern.

Die aktuellen Steuerermittlungen wiegen schwer, zudem laufen gegen Trump noch mehr als 16 andere Verfahren. Ob er vor diesem Hintergrund tatsächlich zum Präsidentschaftskandidaten der Grand Old Party ernannt wird, ist derzeit mehr als fraglich. Seine Kandidatur hatte er bereits Mitte November bekanntgegeben, gleich nach den für die Republikaner enttäuschend verlaufenen Zwischenwahlen.

Trumps Kandidaten hängt Verlierer-Image an

Die öffentlichen Hasstiraden kommen nun zu einem Zeitpunkt, an dem Trump auch innerparteilich immer mehr Rückschläge einstecken muss. An Heiligabend veröffentlichte das Oberste Gericht in Arizona das Urteil im Fall der Republikanerin Kari Lake. Die von Trump unterstützte Gouverneurs-Kandidatin hatte gegen das amtliche Endergebnis bei den Midterms geklagt, sie witterte systematischen Wahlbetrug und eine Verschwörung der Demokraten. Doch der zuständige Richter Pete Thompson wies die Klage ab. In seiner Begründung hieß es: "Das Gericht kann nicht akzeptieren, dass bloße Spekulationen und Verdächtigungen über klare und überzeugende Fakten gestellt werden."

Deutlicher kann ein Urteil kaum lauten. Damit hat erneut ein Richter eine der unhaltbaren Behauptungen aus dem Trump-Lager ins Reich der Fabeln verwiesen. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil der Jurist Thompson von einem republikanischen Gouverneur berufen wurde. Es sind also längst nicht mehr nur Anhänger der Demokraten, die sich von den hanebüchenen Winkelzügen der Trumpisten nicht blenden lassen wollen. Auch innerhalb der republikanischen Partei wächst der Unmut über Trump und seine Protegés. Nicht wegen ihrer radikalen Ansichten oder verschwörungsmythischen Narrative, die sie im Wahlkampf und auch sonst ständig verbreiten. Sondern wegen des Verlierer-Images, das ihnen inzwischen anhängt.

Kari Lake ist nur die jüngste in einer langen Reihe von Enttäuschungen für die Republikaner. Ein Dutzend Trump-Kandidaten zog bei den Midterms den Kürzeren. Ähnlich wie Lake in Arizona mussten auch die von Trump massiv unterstützten Don Bolduc in New Hampshire oder Herschel Walker in Georgia Niederlagen einstecken. Vor allem in den Schlüsselstaaten ging die Strategie der Republikaner nicht auf, mit Trump-Kandidaten für die "rote Welle" zu sorgen - also einen überzeugenden Sieg in beiden Kongresskammern zu holen, was wiederum eine gute Ausgangslage für die Präsidentschaftswahlen in zwei Jahren bedeutet hätte.

Selbst dem republikanischen Mehrheitsführer Mitch McConnell blieb, nachdem die Endergebnisse in allen Bundesstaaten Mitte Dezember endlich feststanden, nichts anderes übrig, als die Schlappe Trump und dessen dürftigen Kandidaten in die Schuhe zu schieben. "Unsere Möglichkeiten, erstklassige Ergebnisse zu erzielen, waren dieses Mal begrenzt, denn die Unterstützung des früheren Präsidenten hat sich als entscheidender Faktor erwiesen", sagte McConnell. "Wir mussten also das Beste aus den Karten machen, die wir bekommen haben."

"Ein Sieg für die Geschichtsbücher", jubelte Amtsinhaber DeSantis

Eine schallende Ohrfeige für Trump. Während einflussreiche Parteifreunde wie McConnell sich immer häufiger distanzieren, wenden sich inzwischen auch große Teile der Basis vom Ex-Präsidenten ab. Eine aktuelle Umfrage der Zeitung "USA Today" und der Suffolk University zeigt, dass zwar 75 Prozent der republikanischen Basis die Politik Trumps nach wie vor unterstützen, aber nicht die Person Trump. Den hält nur noch ein Drittel der eigenen Parteianhänger für präsidiabel. Mehr als 60 Prozent wollen dagegen einen anderen Republikaner für die kommende Wahl ins Rennen schicken. Heißester Anwärter auf die Kandidatur ist momentan Ron DeSantis.

Floridas Gouverneur hat sich bei den Zwischenwahlen mit einem überzeugenden Sieg eine zweite Amtszeit gesichert. Weil er es im Gegensatz zu Trump verstand, nicht nur durch populistische Parolen aufzufallen, sondern auch durch eine langfristig angelegte Wahlstrategie. So vervielfachten die Republikaner in Florida in den vergangenen vier Jahren ihre Wählerbasis, sie sprachen gezielt jene Menschen an, die normalerweise nicht unbedingt von ihrem demokratischen Wahlrecht Gebrauch machen. Das zahlte sich aus.

DeSantis‘ Leute schafften es, dass fast 300.000 Menschen mehr zur Urne gingen als noch 2018. Dadurch wuchs der Vorsprung des Gouverneurs auf seinen Widersacher um das 46-fache. Fast 60 Prozent der Wähler gaben ihm ihre Stimme, es war der deutlichste Sieg eines Republikaners in Florida überhaupt. Auch ist DeSantis der erste Republikaner seit Jeb Bush im Jahr 2002, der den County Miami-Dade gewinnen konnte – eine ehemalige Hochburg der Demokraten. Damit fällt Florida aus der Reihe der traditionell umkämpften "Swing States". Florida ist jetzt rot. "Es war ein Sieg für die Geschichtsbücher", kommentierte DeSantis seinen Erfolg.

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Nur ernstzunehmenden Gegnern verpasst Trump einen Spitznamen

Der 44-jährige gilt als taktisch versiert, aber nicht weniger radikal als Trump. DeSantis verkörpert eine dezidiert regierungskritische, anti-etatistische Politik, viele seiner Positionen sind mit jenen des ehemaligen Präsidenten identisch. Während der Corona-Krise attackierte er die Biden-Regierung, wo er immer er konnte, oder er hetzte gegen die vermeintlich "woke" Meinungsdominanz im Land.

Neben diesen Bulldozer-Auftritten hat sich der Irak-Kriegsveteran und Harvard-Absolvent als vorausschauender Politmanager bewiesen: Während Trump einen rechtsradikalen Mob losließ, um das Kapitol zu stürmen, schickte DeSantis seine republikanischen Wahlkämpfer auf die Straße, um sie in ganz Florida an zwei Millionen Haustüren zu klopfen zu lassen. Werbung für die eigene Partei, ohne Gewalt, nur mit Stift und Papier. Diese enorme Wählermobilisierung wird innerhalb der republikanischen Reihen aufmerksam registriert. Von einigen, auch einflussreichen Republikanern wird Floridas Gouverneur längst als der bessere Trump gehandelt: jünger, smarter und vor allem erfolgreicher.

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DeSantis lässt eine Bewerbung um die Präsidentschaftskandidatur bislang offen, er hat damit offenbar keine Eile. Dass er Trump gefährlich werden könnte, dafür sprechen auch die verbalen Prügel, die Trump seinem Parteifreund zuteilwerden lässt. "Illoyal" schimpfte er DeSantis und einen "durchschnittlichen" Gouverneur. Auch verspottet er ihn ausdauernd als "DeSanctimonious" ("Der Scheinheilige"), und mit Schmähnamen bedenkt Trump normalerweise nur solche Gegner, die er wirklich ernst nimmt. Das hat er sich beim Wrestling abgeschaut. Er ahnt wohl, dass er Floridas Gouverneur nicht so leicht auf die Bretter schicken wird.

Dass sich ein Großteil der Republikaner nicht vorstellen kann, Trump im Präsidentschaftsrennen 2024 zu unterstützen, liegt aber vor allem an der imposanten Liste an Niederlagen, die dem Ex-Präsidenten inzwischen angelastet werden. Drei Wahlen in Folge gingen unter ihm verloren, die Midterms 2018, die Präsidentschaftswahlen 2020 und nun erneut die Zwischenwahlen 2022. Dieser Makel hängt unübersehbar an dem Hobby-Golfer, der sich selbst zwar als Dauersieger sieht, von diesem äußerst exklusiven Blick auf die Dinge (und auf sich selbst) aber immer weniger Menschen überzeugen kann. Man könnte sagen, Trump spielt ein Bogey nach dem anderen.

Ein Abendessen mit ausgewiesenen Antisemiten

Neben dem Momentum an den Wahlurnen verliert Trump auch sein politisches Gespür. So traf er sich kürzlich mit dem Holocaust-Leugner Nick Fuentes und dem Rapper Kanye West in seiner Residenz in Florida zum Abendessen. Die jüdischen Konservativen brachte das auf die Palme. Beide, Fuentes wie auch West, fallen regelmäßig durch antisemitische Aussagen auf. Trump wollte davon nichts gewusst haben.

Dann ist da der Sonderermittler Jack Smith, der Trumps Rolle beim Kapitol-Sturm und bei der mutmaßlichen Veruntreuung von geheimen Regierungsdokumenten untersuchen soll. Zudem laufen noch mehr als ein Dutzend weitere Ermittlungsverfahren gegen den Ex-Präsidenten. Erst kürzlich entschied ein Gericht, dass seine Steuerunterlagen der Jahre 2015 bis 2020 veröffentlicht werden dürfen. Je nachdem, was die Prüfung der Unterlagen durch die Steuerbehörden ergibt, könnte es juristisch ungemütlich für ihn werden.

Trump stand schon oft mit dem Rücken zur Wand, ob geschäftlich, politisch oder privat. Wirklich geschadet hat es ihm nie. Stets verstand er es, Niederlagen in persönliche Erfolge umzudeuten. Doch das könnte nun nicht mehr funktionieren. Unwahrscheinlich, dass die Republikaner in zwei Jahren, wenn es um das Weiße Haus geht, auch die vierte Wahl unter seiner Führung verlieren wollen. Die Zukunft der Grand Old Party ist derzeit mehr denn je ungewiss, sie könnte Ron DeSantis heißen. Genaueres weiß vermutlich aber nur der "brillante, hellseherische und die USA liebende Donald Trump".

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