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"Markus Lanz" zu Baerbock-Buch: "Das große grüne Narrativ implodiert gerade"


"Markus Lanz" zu Baerbock
"Das große grüne Narrativ implodiert gerade"

Eine TV-Kritik von Peter Luley

Aktualisiert am 07.07.2021Lesedauer: 3 Min.
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Annalena Baerbock (Symbolbild): Bei "Markus Lanz" diskutierten die Gäste über die Plagiatsvorwürfe.Vergrößern des Bildes
Annalena Baerbock (Symbolbild): Bei "Markus Lanz" diskutierten die Gäste über die Plagiatsvorwürfe. (Quelle: Soeren Stache/dpa-bilder)

Bei Lanz ging es um die Copy-and-Paste-Passagen in Annalena Baerbocks Buch – und Grünen-Fraktionsvize Krischer geriet ins Stammeln. Ein Auftritt, der zur aktuellen Krisenkommunikation der Partei passt.

Um die letzte halbe Stunde nicht unter den Tisch fallen zu lassen: Da sprach die Virologin Jana Schroeder kompetent über die Gefährlichkeit der Delta-Variante des Coronavirus, und die Sportreporterin Claudia Neumann fand klare Worte zum EM-Turnier in Pandemiezeiten: "Man hätte es anders veranstalten müssen." Die spannendste Auseinandersetzung der Sendung aber entspann sich in den ersten 45 Minuten um die Plagiatsvorwürfe gegen das aktuelle Buch "Jetzt. Wie wir unser Land erneuern" der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Einen schweren Stand hatte dabei der zur Verteidigung erschienene stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Oliver Krischer.

Die Gäste

  • Oliver Krischer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag
  • Ulrich Schulte, Leiter des "taz"-Parlamentsbüros
  • Claudia Neumann, Reporterin und ZDF-EM-Kommentatorin
  • Jana Schroeder, Virologin
  • Julius van de Laar, Strategieberater

Zunächst musste Krischer sich von Lanz genüsslich fragen lassen, warum die Pressestelle seiner Fraktion noch am Ausstrahlungstag per Mail in schönstem Gender-Deutsch mitgeteilt habe, sie finde derzeit "keine*n geeignete*n Gesprächspartner*in" für sein Talkformat. Ob er nicht geeignet sei?

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"Ich weiß, dass die Stimmung da gerade nicht einfach ist", erklärte Krischer, er habe sich aber der Diskussion stellen wollen, weil er ja kürzlich selbst in Form eines Tweets gegen Armin Laschet ausgeteilt habe. Darin hatte er dem CDU-Vorsitzenden und NRW-Ministerpräsidenten vorgeworfen, wegen seiner Klimapolitik mitverantwortlich für die Hitzetoten in Kanada zu sein.

"Sie sind ja der Don Krawallo Ihrer Partei", stellte Lanz dazu fest, und Krischer räumte ein, es habe sich um "eine harte Zuspitzung" gehandelt. Ulrich Schulte, Leiter des "taz"-Parlamentsbüros, bezeichnete den Vorwurf lieber als "Entgleisung", für die man sich auch hätte entschuldigen können. Ob es möglicherweise einen Zusammenhang zwischen dem Tweet und der Baerbock-Kontroverse gebe, wollte der Moderator wissen, ob also Krischer habe ablenken wollen. Nein, erwiderte der, es handle sich doch um "ein superklasse Buch". Wenn er es lese, dann sei das "die Annalena Baerbock, die ich kenne". Mit dieser Verteidigungsstrategie aber kam er nicht weit, denn Lanz präsentierte nun übernommene Textstellen und fragte, ob es Zufall sei, "dass sich vorher schon andere so ausgedrückt haben".

"Katastrophale Krisenkommunikation" der Grünen

Besonders eindrücklich gelang die Gegenüberstellung bei einer Passage aus einem vermeintlich persönlichen Reisebericht Baerbocks aus dem Irak über jesidische Kinder, die aus einem Text der "Deutschen Welle" aus dem Vorjahr stammt. "Wenn es da gewisse Parallelitäten gibt ...", stammelte Krischer, "ob da ein Halbsatz irgendwo anders her übernommen wurde ...", es komme doch "auf die Botschaft an". Das sah "taz"-Journalist Schulte anders: Er bescheinigte den Grünen eine "katastrophale Krisenkommunikation", denn sie bestritten etwas, das offensichtlich sei. Schlimmer noch: "Das große grüne Narrativ implodiert gerade", so Schulte, nämlich das von der integren jungen Kandidatin, die für Aufbruch und Erneuerung stehe.

Und Lanz legte noch einmal nach, diesmal mit einem Zitat der Ökonomin Maja Göpel aus der "taz" vom 1. November 2020, das mit "Meine Jahre in Brandenburg" beginnt und sich ebenfalls in Baerbocks Buch findet. Ob es nicht problematisch sei, wenn auf diese Worte dann kein eigener Gedanke folge, fragte der Moderator. "Warum unterstellen Sie, dass es sich nicht um einen eigenen Gedanken handelt?", erwiderte Krischer. "Weil es wortwörtlich vorher in der 'taz' stand", erklärte Lanz. "Das ist nicht wortwörtlich, das ist anders", beharrte Krischer auf aussichtslosem Posten. Ob "einzelne Fisselchen" übernommen seien, sei doch nicht entscheidend.

Schließlich wollte Lanz noch auf die Baerbock-Äußerung zu sprechen kommen, niemand schreibe so ein Buch allein. Für ihn drücke sich darin eine Missachtung von geistiger Leistung und Autorenschaft aus. Ulrich Schulte, selbst Buchautor ("Die grüne Macht"), konnte bestätigen, dass Alleine-Schreiben eine "zeitraubende Tätigkeit" sei, ein halbes Jahr habe er an seinem Werk gearbeitet. Wie die Grünen, deren "zweites Narrativ", der Kampf um Platz eins, nun ebenfalls implodiert sei, aus dem Schlamassel wieder herauskommen könnten, wusste er allerdings genauso wenig zu sagen wie der Strategieberater Julius van de Laar.

Der hatte zwar neben ein paar wohlfeilen Floskeln ("Wenn du im Loch sitzt, hör auf zu graben") auch noch einen konkreten Vorschlag parat: Baerbock solle doch, um thematisch wieder in die Offensive zu kommen, ins hitzegebeutelte Kanada fliegen und dann gleich noch die Waldbrände in Kalifornien besichtigen. Die Idee aber räumte Lanz gleich wieder ab: "Fliegen ist sehr klimaschädlich, wie Sie wissen."

Verwendete Quellen
  • Markus Lanz vom 6. Juli 2021
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