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USA vor Zahlungsunfähigkeit? Was bedeutet das für den Rest der Welt


Krise in den USA
Bis die Welt in den Abgrund stürzt

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns

Aktualisiert am 15.05.2023Lesedauer: 4 Min.
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Kevin McCarthy: Er soll sich mit US-Präsident Joe Biden geeinigt haben, was die zukünftigen Ausgaben angeht.Vergrößern des Bildes
Kevin McCarthy. Der Sprecher des US-Repräsentantenhauses gilt momentan als größter Gegenspieler der Demokraten und Joe Biden. (Quelle: IMAGO/Jack Gruber)

Mit ihrem innenpolitischen Schuldenstreit gefährden die USA nicht nur die Weltwirtschaft. Sie drohen auch ihre globale Führungsrolle einzubüßen. Mit unabsehbaren Folgen.

Eigentlich ist es ungewöhnlich, dass der deutsche Finanzminister ein Thema in US-amerikanischen Medien ist. Und es ist eigentlich auch ungewöhnlich, dass Christian Lindner in dieser Art und Weise über US-Politiker spricht. Die Lage für die ganze Welt scheint angesichts der Schuldenkrise in den Vereinigten Staaten aber so ernst zu sein, dass beides geschehen ist.

Lindner blieb zwar vorsichtig, wurde aber trotzdem deutlich, als er dem US-Fernsehsender CNBC am Rande des G7-Treffens in Japan sagte: "Ich kann mich nicht zur Innenpolitik in anderen Ländern äußern, aber ich hoffe, dass sich jeder in dieser Situation reif genug verhält und weitere Risiken für die globale Wirtschaftsentwicklung vermeidet."

Die US-Politiker wissen es eigentlich besser

US-Politikern implizit Unreife zu unterstellen, ist außenpolitisch heikel. Aber der anhaltende und derzeit unlösbar erscheinende Streit zwischen Republikanern und Demokraten um eine Anhebung der Schuldengrenze erfordert offenbar besondere Maßnahmen. Ein drohender Zahlungsausfall der USA würde zuerst das Land selbst und dann die Märkte in der ganzen Welt in eine Krise stürzen.

Die US-Finanzministerin Janet Yellen warnte schon Anfang des Monats, dass ohne eine Einigung die größte Volkswirtschaft der Welt bis zum 1. Juni zahlungsunfähig werden könnte. Republikaner und Demokraten wissen, wie viel dann auf dem Spiel steht, nämlich nicht nur eine Wirtschafts- und Finanzkrise für die USA, sondern für die ganze Welt.

Die Gefahr ist dieses Mal noch größer

Die Parlamentarier im US-Kongress versuchen seit Wochen, einen Kompromiss zum Umgang mit der sogenannten Schuldengrenze zu finden, einem immer wieder neu festzulegenden Höchstbetrag, dem beide Kammern zustimmen müssen, damit die Biden-Regierung notwendige Kredite aufnehmen darf. Die Demokraten wollen, dass die Schuldenobergrenze angehoben wird, die Republikaner fordern hingegen drastische Ausgabenkürzungen, bevor sie bereit sind, zuzustimmen.

Im Grunde sind diese Streitigkeiten nichts Neues, denn sie finden in Washington immer wieder statt. Dieses Mal aber ist der Druck auf die Regierung besonders hoch. Die Republikaner haben nach ihrem Sieg bei den Zwischenwahlen zwar nur eine knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus erlangt. Sie garantiert ihnen aber trotzdem eine Blockademöglichkeit in dieser heiklen Haushaltsfrage.

Diese Macht erlangt zu haben, ist ihr größter Trumpf, um sich gegen die Demokraten zu profilieren. Der neue Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, ist zudem abhängig vom Wohlwollen Donald Trumps und dessen treuesten Anhängern im Parlament. Ein Treffen zwischen ihm und Joe Biden verlief zuletzt erneut ohne Ergebnis.

Eine Strategie, die ins Verderben führen kann

Das Gefährliche: Beide Parteien verfolgen eine politische Strategie, die in den USA "Brinkmanship" genannt wird. Gemeint ist damit nichts anderes, als dem politischen Gegner damit zu drohen, so weit zu gehen, dass am Ende alle mit in den Abgrund gezogen werden. Das Ziel: Der Gegner soll aus Angst vor dem umfassenden Desaster, bei dem alle verlieren würden, am Ende doch klein beigeben.

Im Falle der Wirtschaftsmacht USA ist es ein riskantes Pokerspiel um die Zukunft der ganzen Welt. Aus Sicht der übrigen Staaten und auch aus der Sicht des deutschen Finanzministers Christian Lindner wirkt dieses sture Verhalten des notorisch gespaltenen, aber noch immer einflussreichsten Staats der Welt verantwortungslos.

In einer Zeit des Ukraine-Krieges, begonnen durch Russland, in einer Zeit zunehmender Rivalitäten mit dem aufstrebenden China und wachsendem Selbstbewusstsein der ebenfalls einflussreichen Staaten Indien oder Brasilien drohen die Vereinigten Staaten mit ihrem innenpolitischen Streit weiter Vertrauen zu verspielen. Insbesondere für Europa, das von seinem amerikanischen Partner inzwischen mehr denn je abhängig ist, wirkt die Lage besonders dramatisch.

Die Folgen eines tatsächlichen Zahlungsausfalls der USA wären unabsehbar und dramatisch. Zuerst käme es zum sogenannten "government shutdown", also der Schließung der Regierung. Dabei kommt streng genommen der Staat zum Stillstand, sobald die Schuldenschwelle überschritten wird. Hält die Haushaltskrise an, können die USA die Zinsen auf ihre bestehenden Schulden nicht mehr bedienen. Dieser Zahlungsausfall könnte schlimmstenfalls eine globale Finanzkrise auslösen.

So unrealistisch eine Lösung des Streits erscheint, so kurios wirken die Auswege, die immer wieder diskutiert werden. Darunter fallen auch die sogenannten "One Trillion Dollars"-Münzen aus Platin. Der Theorie nach könnten solche "One Trillion Dollars"-Münzen im Auftrag der Biden-Regierung geprägt und bei der US-Notenbank, der Federal Reserve, hinterlegt werden. Ihr Wert würde dann wiederum auf die Konten des Finanzministeriums gelangen.

Die Suche nach absurden Auswegen

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Die Staatsschulden könnten dann weiter bedient, die Gehälter der Beamten bezahlt, der "government shutdown" und eine Weltfinanzkrise verhindert werden. Den Republikanern würde auf diese Weise ihr Erpressungspotenzial im Kongress entzogen. (Mehr zu der absurden Münz-Idee lesen Sie hier.)

Aber Kritiker warnen bereits vor einer anderen Finanzkatastrophe, die dadurch entstehen könnte. Denn im Grunde sei das Zuschreiben eines so hohen ausgedachten Wertes für die Platinmünzen nichts anderes als massenhaftes Gelddrucken. Die Folgen einer solchen Maßnahme könnten die ohnehin schon hohe Inflation schließlich zu einer Hyperinflation treiben.

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Handeln Demokraten und Republikaner noch rechtzeitig?

Bislang wurde noch in jedem Haushaltsstreit irgendwann ein Kompromiss zwischen Republikanern und Demokraten gefunden. Zu groß ist dann doch die Furcht in beiden Parteien, dass schon der drohende Zahlungsausfall die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten beschädigen und eine Weltwirtschaftskrise auslösen könnte. Unter Präsident Barack Obama waren die USA im Jahr 2011 in der Folge solcher Haushaltsstreitigkeiten zum ersten Mal in ihrer Geschichte von Ratingagenturen herabgestuft worden. Dieser Schock sitzt noch immer tief.

Demokraten und Republikaner wissen es eigentlich besser. Genau das meinte der deutsche Finanzminister Christian Lindner mit seiner Forderung nach Reife der US-Politiker. Das mag anmaßend wirken. Aber die US-Amerikaner müssen jetzt trotzdem beweisen, dass sie genug Verantwortungsbewusstsein besitzen und sich zum Wohle des Landes und der Welt einigen. Vieles spricht aber dafür, dass sich die beiden Parteien erst dann einigen werden, wenn die Märkte sie die Folgen spüren lassen. Wer nicht hören will, muss fühlen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • cnbc.com: German minister calls for maturity on U.S. debt ceiling talks: 'We have to avoid further risks' (englisch)
  • cnn.com: These states will be hit the hardest if the US debt ceiling standoff isn’t resolved (englisch)
  • foreignpolicy.com: America’s 'Full Faith and Credit' Is Closer Than Ever to Defaulting (englisch)
  • wsj.com: When Is the Debt Ceiling Deadline and What Happens if the Limit Isn’t Raised? (englisch)
  • politico.com: Biden starts to throw some punches in the debt ceiling fight (englisch)
  • economist.com: Investors brace for a painful crash into America’s debt-ceiling (englisch)
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