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Die Sondierungsgespräche nähern sich dem Ende – ein Zwischenfazit


Zwischenfazit der Sondierungen
Noch fehlen die großen Zugeständnisse an die SPD


Aktualisiert am 11.01.2018Lesedauer: 4 Min.
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SPD-Chef Schulz (links), SPD-Generalsekretär Klingbeil (Mitte), CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer: Von Misstrauen ist diesmal nichts zu spüren.Vergrößern des Bildes
SPD-Chef Schulz (links), SPD-Generalsekretär Klingbeil (Mitte), CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer: Von Misstrauen ist diesmal nichts zu spüren. (Quelle: Kay Nietfeld/dpa)

Bislang scheinen Union und SPD ihren straffen Zeitplan einzuhalten. Die Sondierungsgespräche nähern sich dem Ende. Kommt die Koalition zusammen? Ein Zwischenfazit.

Diese Sondierungen sind, zumindest dem Plan nach, Sondierungen in Hochgeschwindigkeit. Die Unterhändler eilen, sie schweigen, sie arbeiten und sie wollen morgen schon fertig sein. Man laufe auf der "Zielgeraden", sagte Michael Grosse-Brömer (CDU) im offiziellen Statement am Mittwochabend.

Zeit also für ein Zwischenfazit, das nach nur vier Tagen früh kommt, und doch womöglich schon kurz vor dem Ende.

1. Worüber es schon Einigungen zu geben scheint

Einiges ist schon nach draußen gedrungen – die wichtigsten Einigungen, die sich abzeichnen, allerdings unter Vorbehalt. Theoretisch kann sich noch alles ändern, bis die Ergebnisse offiziell sind:

- Der finanzielle Spielraum liegt bei etwa 45 Milliarden Euro an zusätzlichen Ausgaben für die Legislaturperiode; die Ausgabenwünsche sollen aber noch bei rund 100 Milliarden liegen.

- Es soll ein "Zentrum für künstliche Intelligenz" zusammen mit Frankreich geben.

- Bis 2025 soll die Breitbandversorgung mit schnellen Gigabit-Netzen flächendeckend gesichert sein.

- Das Klimaziel 2020 wird aufgegeben (auch wenn sich die Parteien formal dazu bekennen).

- Ein festes Ausstiegsdatum für Kohlestrom gibt es noch nicht.

- Ein Ausstiegsdatum für Verbrennungsmotoren wird es nicht geben.

- Es soll ein "Aktionsprogramm Insektenschutz" geben.

- Ein Gesetz soll den Zuzug von Fachkräften regeln.

- Die Lohnnebenkosten sollen nicht über 40 Prozent des Lohns steigen.

- Offenbar soll der Spitzensteuersatz künftig erst ab 60.000 Euro Jahreseinkommen greifen; dafür könnte er von 42 auf 45 Prozent steigen.

- Der Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz wird wohl nicht wieder voll erlaubt; es könnte aber Härtefallregelungen geben; hier ist aber noch gar nichts bestätigt.

2. Wenig Rot in den Papieren

Noch sind die Gespräche nicht vorbei, noch sind viele Papiere unbekannt oder womöglich gar nicht geschrieben. Aber bislang ist doch auch klar: Die SPD hat noch nicht wirklich große Zugeständnisse bekommen. Nichts, was die Entsprechung für den Mindestlohn in der vorigen Großen Koalition wäre. Dabei war ihre Verhandlungsposition extrem gut.

Nach allem, was bisher nach draußen drang, steht da nur: Kein Ende der Kohle, das wird viele in der SPD freuen, aber auch fast alle in der Union. Womöglich ein etwas höherer Spitzensteuersatz. Das klingt aber eher wie ein randständiger Kompromiss als nach einer Kernforderung.

Dafür kann es mehrere Gründe geben: Die SPD wird noch Zugeständnisse bekommen, kurz vor Schluss. Hart erkämpft, könnten dann alle Seiten sagen. Sie verhandelt zu schlecht, weil sie selbst oder die Union nicht glaubt, dass der Parteitag oder die Basis sich einer Koalition wirklich in den Weg stellen würden. Oder, auch wenn das unwahrscheinlich sein dürfte, sie fordert sie nicht ein, weil sie insgeheim hofft, dann auf dem Parteitag eine Absage zu bekommen, weil sie eigentlich lieber in die Opposition möchte. Einen Grund gäbe es: Seit klar ist, dass eine neue Große Koalition verhandelt wird, fällt sie in den Umfragen tendenziell weiter.

Bei der Bürgerversicherung wird die Union kaum nachgeben – was also wird sie der SPD geben? Irgendetwas muss noch kommen.

3. Sondieren heißt diesmal nur: sondieren

Diesmal sind die Sondierungsgespräche keine Koalitionsverhandlungen. Obwohl sich die Jamaika-Parteien noch nicht so gut kannten und also Sondierungsgespräche so hätten anlegen können, wie sie gedacht sind, als Kennenlernen vor den inhaltlichen Verhandlungen, machten sie daraus extrem konkrete inhaltliche Verhandlungen. Union und SPD halten das jetzt anders.

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Wenn die Ergebnisse der anderen Arbeitsgruppen so aussehen wie die schon bekannten Papiere, kommt in den eigentlichen Verhandlungen noch viel Arbeit auf die potentiellen Partner zu. Oder sie müssten darauf vertrauen, dass sie nach vier Jahren auch ohne Absprachen im Detail zusammen regieren können.

4. Es wird öffentlich fast nicht taktiert

Während der Jamaika-Sondierungen befeuerten alle Beteiligten permanent den Verdacht, es könne doch alles schief gehen. Selbst als und obwohl die inhaltlichen Differenzen gut zu überbrücken waren. Deshalb waren auch Durchstechereien und Zwischenstände so interessant: Sie boten Hinweise darauf, wie es gerade um die Gespräche bestellt war. Das ist jetzt anders.

Ob es daran liegt, dass sich die Parteien kennen? Dass in kleineren Gruppen verhandelt wird? Dass es schon die zweite Runde einer Regierungsbildung ist und also die Zeit drängt? Dass die Beteiligten professioneller sind? Dass insgeheim beide Parteien doch regieren wollen? Dass die SPD aus welchen Gründen auch immer zu viel hinnimmt? Dass beide Parteien einander näher sind, als es die drei Jamaika-Verhandler waren? Dass Stillschweigen vereinbart wurde?

Der Eindruck ist: Die Gespräche verlaufen ohne Störfeuer. Ohne übermäßiges Taktieren.

Trat zwischen CDU, CSU, Grünen und FDP vor allem die CDU als mahnend-vernünftig auf, gilt das jetzt für alle Beteiligten.

5. Es kann alles passieren

Was das Statement von Michael Grosse-Brömer am Abend des vierten Tages aber auch zeigte: Trotz dieser leisen Töne ist alles offen. Die Ausgabenwünsche sollen noch bei 100 Milliarden Euro stehen, war im Laufe des Tages zu hören, das ist ähnlich wie während der Jamaika-Gespräche. Immer wieder sagte Grosse-Brömer, es werde "hart verhandelt", womöglich auch im Ton. Er sei optimistisch, aber es werde hart verhandelt, das sei normal.

Dass wenig Uneinigkeit nach außen dringt heißt eben nur, dass wenig Uneinigkeit nach außen dringt. Nicht, dass es keine gibt.

6. Was die CDU will, bleibt offen

Weiter gilt: Was die CDU will – abgesehen davon, dass sie im Grunde gerne alles so ließe, wie es ist – ist unklar. Die SPD hat viele Ziele und Wünsche formuliert, auch wenn sie sie derzeit noch nicht wirklich umsetzen kann. Aus der CSU kommen einige Wünsche. Über die CDU weiß man unverändert vor allem, was sie nicht will (das meiste, das die SPD fordert).

Quellen:
- eigene Recherchen
- Sondierungspapiere
- dpa

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