Elon Musk und Doge Sein Kartenhaus bricht in sich zusammen

Zwei Billionen US-Dollar wollte Elon Musk im US-Staatshaushalt einsparen. Die bisherige Bilanz: ernüchternd. Bald wird Musk seine Beratertätigkeit im Dienst der Regierung einstellen. Waren seine Ziele mit Doge ohnehin ganz andere?
Das Versprechen von Elon Musk war gewaltig: Als Berater des US-Präsidenten wollte der Tech-Milliardär ein Drittel der jährlichen Staatsausgaben der USA einsparen – ganze zwei Billionen US-Dollar. Später ruderte er leicht zurück, reduzierte das Ziel auf immer noch gut eine Billion US-Dollar. Doch knapp vier Monate nach Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus und dem Beginn seiner zweiten Amtszeit ist Musk weit davon entfernt, sein Versprechen einzulösen.
Trump gründete zu seinem Amtsantritt eigens das Department of Government Efficiency (Doge), um die Kürzungen umzusetzen. Diese Abteilung für "Regierungseffizienz" löst seitdem regelmäßig Wirbel aus: Massenentlassungen bei Staatsbediensteten und die Zerschlagung ganzer Behörden machten Schlagzeilen. Nach Angaben der eigenen Webseite will Doge seit dem 20. Januar rund 170 Milliarden US-Dollar an Staatsausgaben eingespart haben.
Doch nur ein Bruchteil davon ist tatsächlich belegt – und die Nachweise, die Musk und sein Doge-Team bisher dafür erbracht haben, erscheinen zweifelhaft. Ferner sind die bisherigen Kürzungen vorrangig kurzfristig, sie dürften also kaum dazu beitragen, die Staatsausgaben über einen längeren Zeitraum zu senken. Ende Mai soll Musk nun als Trump-Berater zurücktreten – ohne sein Ziel erreicht zu haben. Das gemeinsam mit Trump aufgebaute Kartenhaus bricht in sich zusammen. Doch womöglich verfolgten sie ohnehin andere Ziele.
Doch nur 31,8 Milliarden Dollar eingespart?
Laut einer Recherche der "Financial Times" sind lediglich Einsparungen von 31,8 Milliarden US-Dollar durch 10.248 stornierte Verträge oder Änderungen der Papiere dokumentiert. Wirklich nachvollziehbar seien davon jedoch nur gut 6.700 Verträge, berichtet das Blatt. Selbst die ausgewiesenen 31,8 Milliarden US-Dollar könnten also übertrieben sein – die "Financial Times" kommt nach ihrer Recherche lediglich auf einen Betrag von etwa 12,4 Milliarden US-Dollar aus klar definierten Verträgen.
Die Zeitung erhebt weitere Zweifel an den Angaben auf der Doge-Webseite: Einige der dort aufgeführten Kürzungen berufen sich dem Bericht zufolge auf vertraglich festgelegte, jedoch theoretische Maximalbeträge, die in Wirklichkeit nie in dieser Höhe ausgegeben worden seien. Zudem habe Doge auch Verträge als Einsparungen verbucht, die ohnehin ausgelaufen wären. Dazu wurden diese laut "Financial Times" teils doppelt erfasst oder zumindest ungenau aufgezählt.
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Erschwerend hinzu kommen die möglichen Negativfolgen der von Musk angestrebten radikalen Kürzungen. So könnten Massenentlassungen bei der Bundessteuerbehörde IRS letztlich dazu führen, dass dem Staat potenzielle Einnahmen entgehen: Nach dem Abgang von mindestens 11.000 Mitarbeitern fehlt möglicherweise Personal, das Steuerhinterziehungen verfolgen kann. Auch in vielen anderen Behörden wurden Mitarbeiter zuhauf vor die Tür gesetzt – insgesamt etwa 100.000 Staatsbedienstete.
Musks Kürzungen könnten letztlich zu höheren Kosten führen
Das kann den Staat am Ende teuer zu stehen kommen und letztlich mehr Geld kosten, als eingespart wurde. Gut ein Viertel der Entlassenen klagte sich bereits zurück in den Dienst, etwa 75.000 von ihnen nahmen Angebote über Abfindungen an. Diese Abfindungszahlungen, Gerichtskosten durch weitere Klagen und Produktivitätsverluste können sich letztlich auf bis zu 135 Milliarden US-Dollar summieren, berichtete kürzlich auch die "New York Times".
Nicht zuletzt könnte Musks radikaler Ansatz auch international Folgen nach sich ziehen. Gleich zu Beginn von Trumps Amtszeit setzte der Tech-Milliardär die Axt an die Entwicklungsbehörde USAID an: Zahlreiche globale Gesundheitsprogramme und Lebensmittelhilfen wurden eingestellt. Manche der Zahlungen der US-Regierung wurden mittlerweile wieder aufgenommen, dennoch bleibt die Unsicherheit bestehen.
Prominente und einflussreiche Stimmen wie der Microsoft-Gründer und Mäzen Bill Gates kritisierten diese Einsparungen. "Wenn es sich nur um moderate Kürzungen und Aufforderungen zur Effizienzsteigerung handeln würde … damit habe ich kein Problem. Aber 80 Prozent, das bedeutet Millionen von Toten, und das ist ein Fehler", erklärte er kürzlich im Interview mit dem Sender CNN.
Hatte Musk ohnehin anderen Ziele im Sinn?
Hinzu kommt lautstarke Kritik an der fehlenden Transparenz von Musk und Doge. Der Tech-Milliardär hatte eigentlich "extreme Transparenz" bei Doge angekündigt, hält jedoch wichtige Details zurück: Wie viele Mitarbeiter Doge hat, wer dort arbeitet, wie viele Regierungsbehörden von Kürzungen betroffen sind, sowie Einzelheiten zu angeblich "aus rechtlichen Gründen nicht überprüfbaren" Verträgen – all das lässt Musk offen. Zudem läuft ein Rechtsstreit über den Zugriff von Doge auf sensible Bürgerdaten. Trump soll Musk für die Arbeit mit Doge weitreichende, aber rechtlich fragwürdige Befugnisse eingeräumt haben.
Die bisher weitgehend ausbleibenden Erfolge und Musks Rückzug werfen Fragen über die tatsächliche Bedeutung von Doge auf: Wenn die Regierungsabteilung bisher ihr öffentlich formuliertes Ziel verfehlt hat, steckt womöglich ein anderes dahinter? Schon früher gab es Versuche, die Arbeit der US-Administration effizienter zu gestalten. So setzte Al Gore unter dem damaligen Präsidenten Bill Clinton die sogenannte Rego-Initiative. Auch damals wurde durch Stellenabbau eingespart, dazu jedoch auch Verwaltungsreformen durchgeführt, die Prozesse verschlanken sollten. Letztlich waren die Einsparungen jedoch auch dort nur eine Momentaufnahme.
Möglicherweise verbirgt sich hinter dem Etikett der von Doge propagierten "Regierungseffizienz" etwas anderes als bloß Kürzungen im Haushalt. Einsparungen wie jene bei USAID scheinen das zu belegen. Anstatt bei den großen Posten des Staatshaushalts wie dem Verteidigungsbudget anzusetzen, nahm sich Musk die Entwicklungshilfeorganisation vor, die für kaum mehr als ein Prozent der jährlichen Staatsausgaben verantwortlich ist. Dies legt nahe, dass es vielleicht eher darum ging, ohnehin missliebige Projekte zu streichen.
"Dem Weißen Haus erfolgreich Deckung gegeben"
Jessica Riedl, Ökonomin am Manhattan Institute, formulierte in einem Beitrag für "The Atlantic" eine eigene Theorie: Musk habe "dem Weißen Haus erfolgreich Deckung gegeben, um den öffentlichen Dienst zu säubern und einzuschüchtern, er hat dem Kongress geholfen, exorbitante Steuersenkungen zu rechtfertigen, er hat MAGA-Wähler mit Rache gegen ihre vermeintlichen Feinde belohnt und er hat sich selbst die Möglichkeit gegeben, auf sensible Regierungsdaten zuzugreifen und seinen Unternehmen möglicherweise weitere Regierungsaufträge zu sichern". Um Kostensenkungen allein sei es dabei nicht gegangen.
Zumindest kurzfristig hat Doge bisher tatsächlich nicht zu einer Senkung der Staatsausgaben beigetragen. Im Vergleich zum Vorjahresquartal stiegen die Ausgaben zwischen Januar und April – also etwa in den ersten vier Monaten von Trumps Präsidentschaft – um 166 Milliarden Euro, berichtet die "Washington Post". Verantwortlich dafür sind vorrangig die Verteidigungsausgaben, das Ministerium für Innere Sicherheit sowie die Sozialversicherung und Gesundheitsprogramme wie Medicare und Medicaid. Insbesondere Kürzungen im letzteren Sektor könnten jedoch Trumps Wähler vergraulen.
- ft.com: "What has Elon Musk’s Doge actually achieved?" (englisch, kostenpflichtig)
- theatlantic.com: "The Actual Math Behind DOGE’s Cuts" (englisch)
- washingtonpost.com: "Even with DOGE cuts, the U.S. has spent $166 billion more than last year" (englisch, kostenpflichtig)
- faz.net: "Elon Musks dürftige DOGE-Bilanz" (kostenpflichtig)