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Waldbrände, Überschwemmungen, Hitze: Gefährlicher Extremsommer in den USA


Extreme Hitze in den USA
Temperaturrekord? Experten beunruhigt etwas anderes

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns

17.07.2023Lesedauer: 5 Min.
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USA-WEATHER/DEATH VALLEY-HEAT
Hitzewelle in den USA: Bilder zeigen die extreme Situation im Süden des Landes. (Quelle: Glomex)

Waldbrände, Überschwemmungen und eine Höllenhitze. Die USA erleben einen Sommer der Extreme. Vieles weist darauf hin, dass dies erst der Anfang ist – mit schlimmen Folgen.

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Der Sommer der Extreme nimmt auf dem nordamerikanischen Kontinent kein Ende. Die andauernden Waldbrände in Kanada, der giftige gelb-orangefarbene Rauch in New York, Philadelphia und Washington, die Überschwemmungen im Bundesstaat Vermont und die Gluthitze im Südwesten der USA, wegen der Menschen reihenweise kollabieren – seit Wochen bestimmen Bilder dieser Naturkatastrophen die Medien.

Besonders heiße Sommer gab es immer wieder, eine Häufung von Extremwetterphänomenen auch. Doch obwohl eine tiefergehende wissenschaftliche Analyse dieses Sommers noch aussteht, fühlen sich Klimaforscher in ihren Berechnungen bestätigt. "All das steht vollkommen im Einklang mit dem, was die Erderwärmung durch Treibhausgase bewirkt. Und das steht im Einklang mit den Trends, die wir erwarten", sagt etwa Ben Zaitchik, Professor am Department for Earth and Planetary Sciences an der Johns Hopkins University.

Die meisten Klimaforscher sind sich einig: In diesem Jahr sticht insbesondere in den USA so vieles heraus, dass man nicht einfach nur von einem heißen Sommer sprechen kann. Die Beispiele fügen sich zu einem Bild zusammen und das lässt die Besorgnis vor dem Klimawandel überall im Land wachsen. Denn auch die Folgen werden längst sichtbar.

Brian McNoldy etwa, Klimaforscher an der Universität in Miami im Bundesstaat Florida, machte auf die Wassertemperaturen des Atlantiks aufmerksam, die rund um die Key-Inselgruppe vor der Südspitze Floridas gemessen wurden. McNoldy dazu: "Die Wassertemperatur in den Florida Keys und im Südosten Floridas ist heißer, als je zuvor zu irgendeiner Jahreszeit gemessen wurde, und sie liegt noch nicht einmal in der Nähe der zuvor gemessenen Höchsttemperaturen."

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Nicht nur in Florida, sondern weltweit befindet sich die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Meere weit über jener, die jemals gemessen wurden. Klimaforscher der Universität Maine verfolgen die Entwicklung fortlaufend und veranschaulichen sie in einem Diagramm.

Auch an Land sind die Temperaturen extrem. Selbst an jenen Orten, die für ihre Sommerhitze bekannt sind, ist es jetzt noch heißer als gewöhnlich. Zum ersten Mal seit Beginn der Aufzeichnungen wurde am vergangenen Sonntag für den beliebten Urlaubsort Miami in Florida eine Warnung wegen übermäßiger Hitze ausgegeben.

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Das Problem ist die Dauer der Hitze

Auffallend ist Meteorologen zufolge nicht allein die Höhe der gemessenen Temperaturen, sondern ihre Dauer. In der ersten Julihälfte lagen die Temperaturen im Südwesten der USA etwa 3 bis 6 Grad über den historischen Durchschnittswerten.

Auch wenn der Hitze-Zenit am vergangenen Wochenende überschritten scheint, erwarten die Meteorologen, dass es noch bis in die zweite Julihälfte hinein Temperaturen von weit über 40 Grad geben wird. In 14 Bundesstaaten, von Oregon im Norden bis Texas und Florida im Süden, bleibt fast ein Drittel der Amerikaner von Extremhitze-Warnungen der Behörden betroffen. Der sogenannte "Hitzedom", ein andauerndes Hochdruckgebiet, verhindert, dass Regen fällt und es abkühlen kann.

Arizonas Hauptstadt liegt quasi im Zentrum dieser Hitzekuppel. Phoenix verzeichnete am Samstag die dritte Rekordtemperatur in Folge. Mit rund 47,8 Grad Celsius wurde der bisherige Rekord aus dem Jahr 1998 übertroffen. In den vergangenen zwei Wochen wurden an jedem Nachmittag mindestens 43 Grad Celsius gemessen. Geht es so weiter, und es sieht so aus, wird auch der nächste Rekord gebrochen. Er stammt von 1974, da war es an 18 aufeinanderfolgenden Tagen so heiß.

Im Schnitt sind Menschen in der eigentlich boomenden Millionenstadt Phoenix daran gewöhnt, dass es pro Jahr 7 Tage mit mehr als 43 Grad gibt. Experten rechnen damit, dass dieser Schnitt bis 2050 auf mehr als 40 Tage pro Jahr ansteigen könnte. Berechnet wurde dieses mögliche Szenario von Analysten für "Climate-Check", eine Website, die Immobilienkäufer berät. Die Klimakrise beeinträchtigt auch Pläne zum Häuserkauf und Entscheidungen für langfristige Investments.

Bereits vor dem vergangenen Extrem-Wochenende meldeten die Behörden allein für den Bezirk von Phoenix (Maricopa County) 12 Tote. In der Hitze gewohnten Stadt Laredo im Bundesstaat Texas starben seit Mitte Juni ebenfalls 10 Menschen an den Folgen. Auch dort bleibt es mit weit über 40 Grad Celsius anhaltend heiß. Besonders alleinstehende Menschen sind gefährdet. Im texanischen Houston konnte sich ein 67-jähriger Mann laut Medienberichten die Reparatur seiner Klimaanlage nicht leisten. Er starb infolge von Hyperthermie, an Überhitzung.

Waldbrände und giftigen Wolken

Im nördlichen Kanada brennen derweil die Wälder großflächig immer weiter ab. Auch nach Wochen melden die kanadischen Behörden laut dem Canadian Interagency Forest Fire Centre aktuell immer noch mehr als 500 Brände, die außer Kontrolle sind. Um die 100 dehnen sich zumindest nicht aus. Und rund 200 sind inzwischen unter Kontrolle.

Schon jetzt ist klar: In diesem Jahr wurde mehr Fläche durch Waldbrände verbrannt als in jedem anderen Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Schuld daran ist laut dem Canadian Interagency Forest Fire Centre die Rekordhitzeperiode samt Trockenheit, die bereits in diesem Frühjahr in Kanada gemessen wurde.

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Schon mehrfach in diesem Jahr mussten die Behörden in den mehr als 1.000 Kilometer entfernten Städten an der Ostküste der USA Alarm auslösen, weil die Luftqualität sich dort wegen des Rauchs aus dem Norden extrem verschlechtert hatte. Der Sommerhimmel über New York, Philadelphia oder Washington, sonst blau und klar, ist in diesem Jahr oft dunstig und gelb-orange.

Das Atmen fällt schwer, der feine Staub beißt in den Augen und in der Lunge. Aktuell ziehen die Rauchsäulen aus Kanada über die Bundesstaaten im mittleren Westen der USA, über South Dakota, Montana und Wyoming.

Sturzfluten im Nordosten und marode Dämme

Auf der anderen Seite des Kontinents ist hingegen nicht die Hitze das Problem, sondern der Niederschlag. Nachdem bereits vergangene Woche der Katastrophenfall für den nordöstlichen Bundesstaat Vermont ausgerufen worden war, hält die Gefahr von Sturzfluten infolge von heftigen Regenfällen an. In Pennsylvania, nördlich von Philadelphia, kamen am Wochenende mindestens fünf Menschen ums Leben. Weil der Regen so plötzlich und stark fiel, wurden Autos von den Fluten mitgerissen und Keller überflutet. Die Feuerwehr sucht noch immer nach zwei vermissten Babys im Alter von wenigen Monaten.

"Wir befinden uns in einer sehr, sehr instabilen Wetterlage", sagte auch Kathy Hochul, die Gouverneurin des ebenfalls von Starkregen heimgesuchten Bundesstaats New York. "Ihr Auto kann sich von einem Ort der Sicherheit zu einem Ort des Todes verwandeln", appellierte sie eindringlich an all jene, die in ihrem Wagen Schutz suchen.

Experten warnen nun davor, dass jahrzehntealte Dämme angesichts der Klimaveränderungen dringend erneuert werden müssten. Insbesondere im Bundesstaat Massachusetts sollen von rund 3.000 Dämmen rund 1.000 veraltet und marode sein und die Bevölkerung gefährden. Das zeigt eine Liste des National Inventory of Dams, die von Ingenieuren der US-Armee geführt wird.

Betroffen werden alle Bereiche der Zivilisation

Der Planet hat bereits den wärmsten Juni aller Zeiten hinter sich. Im Juli sind die Temperaturen weiter angestiegen. Und der August steht noch bevor. Die Katastrophen häufen sich und Experten rechnen damit, dass solche plötzlich auftauchenden Extremwetter, die alte Rekorde übertreffen, zunehmen werden.

Betroffen sind davon alle Bereiche. Studien rechnen etwa damit, dass Menschen wegen der Hitze künftig statt von 9 bis 17 Uhr, eher von 6 bis 14 Uhr werden arbeiten müssen. Andere warnen davor, dass die hohen Temperaturen und Überflutungen selbst die Nuklearschlagkapazitäten der USA beeinträchtigen könnten.

Der Grund ist simpel, aber folgenschwer: Werden etwa Zufahrtsstraßen zu Raketenarsenalen, wie im Bundesstaat North Dakota, überschwemmt, können die schweren Waffen nicht mehr transportiert werden. An anderen Standorten, wie in Missouri, könnte es schlicht zu heiß für das Bodenpersonal oder die Piloten werden.

Verwendete Quellen
  • ciffc.net: Canadian Interagency Forest Fire Centre (Englisch/Französisch)
  • nytimes.com: "In a Texas City, Heat Proved Deadly Even for Those Long Used to It" (Englisch)
  • climatereanalyzer.org: Climate Reanalyzer der University of Maine (Englisch)
  • khou.com: "Man who died from heat in Harris County couldn't afford to fix broken AC unit, family says" (Englisch)
  • climatecheck.com: "Climate Change Hazard Ratings for Phoenix, AZ" (Englisch)
  • washingtonpost.com: "The science of heat domes and how drought and climate change make them worse" (Englisch)
  • nid.sec.usace.army.mil: "National Inventory of Dams" (Englisch)
  • carnegieendowment.org: "How Climate Change Challenges the U.S. Nuclear Deterrent" (Englisch)
  • fortune.com: "Workers might have to ditch the 9-5 for the 6-2 because of climate change, Oxford study says" (Englisch)
  • droughtmonitor.unl.edu: "U.S. Drought Monitor" (Englisch)
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