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TV Duell-Bundestagswahl 2017: Experte analysiert Merkel und Schulz


Politik-Experte zum TV-Duell
"Merkel will ihr Image restaurieren"

dpa, t-online, David Ruch

Aktualisiert am 03.09.2017Lesedauer: 4 Min.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will im TV-Duell auch an ihrem Image feilen.Vergrößern des BildesBundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will im TV-Duell auch an ihrem Image feilen. (Quelle: Daniel Karmann/dpa-bilder)
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Heute Abend treffen Kanzlerin Angela Merkel und Kanzlerkandidat Martin Schulz beim einzigen TV-Duell aufeinander. Die unter schlechten Umfragewerten leidende SPD hofft auf die Wende im Bundestagswahlkampf. Experten indes bezweifeln, dass Wähler vom Fernsehduell dramatisch beeinflusst werden.

Der Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer von der FU Berlin hält den TV-Schlagabtausch deshalb aber keineswegs für überflüssig. Zu t-online.de sagte er: "Union und SPD liegen in den Umfragen so weit auseinander, dass die Union wahrscheinlich die Wahl gewinnen wird. Das TV-Duell kann jedoch schon einen Einfluss darauf haben, wie groß der Abstand am Ende wirklich ist." Davon könne schließlich die Bildung der kommenden Regierung abhängen.

Die TV-Diskussion ist auf 90 Minuten angesetzt. Beginn ist um 20.15 Uhr, t-online.de berichtet live. Im Fernsehen übertragen ARD, ZDF, RTL und Sat.1 das Duell. Die vier Sender schicken je einen Moderatoren in die Fragerunde: Sandra Maischberger (ARD), Maybrit Illner (ZDF), Peter Kloeppel (RTL) und Claus Strunz (Sat.1). Bis zu 20 Millionen TV-Zuschauer werden erwartet.

Für den Kanzlerkandidaten der SPD geht es in dem Duell um alles oder nichts. In Umfragen liegen die Sozialdemokraten weit hinter der Union. Bei der Frage nach der Kanzlerpräferenz führt Merkel haushoch. Erleben die Sozialdemokraten unter Schulz ein Debakel, könnte seine politische Karriere beendet sein. Nach Ansicht von Niedermayer bleibt dem SPD-Chef deshalb nur eine Option in der TV-Runde: "Schulz muss angreifen und es ist auch zu erwarten, dass er das tut."

Merkel bietet wenig Angriffsfläche

Vor allem inhaltlich müsse er Merkel stellen, meint der Politik-Professor. Aber da wird es kompliziert. Die SPD sitzt mit der Union zusammen in der Regierung. Sie hat den Kurs der Kanzlerin etwa in der Flüchtlingspolitik mitgetragen. In der Diesel-Affäre hat Schulz seine Umweltministerin jüngst zurückgepfiffen. Ein Vorteil für die Kanzlerin. "Merkel kann dann immer sagen: Diesem und jenem habt ihr doch in vertrauensvoller Zusammenarbeit zugestimmt", sagt Niedermayer.

Jeweils bis zu 90 Sekunden haben die Kontrahenten Zeit, um auf die Fragen der Moderatoren zu antworten. Unter dem Strich werden beide gleich lang reden. Hauptthemen dürften Bildung, Arbeitsmarkt, Rente, Abgasaffäre, Türkei, Flüchtlinge und Terrorismus sein. Die SPD wird wohl versuchen, die soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt zu stellen.

"Peer Steinbrück hatte im Wahlkampf 2013 auch stark auf dieses Thema gesetzt und konnte damit einige Wähler auf seine Seite ziehen", so Niedermayer. "Doch mit der sozialen Gerechtigkeit allein kann man die Wahl nicht gewinnen. Denn zu wenige Bundesbürger sagen aktuell, dass es ihnen wirtschaftlich schlecht geht. Schulz muss aufpassen, dass er nicht das Gefühl vermittelt, er rede Deutschland schlecht."

Die Kanzlerin wiederum werde ihre Taktik aus dem bisherigen Wahlkampf beibehalten, meint der Parteienforscher, "nämlich ihr Image aus der Zeit vor der Flüchtlingskrise vollständig zu restaurieren. Sie wird sich als erfahrene Regierungschefin inszenieren, bei der Deutschland in guten Händen ist, die das Land erfolgreich durch Krisen manövriert. Und sie wird wahrscheinlich immer wieder deutlich machen, wie wichtig Kontinuität gerade in diesen innen- wie außenpolitisch schwierigen Zeiten ist."

Schulz könnte als Underdog punkten

Nach Meinung der Bundesbürger liegen die Vorteile klar bei Merkel. Einer Infratest-dimap-Umfrage zufolge erwarten 64 Prozent, dass die Kanzlerin im TV-Duell besser abschneidet. Nur 17 Prozent setzen auf Schulz. Genau das könnte Schulz jedoch zugutekommen, meint Niedermayer. "Denn der Effekt eines TV-Duells bei den Zuschauern ist besonders dann stark, wenn deren Erwartungen eben nicht erfüllt werden, wenn der Ausgang für sie überraschend ist."

Zugleich habe sich in der Vergangenheit gezeigt, dass dieser Effekt nicht lange anhält. 2013 seien die Umfragewerte der SPD nach dem Duell Merkel/Steinbrück nach oben gegangen. Zwei bis drei Wochen später sei die Wirkung schon wieder verflogen gewesen. Niedermayer: "Ein dramatischer Stimmungsumschwung ist also nicht zu erwarten."

Ein Hoffnungsschimmer für die SPD: Die hohe Zahl der unentschiedenen Wähler. Laut Forsa könnten sich hochgerechnet 6,8 Millionen Bundesbürger von dem TV-Duell entscheidend beeinflussen lassen. Die Hälfte der Erstwähler im Alter zwischen 18 und 20 Jahren gab an, dass sie ihre Wahlabsichten noch ändern könnten.

Niedermayer aber schränkt ein: "Bei den Unentschlossenen gibt es zwei Gruppen. Da sind die politisch Uninteressierten, die sich das Duell anschauen und sich vielleicht tatsächlich von einem Kandidaten überzeugen lassen. Und dann sind da jene, die ein bestimmtes Lager bevorzugen, aber nur noch nicht wissen, ob sie sich etwa für die Grünen oder die SPD, bzw. für die Union oder die FDP entscheiden. Die werden ihr Lager aber nicht verlassen. Wirklich unentschlossen sind also nicht so viele.“

"Schulz darf nicht zu aggressiv sein"

Die Modalitäten des Duells sorgten in den letzten Tagen für hitzige Debatten. Die veranstaltenden Sender wollten gern mehr als nur ein Duell und drängten auf Veränderungen am Format, um mehr Bewegung in die Diskussion zu bringen – Merkels Team aber sperrte sich. Der ehemalige ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender warf dem Kanzleramt anschließend "Erpressung" vor.

Politikwissenschaftler Niedermayer sieht es nicht ganz so dramatisch: "Merkel ist eine Machtpolitikerin, die weiß, welches Format ihr am besten nützt. Klar versucht die SPD, das aufzubrechen. Es ist im Umkehrschluss aber auch verständlich, dass die Union zu verhindern versucht, was Schulz nutzen könnte."

Einen überdeutlichen Sieger erwartet Niedermayer nicht. "Beide, Merkel wie Schulz, haben ihre Stärken und Schwächen. Das Format lässt es auch nicht zu, dass Dramatisches passiert, dass sich beide etwa in ein Thema verbeißen und sich gegenseitig Dinge an den Kopf werfen. Was für Schulz spricht: Er ist rhetorisch gut, er kann Empathie erzeugen, und er redet wie der Mann auf der Straße. Er muss aber auch vorsichtig sein, darf nicht zu aggressiv sein. Denn die Wähler mögen es nicht, wenn mit persönlichen Angriffen agiert wird."

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