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US-Wahl: Pennsylvania – Kampf um den Swing State


Kampf um Pennyslvania
In diesem US-Staat zählt für Trump und Biden jede Stimme

dpa, Can Merey

12.10.2020Lesedauer: 5 Min.
Trump-Unterstützer in Pennsylvania: Vor vier Jahren gewann Trump hier mit einem Vorsprung von nur 44.292 der mehr als 6,1 Millionen Stimmen.Vergrößern des BildesTrump-Unterstützer in Pennsylvania: Vor vier Jahren gewann Trump hier mit einem Vorsprung von nur 44.292 der mehr als 6,1 Millionen Stimmen. (Quelle: Mark Makel/Reuters-bilder)
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Die US-Wahl wird in den "Swing States" entschieden – einer der wichtigsten: Pennsylvania. Die Unterstützer von Donald Trump und Joe Biden legen sich hier deshalb besonders ins Zeug.

Bob Yarnall merkt man den Soldaten noch neun Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Korps der Marineinfanteristen an. Der 52-jährige Amerikaner ist drahtig, seine Haare sind an den Seiten kurz geschoren, darunter scheint eine Narbe durch. Auf Yarnalls Polo-Shirt prangt das Emblem des Korps aus Adler, Globus und Anker, auf seiner Maske dessen Motto: "Semper fi", Semper Fidelis, immer treu. 25 Jahre lang war Yarnall bei den Marines. Er ist weiß und männlich, Veteran und bekennender Republikaner. Auf Amerikaner wie ihn baut der republikanische US-Präsident Donald Trump bei der Wahl am 3. November. Der Ex-Unteroffizier aber verachtet Trump.

Das ist besonders misslich für den 74 Jahre alten Präsidenten, weil Yarnall aus dem Bezirk Monroe im Bundesstaat Pennsylvania stammt, wo jede Stimme zählen könnte. Pennsylvania ist einer der sogenannten Battleground oder Swing States, bei denen weder Trumps Republikaner noch die Demokraten von Herausforderer Joe Biden (77) auf eine klare Mehrheit zählen können. In diesen Bundesstaaten wird die Wahl entschieden. Vor vier Jahren gewann Trump gegen seine demokratische Kontrahentin Hillary Clinton in Pennsylvania mit einem Vorsprung von nur 44.292 der mehr als 6,1 Millionen Stimmen.

An der Maske scheiden sich Geister und Stimmen

Noch knapper fiel das Ergebnis in Yarnalls Wahlbezirk Monroe aus: Hier lag zwar Clinton vorne, aber nur mit 532 oder 0,0076 Prozent der 69.752 Stimmen. Es war nicht das erste Mal, dass es in Monroe eng wurde: Bei der Präsidentschaftswahl 2004 gewann der Republikaner George W. Bush mit einem Vorsprung von sogar nur vier Stimmen. In Pennsylvania sehen Umfragen Trump derzeit zwar hinten, vor vier Jahren galt das aber auch. Trump sagte Ende September bei einem Wahlkampfauftritt: "Wir haben Pennsylvania letztes Mal gewonnen, und dieses Mal werden wir mit einem viel größeren Vorsprung gewinnen."

Im Wahlkampfbüro der Demokraten in Monroes überschaubarer Hauptstadt Stroudsburg arbeiten sie daran, dass Biden und seine Vizekandidatin Kamala Harris Trump ausbremsen. Hier gibt es allerlei Wahlkampfaccessoires, darunter die in den USA beliebten Schilder für den Vorgarten. Ein Mann kommt ohne Mund-Nasen-Schutz durch die Tür, er fragt nach einem Biden/Harris-Schild. Wahlkampfhelferin Linda Schwartz (73) bittet ihn freundlich, eine der ausliegenden Masken aufzusetzen. "Wenn ich diesen Scheiß durchmachen muss, verzichte ich", bricht es aus dem Mann heraus. Das Schild sei ohnehin nicht für ihn, sondern für seine Tochter.

In Trumps "Siegesbüro" in Stroudsburg hätte er diese Diskussion nicht führen müssen: Dort tragen sie keine Masken, auch wenn der Präsident sich mitten im Wahlkampf mit dem Coronavirus infizierte.

Neben den Kandidaten legen sich auch ihre Unterstützer kräftig ins Zeug. Das Ergebnis könnte selbst Trump beeindrucken. Mehr dazu sehen Sie hier.

"Die Demokratie steht auf dem Spiel"

Neben Schwartz hält Mark Dodel im Büro der Demokraten die Stellung. Seine Tochter studiert Medizin in Mannheim. Er hofft, dass sie den Deutschen bald nicht mehr erklären muss, warum Trump im Weißen Haus sitzt. Der 64 Jahre alte Rentner ist im Vorstand der Demokraten in Pennsylvania, er sagt, im Bezirk Monroe sei viel Enthusiasmus für Biden und die Demokraten zu spüren. "Ich habe viele Wahlen mitgemacht. Und ich habe noch nie ein so großes Interesse gesehen." Gerade erst hätten die Demokraten in Stroudsburg sogar Schilder mit der Aufschrift "Republikaner für Biden/Harris" und "Veteranen für Biden/Harris" angeschafft – weil es Nachfrage danach gebe.

Ex-Marine Yarnall – der inzwischen Staatsbürgerkunde an einer Schule unterrichtet – lädt gleich mehrere dieser Schilder in seinen Kofferraum. "Das ist wirklich die wichtigste Wahl meines Lebens", sagt er. "Die Demokratie steht auf dem Spiel, wenn Sie mich fragen." Trump trete die Verfassung mit Füßen. "Jeder andere Präsident wäre für das, was er getan hat, aus dem Amt geworfen worden." Bei Trumps Vorgänger Barack Obama sei schon ein Auftritt mit einem hellen Anzug, der als zu leger kritisiert wurde, zum Skandal aufgebauscht worden. Trump ließen seine Anhänger dagegen jedes noch so abscheuliche Verhalten durchgehen. "Dieser Idiot läuft herum und sagt, ich kann Frauen an die Muschi fassen, und das ist okay."

Der Streit um Trump spaltet Land und Leute

Yarnall sagt: "Dieses Land braucht einen Anführer, jemanden, der vereint statt spaltet." Als Republikaner, der Trump kritisiert, sei er von dessen Anhängern schon "auf alle möglichen Weisen beschimpft worden". Früher habe man zivilisiert über politische Ansichten diskutieren können. "Jetzt ist es persönlich." Der Streit über Trump ziehe sich quer durch Familien und lasse Freundschaften zerbrechen, auch bei ihm. "Ich sehe das so: Ich habe Freunde nicht über Politik verloren. Ich habe Freunde über Charakter und Moral verloren. Wenn du jemanden mit diesem Charakter und dieser Moral unterstützt, dann bist du nicht jemand, den ich um mich haben möchte."

Trump hat in Pennsylvania weiterhin viel Zuspruch, besonders gilt das auf dem Land. 2016 konnten die Demokraten vor allem in den Regionen um die drei größten Städte Philadelphia, Pittsburgh und Allentown punkten, dort sind die Bezirke auf der Karte mit den Ergebnissen von 2016 in der Farbe der Demokraten blau eingefärbt. Fast überall sonst: ein roter Teppich. In den Vorgärten der Häuser an den Landstraßen herrscht ein dramatisches Übergewicht an Trump/Pence-Schildern.

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Der Präsident hat vor seiner Covid-19-Erkrankung gezeigt, dass er in Pennsylvania Massen mobilisieren kann. Bei einem Auftritt in Latrobe Anfang September mussten Tausende seiner Anhänger wegen Überfüllung vor den Toren bleiben. Bei einer späteren Veranstaltung in Harrisburg sagte er über die Demokraten: "Ehrlich gesagt können sie Pennsylvania nur gewinnen, wenn sie bei den Stimmzetteln betrügen." Seine unbelegte These: Briefwahl führt zu Wahlbetrug.

Biden gewinnt Frauen, Schwarze und auch Republikaner

Bis zu seiner Partei in Pennsylvania scheint sich das nicht herumgesprochen zu haben. Dort werben sie damit, dass Briefwahl "sicher" und "klug" sei. Yarnall dreht Trumps Argumentation ins Gegenteil um: Biden werde Pennsylvania gewinnen, sollte Trump keine schmutzigen Tricks in petto haben, davon ist er überzeugt. Die Demokraten befürchten etwa, dass Trump sich in der Wahlnacht zum Sieger erklären könnte, bevor die Briefwahlstimmen ausgezählt sind.

Yarnall führt mehrere Gründe dafür an, warum er glaubt, dass Biden Clintons Schicksal von vor vier Jahren nicht teilen wird. Biden – der selber aus Scranton in Pennsylvania stammt – sei in dem Bundesstaat viel beliebter, als es Clinton je war. Yarnall glaubt auch, dass viel mehr Frauen als 2016 zur Wahl gehen und für das Biden/Harris-Ticket stimmen würden. Trumps angebliche Aussage, amerikanische Gefallene seien "Verlierer", habe ihn bei den vielen Militärfamilien Rückhalt gekostet (Trump dementiert, dass er das je gesagt habe). Nicht zuletzt sagt der Ex-Marine: "Ich habe jede Menge republikanische Freunde, von denen ich weiß, dass sie nicht Trump wählen werden."

Wahlkampfhelfer Dodel baut darauf, dass am 3. November Angehörige von Minderheiten in der Millionenmetropole Pittsburgh massenhaft an die Wahlurnen strömen und für Biden stimmen werden. Biden genießt unter Schwarzen viel Zuspruch. Dennoch bremst Dodel seine Zuversicht, schließlich erinnert er sich noch gut an den Moment, als er am 8. November 2016 erfuhr, dass Trump überraschend Pennsylvania gewonnen hatte. "Ich war sehr deprimiert." Vor dieser Wahl sei er zwar optimistisch, und er hoffe, dass die Umfragen dieses Mal richtig lägen. Dodel sagt aber auch: "Sicher bin ich mir über gar nichts."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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