So versucht die Bundesregierung US-Abgeordnete umzustimmen
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Kurz bevor Olaf Scholz nach Washington reist, wirbt die Bundesregierung intensiv bei US-Parlamentariern fΓΌr ihre Ukraine-Politik. Das geht aus einem Informationspapier der dortigen Deutschen Botschaft hervor.
Seit Wochen leidet im Ukraine-Konflikt das Ansehen Deutschlands in den Vereinigten Staaten. In US-Medien und -Politik wurde zuletzt immer wieder die VerlΓ€sslichkeit des wichtigsten europΓ€ischen BΓΌndnispartners infrage gestellt. Im US-Senat drohen gar Sanktionen gegen die deutsch-russische Erdgaspipeline Nord Stream 2, die parteiΓΌbergreifend beschlossen werden kΓΆnnten.
An diesem Sonntag wird Bundeskanzler Olaf Scholz zu GesprΓ€chen mit US-PrΓ€sident Joe Biden nach Washington reisen. Die Bundesregierung wirbt bereits vorab intensiv fΓΌr ihre bisherige Ukraine-Politik, insbesondere im US-Kongress. Das geht aus einem in Washington kursierenden Informationspapier hervor, das t-online vorliegt. Demnach hat die Deutsche Botschaft das in englischer Sprache verfasste Dokument mit dem Titel "German Support for Ukraine" auf dem Capitol Hill an zahlreiche Abgeordnete und Senatoren verschickt.
Darin listet die deutsche Vertretung in Washington 14 Punkte auf, aus denen hervorgeht, welche Formen der UnterstΓΌtzung seitens der Regierung gegenΓΌber der Ukraine bereits geschehen. Deutschland war speziell wegen seiner restriktiven Haltung bezΓΌglich eigener Waffenlieferungen als auch der NATO-Partner an die Ukraine teils sogar spΓΆttisch kritisiert worden.
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GroΓe finanzielle UnterstΓΌtzung
Die Bundesregierung wirbt in ihrem Papier damit, dass die deutschen Ukraine-Hilfen bilaterale MaΓnahmen umfassen β wie etwa zwei Milliarden US-Dollar, die seit 2014 in zivile Projekte fΓΌr Klima, Energie oder Sprachtraining geflossen seien. Hinzu kommen Zahlungen in HΓΆhe von 170 Millionen US-Dollar, die im Rahmen der Nord-Stream-2-Vereinbarung zwischen Joe Biden und Angela Merkel in einen "Green Fund" als GrΓΌndungskapital gehen sollen.
FΓΌr den Bereich Verteidigung habe Deutschland seit 2014 auΓerdem 15 Millionen US-Dollar fΓΌr medizinisches Material bereitgestellt. Erst in diesem Februar ein mobiles Feldlazarett geschickt worden. Die ukrainische Armee werde zudem von deutschen KrΓ€ften trainiert und beraten.
Γber Programme der EU und der NATO belaufen sich die finanziellen Hilfen Deutschlands seit 2014 auΓerdem auf rund vier Milliarden US-Dollar. Ein weiteres Paket in HΓΆhe von rund 1,4 Milliarden US-Dollar sei erst im Januar angekΓΌndigt worden. Auch wΓΌrden seit 2021 7.500 zusΓ€tzliche Soldaten an die NATO-Reaktionsstreitmacht im Rahmen der sogenannten "NATO Readiness Initiative" bereitgestellt.
Informations-Offensive und Nord Stream 2
Diese intensiven Informations-BemΓΌhungen der Bundesregierung ΓΌber die Deutsche Botschaft in Washington rΓΌhren insbesondere daher, dass im US-Senat in den kommenden Tagen die wohl umfassendsten Sanktionen gegen Russland in der jΓΌngeren Geschichte beschlossen werden kΓΆnnten. Darunter fallen kΓΆnnten auch Sanktionen gegen die in den USA parteiΓΌbergreifend kritisierte Erdgas-Pipeline Nord Stream 2. Speziell Republikaner, deren Stimmen benΓΆtigt werden, drΓ€ngen auf sofortige MaΓnahmen.
Das kursierende Papier der Deutschen Botschaft reiht sich ein in eine bemerkenswerte Informations-Offensive der Bundesregierung in den USA. Zuletzt hatte die deutsche Botschafterin Emily Haber sogar ein Interview im konservativen Fernsehsender Fox News gegeben. In einem detaillierten Bericht an das AuswΓ€rtige Amt, ΓΌber den zuerst der "Spiegel" berichtet hatte, der auch t-online bekannt ist, hatte Haber ΓΌber die wackelnde Stimmung in den USA gegenΓΌber Deutschland gewarnt. "Berlin, wir haben ein Problem", schrieb die Botschafterin darin.
Im Rahmen seines Besuchs in Washington wird Olaf Scholz sich neben der Pressekonferenz mit Joe Biden im WeiΓen Haus auch in einem Interview bei Jake Tapper auf CNN an die breite amerikanische Γffentlichkeit richten.
- Eigene Recherchen